Universitätsbibliothek Freiburg i. Br., ZG 1563
Hohenzollerischer Geschichtsverein [Hrsg.]
Zeitschrift für Hohenzollerische Geschichte
43(128).2007
Seite: 268
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Franz-Josef Ziwes

scheinigungen seien, um die Leute (meist Unterstützungsempfänger) loszuwerden.
[...] Die ganze Abwicklung der sogenannten Wiedergutmachung war auf der ganzen
Linie eine Tragödie. So hatte z.B. ein Maurer in Rexingen bei Horb auf Drängen seines
jüdischen Nachbarn dessen Haus gekauft zu einem für beide Teile angemessenen
Preis, obwohl er es nicht benötigte und es ihm bar bezahlt, da dieser, im Blick auf die
politische Entwicklung, auswandern wollte. Dasselbe geschah beim Kauf des jüdischen
Herold-Verlags in Stuttgart durch das Christi. Verlagshaus zu dem verlangten
Preis von DM 200.000.-. Als dann das Bundesgesetz über die Wiedergutmachung
wenige Jahre darnach erschien, mussten beide Partner erneut bezahlen. In der Zwischenzeit
hatte Staatskommissar Auerbach (Jude), der mich beraten hatte, Selbstmord
begangen, weil seine Entscheidungen nachträglich von der bay. Regierung nicht
anerkannt wurden und er zur Rechenschaft gezogen werden sollte, bezw. er finanziell
haftbar gemacht wurde. In den beiden oben genannten Fällen bestanden die Söhne
der inzwischen verstorbenen Inhaber auf dem 'Schein des Rechts' [...] wie Sylock
[!] und forderten erneut Wiedergutmachung. Kalte Rache, aber am falschen Objekt1*.

Abgesehen davon, dass Wirsching als ehemaliger Arbeitsminister Rückerstattung
und Wiedergutmachung19 verwechselt und damit keine besondere Vertrautheit mit
der ungeliebten Ressortaufgabe offenbart, zeugen die Aufzeichnungen im Nachlass
des ansonsten integren Sozialpolitikers von gesellschaftlich verwurzelten antijüdischen
Ressentiments und einem ausgeprägten Misstrauen gegenüber der Wiedergutmachung
, das er mit vielen seiner Mitarbeiter geteilt haben dürfte. Sieht man sich die
Wiedergutmachungsakten allerdings näher an, so war gelegentliches Misstrauen
durchaus angebracht, wenn auch die wenigsten der unberechtigten Anträge so dreist
und plump daher kamen, wie jener eines Studienrats aus Ebingen, der als langjähriges
NSDAP-Mitglied und SA-Rottenführer Entschädigung für die aus seiner Sicht
ungerechtfertigte Zwangspensionierung im Rahmen der Entnazifizierung verlangte20
. Anhand einiger Stichproben seien abschließend Einblicke in die Wiedergutmachungsakten
verschiedener Opfergruppen gegeben, um damit die Aussagekraft
dieser Quellen im Hinblick auf die Wiedergutmachungspraxis im Nachkriegsdeutschland
zu illustrieren.

18 StA Sigmaringen N 1/2 Nr. 12, S. 50/1-51.

19 Zum Verhältnis von Rückerstattung und Wiedergutmachung in Württemberg-Hohenzol-
lern vgl. Brunhilde Schütz: Restitution und Entschädigung als Formen der Wiedergutmachung
nationalsozialistischen Unrechts in Württemberg-Hohenzollern. In: Mitteilungsblatt
des Arbeitsministeriums Württemberg-Hohenzollern. Oktober 1951. S. 129-131.

20 StA Sigmaringen Wü 33 T 1 Nr. 4999.

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