Universitätsbibliothek Freiburg i. Br., ZG 1563
Hohenzollerischer Geschichtsverein [Hrsg.]
Zeitschrift für Hohenzollerische Geschichte
44(129).2008
Seite: 224
(PDF, 59 MB)
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Uwe A. Oster

pagierte Lichtgestalt des Hechinger Fürstenhauses: „Der Lindich ist der letzte Zeuge aus Alt-
Hechingens Residenz- und Fürstenzeit... Der Lindich ist das verkörperte Heimweh nach dem
Einst... Im Schlafzimmer der Fürstin Eugenie ist noch der Glockenzug zu sehen, den ihre Hand
zog. Die Tapete an der Wand sah ihr Dahinwelken in der Blüte der Jahre... Diese Räume waren
auch Zeuge... von Entschlüssen, die die Fürstin Eugenie zur größten caritativen Gestalt unserer
Heimat erheben und die allein schon den Lindich auch dem neuen Besitzer teuer machen
muss." Schließlich kommt der Schreiber zu dem Ergebnis, dass vor diesem Hintergrund der
Verkauf an eine karitative Einrichtung noch am ehesten dazu geeignet wäre, das Andenken
der Fürstin zu bewahren. Doch letztlich blieben all' diese Überlegungen Makulatur - der Lindich
blieb weiter in fürstlichem Besitz.

Eine einschneidende Veränderung brachte die Zeit des Nationalsozialismus. 1934 wurde auf
dem Lindich eine „Führerschule" der SA eingerichtet. Neben dem Schloss entstand zu diesem
Zweck ein eilends errichtetes Barackenlager. Doch war die Schule nur ein Jahr lang in Betrieb,
danach wurden Schloss und Barackengelände als Freizeitlager der Hitler-Jugend genutzt.
1942/43 diente der Lindich als „Erholungsanstalt" für Luftwaffenhelferinnen, 1944 zog der
Stab einer Luftwaffendivision in das Schloss ein. Die Kuppel des Schlosses diente als Beobachtungsstand
für die Luftabwehr.

Nach Kriegsende diente das Barackenlager rasch wechselnden Nutzungen: So wurde 1947
ein Hilfskrankenhaus für lungenkranke, entlassene deutsche Kriegsgefangene eingerichtet,
das aber nur wenige Monate Bestand hatte. Bereits im April 1948 wurde stattdessen ein Kindererholungsheim
eröffnet, in dem bis zu 140 Kinder von Vertriebenen und Umgesiedelten im
Alter von 6 bis 14 Jahren für eine sechswöchige Erholungszeit Auf nähme finden". Tübinger Regierungskreise
versprachen, „aus dem Lindich ein Kinderparadies zu machen.9

Doch auch diese Nutzung war nur von kurzer Dauer. Im Juli 1949 ordnete die Militärregierung
die Einrichtung eines „Sammellagers zur beruflichen Umschulung von Ausländern" unter dem
Dach der International Refugee Organisation (IRO) an. Untergebracht wurden dort „Angehörige
von Ostvölkern (sie), die nicht mehr in ihre Heimatländer zurückkehren können oder wollen
". Sie sollten auf dem Lindich eine Ausbildung erhalten, um danach mit einer besseren
beruflichen Qualifizierung nach Kanada, Brasilien oder Australien auswandern zu können.10
1951 wurde das IRO-Lager aufgelöst.

1953 kam das Gelände wieder unter deutsche Verwaltung. Die Einrichtung eines Lagers für Sowjetzonenflüchtlinge
stieß bei der Hechinger Stadtverwaltung allerdings auf erhebliche Widerstände
: Die Zollernstadt werde dadurch als einzige im Regierungsbezirk mit zwei Lagern
belastet, während acht Kreise überhaupt kein Lager haben. Eine solche Zusammenballung von
Flüchtlingen bringe politische Gefahren mit sich, zumal Kreis und Stadt Hechingen ohnehin
schon überdurchschnittlich mit Flüchtlingen belegt sind."

1962 übernahm die Bereitschaftspolizei das Lager. Bis 1994 war in den Baracken eine Ausbildungshundertschaft
untergebracht. Deren Auflösung wurde in Hechingen als großer Verlust
empfunden, hatte man doch in der Folge der Kreisreform 1972 bereits zahlreiche Behörden ver-

9 Schwäbisches Tagblatt, 2.4.1948, 26.5.1948.

10 Schwäbisches Tagblatt, 9.7.1949.

11 Hohenzollerische Zeitung, 11.9.1953.

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