Universitätsbibliothek Freiburg i. Br., ZG 1563
Hohenzollerischer Geschichtsverein [Hrsg.]
Zeitschrift für Hohenzollerische Geschichte
44(129).2008
Seite: 39
(PDF, 59 MB)
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Die Gendarmerie in Hohenzollern 1835- 1918

8. DIE GENDARMERIE IM 1. WELTKRIEG (1914-1918)

Das gewaltige Völkerringen blieb natürlich nicht ohne beeindruckende Konsequenzen auf den
polizeilichen Pflichtenkatalog. Mit Ausbruch des Krieges traten sog. Kriegspolizeiliche Aufgaben
in den Vordergrund: Verhütung jeder Art von Schädigung an Gegenständen, die für die
Kriegsführung oder Kriegswirtschaft notwendig waren (z. B. Eisenbahnen, Wege und Straßen
, Kanäle, Fernleitungen, aber auch Erntevorräte), Schutz gegen Gewaltstreiche (Sabotage),
Überwachung der Einhaltung von Verordnungen, die gegen die sich ausbreitende Zuchtlosig-
keit der Jugend erlassen wurden usw. Vor allen Dingen aber hatte die Gendarmerie als ausführendes
Organ die gesetzgeberischen Maßnahmen zur Gewährleistung einer geordneten
Lebensmittel- und Futtermittelversorgung sicherzustellen (Bekämpfung des Lebensmittel-
Schleichhandels, Unterbindung von Schwarzschlachtungen usw.). Bei der für solche lebenswichtigen
Maßnahmen nicht immer einsichtigen Landbevölkerung machten sich die
Gendarmen wiederholt zu Feinden. In der Abfolge der kriegerischen Auseinandersetzungen
kam eine weitere unerfreuliche Herausforderung auf die Polizei zu: Strikte Überwachung der
Kriegsgefangenen, Verhinderung von Fluchtversuchen der Kriegsgefangenen, Wiederergreifen
entwichener Gefangenen usw.

Da ein nicht unbeträchtlicher Teil der Landgendarmerie gleich zu Beginn des Krieges bestimmungsgemäß
zur Feldgendarmerie abgestellt und ab Dezember 1916 von den in der Heimat
verbliebenen Mannschaften viele zum Feldheer einberufen wurden, war die in ihrer Kopfzahl
geschwächte Gendarmerie ohne sog. Hilfsgendarmen zur Verwirklichung der sicherheits- und
ordnungspolizeilichen Aufgaben nicht in der Lage. Dazu kam noch in logistischer Hinsicht,
dass den berittenen Oberwachtmeistern und Gendarmen oftmals ihre Pferde genommen und
dafür teilweise Fahrräder geliefert wurden. Augenscheinlich traf dies für den Beritt in Hechingen
nicht zu, denn am 20. August 1917 beantragte der dortige Oberwachtmeister z. B. beim
„Kgl. Oberamt in den Hohenzollerischen Landen in Hechingen", dem berittenen Hilfsgendarmen
ein Ausweis für den Erwerb von Eisenbahn-Militärfahrkarten auszustellen. Zur Schonung
des Pferdes, das ohnehin mit der kleineren Haferration für Gendarmen auskommen muß,
wurde das Ansuchen befürwortend dem Regierungspräsidenten unterbreitet.45

Den Hilfsgendarmen, die man Ende Juni 1917 der aktiven Gendarmerie zur Seite stellte, stand
das Waffengebrauchsrecht zu. Auch wenn man sie in notdürftigen Lehrgängen in ihren polizeilichen
Pflichtenkreis einführte, wurde ihre verständliche Unerfahrenheit in der Behandlung
der Landbevölkerung bemerkbar. Aber trotzdem verlangte der dornenreiche tägliche Dienst
von ihnen wie auch von den planmäßigen Gendarmen in den schweren Zeiten unbedingte
Pflichttreue und Unbestechlichkeit.

Durch Zusammenbruch des deutschen Kaiserreichs und Revolution wurde die Gendarmerie in
den Hohenzollerischen Landen, die seit 1910 unter dem Kommando des Distriktsoffiziers,
Hauptmann von Schönau-Wehr stand, in Mitleidenschaft gezogen. Ihr, als sichtbarer Trägerin
der Staatsgewalt des alten monarchistischen Staates, wurde gewissermaßen der Boden entzogen
, in dem sie viele Jahrzehnte Wurzel geschlagen hatte. Nach den Worten des Chronisten
Blankenstein „stellte der Gendarm trotzdem seine Pflichttreue dem Vaterland gegenüber höher
als sein eigenes Empfinden."

45 StAS Ho 235 VIII 111.

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