Universitätsbibliothek Freiburg i. Br., ZG 1563
Hohenzollerischer Geschichtsverein [Hrsg.]
Zeitschrift für Hohenzollerische Geschichte
44(129).2008
Seite: 143
(PDF, 59 MB)
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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/zhg2008/0147
Skandal im Kaiserstammland: Der Hechinger Stadtkassendefekt 1907.

nationalliberalen Kommunalpolitiker. Seit seinem Tod 1898 war Magdalena Egler Witwe. Sie
war die Grande Dame der Familie. Ihr ließ Wilhelm Zoll die Benachrichtigung zustellen, dass
die Stadt eine auf die Veruntreuungen und Unterschlagungen des Stadtpflegers Klaiber, auf
dessen Saumseligkeit und Fahrlässigkeit anlässlich der Beitreibung der Steuern und Abgaben
sowie der sonstigen Schuldverbindlichkeiten Dritter [...] sich stützende Schadensersatzforderung
gegenüber den Erben in Höhe von mindestens 30.000 Mark geltend mache und beabsichtige
, die zugunsten von Magdalena Egler auf das Klaibersche Wohnhaus eingetragene
Hypothek von 4700 Mark anzufechten141. Mit der Drohung ließ es Zoll aber bewenden.
Luise Klaibers Anwalt Gunzenhauser musste trotzdem reagieren. Er beantragte am 6. Juli zum
zweiten Mal Akteneinsicht, erhielt mit Genehmigung des Gemeinderats vom 9. Juli vom nunmehr
neuen Bürgermeister Anton Häußler aber nur die Antwort, daß Akten hier nicht vorhanden
sind, sondern nur Rechnungen, deren Prüfung noch nicht beendet isP42.
Der Ton war frostig, aber die Entschlossenheit fehlte auch Anton Häußler. Eine Woche nach
Dienstantritt, am 9. Juli, kam er mit den Stadtverordneten überein, das vorgesetzte Amt in
Sigmaringen an die Front zu schicken. So was Ähnliches hatte der Beigeordnete auch schon
versucht. Der Bezirksausschuss solle ersucht werden, im Wege des Defektenbeschlusses eine
Beschlagnahme-Verf[ügung] in Höhe von 15.000 M[ar]k zu erlassen, entschieden die Stadtverordneten143
. Sigmaringen solle das Zwangsversteigerungsverfahren führen, hieß das. Die
Summe, die Wilhelm Zoll genannt hatte, war auf die Hälfte geschrumpft.
Häußler schrieb den Antrag am nächsten Tag. Er legte eine von Stadtrechner Hermann Bu-
müller und Hilfsarbeiter Josef Hömig unterschriebene Erklärung bei, die - wie er freimütig einräumte
- nach Ansicht von Justizrat Josef Senn dem Gericht als Grundlage einer
Beschlagnahmeverfügung zu dürftig sei. Dem Bezirksausschuss könne das reichen, meinte
Häußler wohl.

Darin täuschte er sich aber. Der Regierungspräsident gab den Brief aus Hechingen schon am
14. Juli zurück. Sauerland schrieb, dem Antrag fehle die bestimmte Summe, er benenne keine
Vermögensobjekte, auf die sich die Beschlagnahme erstrecken solle, und erbringe auch nicht
den Nachweis, dass Gefahr im Verzug sei. Geboten sei die Ergreifung vorläufiger Sicherheitsmaßregeln
[...] durch die unmittelbare Aufsichtsbehörde der Stadtkasse d[as] h[eißt] den Bürgermeister
, betonte Sauerland ausdrücklich144. Hechingen soll die Sache selbst in die Hand
nehmen, hieß das.

Hechingen blieb aber halsstarrig. Am 16. Juli kamen die Stadtverordneten erneut zusammen
und ließen sich die Antwort aus Sigmaringen zeigen. Sie beschlossen, wiederholt das Ersuchen
zu stellen, der Bezirksausschuß wolle [...] den gewünschten Defektenbeschluß erlassen.
Der Defektenbeschluss verspreche mehr Wirkung als die durch die unmittelbar vorgesetzte
Behörde zu treffenden vorläufigen Sicherheitsmaßregeln, hielten die Stadtverordneten fest145.
Bumüllerund Hömig mussten eine weitere Bescheinigung schreiben. Danach war bis jetzt ein
vermutlicher Betrag von zwölftausend Mark festgestellt worden [...], der dem verstorbenen
Stadtrechner Klaiber zur Last fallen dürfte. Häußler reichte Beschluss und Bescheinigung am
18. Juli nach Sigmaringen weiter. Eine ganz genaue Summe läßt sich nie feststellen, kommentierte
er die neue Bescheinigung. Häußler nannte die Vermögensobjekte - Haus und Gar-

141 StadtAH, A 200, Reg.-Nr. 1240, 5. Stadtpfleger Klaiber 1909/10. Die Benachrichtigung wurde Magdalena
Egler am 23.06.1908 vom Gerichtvollzieher übergeben.

142 StadtAH, Bände A 34, Beschlüsse des Gemeinderats, 09.07.1908.

143 StadtAH, Bände A 62, Beschlüsse der Stadtverordnetenversammlung, 09.07.1908.

144 StAS, Ho 235 T 7-8 Nr. 728, Defektensache des verstorbenen Stadtrechners Klaiber in Hechingen.

145 Ebd. StadtAH, Bände A 62, Beschlüsse der Stadtverordnetenversammlung, 16.07.1908.

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