Universitätsbibliothek Freiburg i. Br., ZG 1563
Hohenzollerischer Geschichtsverein [Hrsg.]
Zeitschrift für Hohenzollerische Geschichte
43(128).2007
Seite: 272
(PDF, 57 MB)
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Franz-Josef Ziwes

RELIGIÖS VERFOLGTE

Der Wittlinger Landwirt Theodor Heim war mit seiner siebenköpfigen Familie
Mitglied der Internationalen Bibelforschervereinigung. Als solches ist er den Wahlen
in der NS-Zeit fern geblieben und hat sich stets geweigert, den Hitlergruß zu verwenden
. Aus diesem Grund wurde er 1937 verhaftet und nach Dachau verbracht.
Während seiner Haftzeit verurteilte ihn das Sondergericht Stuttgart wegen unerlaubter
Betätigung für die Internationale Bibelforschervereinigung zu drei Monaten
Gefängnis. Nach Verbüßung dieser Strafe kam er erneut nach Dachau und wurde erst
am 22. April 1939 entlassen. Heim selbst hat seine Wiedergutmachung nicht mehr
erlebt30. Vor seinem Tod im Mai 1947 hat er jedoch auf Bitten des Münsinger Landrats
seine Erlebnisse in einem dreiseitigen handschriftlichen Bericht festgehalten, der
in den Akten des Landratsamts Münsingen erhalten geblieben ist31.

GESCHEITERTE

Natürlich finden sich in den Tübinger Wiedergutmachungsakten auch zahlreiche
Namen von Geschädigten, die mit ihren Begehren gescheitert sind. So etwa der
Kriegsdienstverweigerer Willy D., der seinen Antrag auf Empfehlung des Landesamts
zurückzog, weil seine Verurteilung zu vier Jahren Gefängnis wegen Befehls- und
Kriegsdienstverweigerung nach Ansicht der Staatsanwaltschaft nicht aufgehoben
werden durfte, da eine solche keine typisch nationalsozialitische Verfolgungsmaßnahme
darstellte. Handlungen dieser Art seien bereits im alten Kaiserreich und auch
in anderen Staaten bis in die neueste Zeit geahndet worden. Sollte D. seinen Antrag,
der keine Aussicht auf Erfolg habe, nicht zurückziehen, müsse er mit einer Kostengebühr
rechnen32.

Auch die sechsjährige Hildegard S., deren Mutter im Dezember 1944 im Konzentrationslager
Ravensbrück umkam, erhielt keine Entschädigung. Hildegard war aus
einer Liebesbeziehung ihrer Mutter mit einem polnischen Kriegsgefangenen hervorgegangen
. Zwar hätte die Verfolgung einer Frau wegen Umgangs mit einem Kriegsgefangenen
einen Wiedergutmachungsanspruch begründen können, so das Landesamt
, jedoch nur dann, wenn der Verkehr gleichzeitig eine gegen die Gewaltherrschaft
des Nationalsozialismus gerichtete politische Haltung zum Ausdruck gebracht hätte.
Nach Auskunft des Bürgermeisteramts aber habe sich die Mutter niemals politisch
betätigt33.

Oskar D. wurde nach einem Erbgesundheitsgerichtsverfahren am 7. Juli 1937
wegen angeblich angeborenen Schwachsinns unfruchtbar gemacht34. Bereits im Januar

30 StA Sigmaringen Wü 33 T 1 Nr. 1541.

31 In StA Sigmaringen Wü 65/20 T 3 Nr. 4233.

32 StA Sigmaringen Wü 33 T 1 Nr. 238.

33 Ebd. Nr. 1814.

34 Vgl. die Erbgesundheitsakte von Oskar D. in StA Sigmaringen Wü 66/17 T 1-2, Nr. 656.
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