Universitätsbibliothek Freiburg i. Br., ZG 1563
Hohenzollerischer Geschichtsverein [Hrsg.]
Zeitschrift für Hohenzollerische Geschichte
44(129).2008
Seite: 157
(PDF, 59 MB)
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Skandal im Kaiserstammland: Der Hechinger Stadtkassendefekt 1907.

Was Johlitz im Nachhinein zupass gekommen sein mag, traf auch auf andere Rathausmitarbeiter
zu. Schon im Juni 1908 war aufgefallen, daß mit den städtischen Beamten nicht immer
Anstellungsverträge abgeschlossen wurden. Wo dies nicht geschehen, soll es nachgeholt werden
, verlangte der Gemeinderat in der bürgermeisterlosen Zeit191. Anton Häußler scheint sich
mit diesem Wunsch aber nur wenig beschäftigt zu haben. Mit Schlachthausaufseher Wilhelm
Johlitz jedenfalls schloss er nachträglich keinen Vertrag. Zumindest in diesem Fall ist die Stadt
Hechingen säumig geblieben mit ihren Hausarbeiten.

Andere Beschlüsse des Gemeinderats deuten darauf hin, dass die Notwendigkeit von Veränderungen
erkannt wurde. Am 19. September 1907, als sie Hermann Bumüllervon den Stadtkassengeschäften
freistellten und Georg Rathgeber mit der Interims-Verwaltung beauftragten,
legten die Stadtverordneten auch fest, dass das Kassentagebuch und das Kontrollbuch täglich
abzurechnen und vom Bürgermeister gegenzuzeichnen war. Guthaben über 1000 Mark muss-
ten seitdem auf das Konto der Stadt bei der Spar- und Leihkasse eingezahlt werden, sämtliche
Kontobewegungen bedurften der Mitbescheinigung des Herrn Bürgermeisters'92. Mit
Beschluss vom 28. November 1907 durften Strafzettel nicht mehr von den städtischen Vollziehungsbeamten
zugestellt werden. Stattdessen sollte der Postweg sicherstellen, dass die Gelder
direkt in die Stadtkasse flössen193. Auch die Umstellung auf einen vierteljährlichen
Rhythmus beim Einzug der Gemeindesteuern durch Anton Häußler im August 1908 brachte
einen Schub auf dem Weg zum modernen Steuerwesen.

Bezeichnenderweise fand sich für das die Regierung in Sigmaringen am meisten drängende
Problem eine ganz einfache Lösung. Die Spar- und Leihkasse verdoppelte 1908 das Limit und
räumte der Stadt Hechingen einen Überziehungskredit bis zur Höhe von 20.000 Mark auf
ihrem Kontokurrent ein, der Bezirksausschuss genehmigte die Sache194. Damit gehörte die Not
bei der Ablieferung der Staatssteuern nach Sigmaringen der Vergangenheit an.
Das Problem mit den vielen Stiftungen und Nebenfonds schaffte erst Bürgermeister Paul Bindereif
aus der Welt. Er benötigte dazu den Nationalsozialismus und den Krieg, aber dann war's
für ihn ein Federstrich. 1939 und 1940 trug er seine Pläne den Ratsherren zweimal vor, dann
konnte er mit Entschließung selbst entscheiden. 1941 lag auch die Genehmigung des Landrats
vor195. Die Stadt übernahm die Stiftungen in ihre Hauptrechnung: Ein Haushalt für alle. Das
Gesamtdeckungsprinzip.

Dem Rathaus brachte der Stadtkassenskandal eine Beamtenstelle mehr, den ersten Stellenplan
seiner Geschichte und den Beginn einer bis heute anhaltenden und immer wieder aufflackernden
Diskussion um die richtige Zahl der Beschäftigten. Den Platz von Stadtrechner
Wilhelm Klaiber nahm Hermann Bumüller ein, die Stelle von Josef Hömig wurde neu geschaffen
- mit Zustimmung der Regierung. Carl Sauerland hatte zwar noch im September 1907
Mayer darauf hingewiesen, dass in seiner Amtszeit die Zahl der Stellen im Rathaus um nahezu
100 Prozent gestiegen sei, und den Leihbeamten aus Sigmaringen mit der Begründung verweigert
, er müsse bei der rückständige^] Rechnungslegung mit den vorhandenen Kräften
auskommen. Die Querelen um die erste Rechnung ließen Sauerland aber umdenken. Von May-

191 StadtAH, Bände A 34, Beschlüsse des Gemeinderats, 25.06.1908.

192 StadtAH, Bände A 62, Beschlüsse der Stadtverordnetenversammlung, 19.09.1907.

193 StadtAH, Bände A 34, Beschlüsse des Gemeinderats, 28.11.1907.

194 StadtAH, Bände A 62, Beschlüsse der Stadtverordnetenversammlung, 22.12.1908.

195 Paul Bindereif: Die örtlichen Stiftungen der Kreisstadt Hechingen. Vorschläge für eine Neuregelung des
Stiftungszweckes nach § 66 D.G.O. Unveröff. Ms. 15.01.1941. Ein Exemplar findet sich in StadtAH.
Vgl. Hz. Bl. Nr. 96/25.04.1942, 119/23.05.1942. Das Protokollbuch der Ratsherren aus dieser Zeit ist
nicht erhalten.

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