Universitätsbibliothek Freiburg i. Br., ZG 1563
Hohenzollerischer Geschichtsverein [Hrsg.]
Zeitschrift für Hohenzollerische Geschichte
44(129).2008
Seite: 15
(PDF, 59 MB)
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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/zhg2008/0019
Die Wiedereröffnung des Fürstlichen Museums in Sigmaringen

saals am klarsten hervortreten. Der auf ausdrücklichen Wunsch Friedrich Wilhelms IV. am Wall-
raff-Richartz-Museum angebrachte kapellenartige Erker taucht in leicht veränderter Form an
der hiesigen Eingangsfront wieder auf. Beide Bauten reflektieren die mittelalterlichen Sammlungen
im Innenraum. Ihre neogotische Architektur allerdings wurde nicht einhellig akzepiert.
Der Kunstschriftsteller Hermann Riegel versicherte, ihm werde es nicht wohl in einem Museum
, wo anstatt der heiterer Anmut der Musen die düstere Nüchternheit kanonisierter Mönche
uns entgegentritt. Gegen die Dekoration des Sigmaringer Kunstsaales sprach sich sogar
Intendant Mayenfisch aus, indem er ihren unruhigen, flunkerhaften Charakter kritisierte und
den Gesamteindruck mit einer Bauernkirchweih verglich.

Sammlungskonservator Lehner jedoch spricht von Stilisierungseleganz und von einer Zweckmäßigkeit
der Aufstellung, die ein Produkt wissenschaftlicher Zweckmäßigkeit und in die
Augen springender Gefälligkeit sei.

Wie muss man sich die Hängung bzw. Aufstellung der Kunstwerke vorstellen? Ein deutlich erkennbares
Anordnungssystem schien nicht bestanden zu haben. Zwischen niederländischen
hingen deutsche Maler, zwischen Skulpturen Gemälde und zwischen berühmten weniger bekannte
Künstler. Auch die Ehrenplätze an der Rück - und Stirnwand des Saales ergeben kein
klares Bild. Gleichrangig mit Dürer und den Gebrüdern van Eyck ist Michael Wohlgemut platziert
usw.

Im rechten Seitenschiff allerdings sind an den Wänden wie an den Querbalken nur süddeutsche
Künstler vertreten gewesen. Dem Betrachter muss sich ein vielfältig buntes Bild geboten
haben mit in dichten Reihen übereinandergehängte Gemälde, zahllosen Holzschnitzwerken
und Bildteppichen, Virtinen mit Bronzestatuetten, Elfenbeinen, Email - und Tonarbeiten, liturgischem
und weltlichem Gerät aus Gold und Silber sowie gotischen Schränken, Truhen und
Kästchen: und dies alles in einem sakral wirkenden, überreich dekorierten Raum.
Der in dieser Zeit geprägte Begriff eines Heiligtums Deutscher Kunst für ein Museum dieser Art
muß hier seine Erfüllung gefunden haben. So schreibt Konservator Lehner an Fürst Karl Anton,
als er erfuhr, daß das preußische Königspaar bei der Einweihung anwesend sein werden: ...die
ersten Füße, die ohne Filzschuhe das Heiligtum betreten können, werden dann die der Majestäten
sein.

Das bildhauerische und malerische Programm des Innenraums der Galerie ist ausschließlich
von dem schon erwähnten Düsseldorfer Maler Andreas Müller, z.T. auch eigenhändig ausgeführt
worden. Andreas Müller war Schüler von Julius Schnorr von Carolsfeld, Peter von Cornelius
und von Friedrich Wilhelm von Schadow, allesamt wichtige Maler um die Mitte des 19.
Jahrhunderts.

Beim betreten des Baus, erblickt der Besucher im Giebelfeld über der Eingangstür ein Sandsteinrelief
. Dort ist eine weibliche Figur dargestellt, mit Hammer und Meißel, Zirkel und Winkel
sowie einer Palette, Attribute einer Allegorie auf die Künste, speziell auf die „Deutsche
Kunst", denn hinter ihr verlassen Besucher ein gotisierendes Museum. Deutlicher kann man
die Kunstbeflissenen nicht darauf hinweisen, was sie im Innern erwartet.
Im Mittelschiff des Kunstsaales sieht man an den Pfeilern Engel als Konsolfiguren, die durch
ihre Attribute als Allegorien auf folgende Künste zu deuten sind: Palette = Malerei, Hammer
und Steinmeißel = Steinmetzkunst, Feilen und Schlüssel = Schmiedekunst, Kelle und Senkel =
Maurerhandwerk, Zirkel und Winkel = Architektur, Holzhammer und Meißel = Bildhauerei,
Hobel und Säge = Schreinerhandwerk, Beil und Pickel = Zimmermannshandwerk.
Das bemerkenswerteste in diesem Kunstsaal ist jedoch an den oberen Teilen der Wandflächen
und auf die Querbalken der Seitenschiffe auf den Putz gemalte Künstlerprogramm. Es ist dies
ein Zyklus, der sämtliche damals bekannten mittelalterlichen deutschen und niederländischen
Maler und Bildhauer aufführt, die mit wenigen Ausnahmen damals in der Sammlung vertre-

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