Universitätsbibliothek Freiburg i. Br., ZG 1563
Hohenzollerischer Geschichtsverein [Hrsg.]
Zeitschrift für Hohenzollerische Geschichte
43(128).2007
Seite: 282
(PDF, 57 MB)
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Neues Schrifttum

ihrem in den Lagern erlernten Verhalten, das gekennzeichnet war von Willkür und
Terror gegenüber den Häftlingen, nicht lassen konnte. In diesem Zusammenhang
werden exemplarisch die Biographien zweier führender SS-Männer, des übergeordneten
Lagerführers Franz Hofmann und des Lagerleiters Johannes Pauli, ursprünglich
einem Wehrmachtsangehörigen, der 1942 von der Feldgendarmerie zur SS versetzt
wurde untersucht. Dem „Primat der Gewalt", so das Fazit, unterwarfen sich rasch die
meisten Wehrmachtsangehörigen, die in den Lagern eingesetzt waren, so dass es bald
keinen Unterschied mehr zur SS gab und die Wehrmachtsangehörigen sich nicht
unbedingt humaner als die SS-Männer verhielten und auch in Funktionsposten aufrücken
konnten. Der Terror war weniger Ergebnis einer gezielten, angeordneten Vernichtungspolitik
, als vielmehr alltägliche, selbstverständlich ausgeübte Praxis vor Ort.

Insgesamt ist der „Vernichtungsvorgang als Prozess" sehr differenziert zu betrachten
: Es gab die Strukturen des KZ-Systems, ein für die nationalsozialistische Herrschaft
typisches polykratisches Kompetenzchaos, verbrecherische Intentionen einzelner
Führungspersonen und im Begehen von Grausamkeiten sich gegenseitig übertreffende
Akteure. Doch dies allein genügt zur Erklärung noch nicht, es gab weitere
Tätergruppen: gleichgültige Zuschauer, ehrgeizige Profiteure und aktive Täter, zu den
beiden letzteren konnten auch Bedienstete der einzelnen, am Unternehmen „Wüste"
beteiligten Firmen gehören. Dem wissenschaftlichen Personal der Olschieferfor-
schungsgesellschaften bot sich bei dem Unternehmen die Chance, ein riesiges Forschungsprojekt
zu realisieren und die Karriere für die Zukunft zu fördern. Schließlich
gab es auch Funktionshäftlinge, die zum Funktionieren des KZ-Systems beitrugen
. In diesem Kontext wird auf die Häftlingsgesellschaft und die Funktionshäftlinge
eingegangen, die sich u.a. aus Gründen des Uberlebens an den Grausamkeiten
beteiligten und wenig Solidarität zeigten.

Glauning weist in ihrer Arbeit auf einen der vielen Widersprüche im „Dritten
Reich" hin, der deutlich beim Außenlager Bisingen zu verfolgen ist: Wurden die
Juden zunächst aus ideologischen Gründen aus dem Reich deportiert, um es „judenfrei
" zu machen und um insgesamt die europäischen Juden zu vernichten, so wurden
unter den Vorzeichen des fortschreitenden Krieges und des vermehrten Häftlingseinsatzes
für die Rüstungsproduktion wieder jüdische Häftlinge ins Reich verbracht,
auch nach Bisingen.

Aus hohenzollerischer Sicht bleibt zu monieren, dass meist nur vom „südwürt-
tembergischen Olschieferprojekt" die Rede ist. Wenngleich die Autorin in einer Fußnote
(S. 15) darauf hinweist, dass „damit eine geografische, keine vewaltungstechni-
sche Zuordnung gemeint" ist, so wäre doch besser stets von „Südwürttemberg-
Hohenzollern" die Rede gewesen, zumal Bisingen gerade auf hohenzollerischem und
nicht auf württembergischem Boden lag. Die Frage der Verwaltungszusammenhänge
wäre zumindest kurz anzusprechen gewesen. Es ist zwar kaum anzunehmen, dass der
Preußischen Regierung in Sigmaringen angesichts des kriegswichtigen Projekts Unternehmen
„Wüste" eine größere Mitsprache zukam, doch hätte das Problem sicherlich
kurz auf der Grundlage der eingesehenen Quellen erörtert und vielleicht sogar
für die Gesamtfragestellung fruchtbar gemacht werden können. In Anbetracht der
Gesamtleistung erscheint dies jedoch nicht als gravierender Mangel. Anders verhält es
sich da bei der im Jahre 2003 erschienenen Publikation von Michael Grandt zum Un-

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