Universitätsbibliothek Freiburg i. Br., ZG 1563
Hohenzollerischer Geschichtsverein [Hrsg.]
Zeitschrift für Hohenzollerische Geschichte
44(129).2008
Seite: 258
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Andreas Zekorn

2. Der Schlossbau (A)

Von etwa 1769 bis 1781 bildete das Schloss ein nobles Gefängnis für Graf Johann Baptist Oswald
von Hohenzollern-Berg (1718-1781), dem Sohn des Bruders von Fürst Joseph Friedrich. Dieser
„tolle" Graf, wie Johann Baptist auch genannt wird, besaß einen gewalttätigen Charakter; er soll
offenbar grundlos einen Kaufmann auf offener Straße niedergestochen haben; bei vorgeblichen
Jagdunfällen erschoss er in drei Fällen Menschen und war deswegen zu lebenslänglicher Gefangenschaft
verurteilt worden. Nachdem er auf dem Hohentwiel und der Burg Hohenzollern inhaftiert
gewesen und durch einen Franziskanerpater bekehrt worden war, bekam er zu seinem 50.
Geburtstag das Schloss in Haigerloch als Aufenthaltsort zugewiesen, wo er bis zu seinem Tode
lebte und sich im Alter durch Wohltätigkeit auszeichnete. Die reichen Besitzungen der Grafen
von Berg fielen nach seinem Ableben an Hohenzollern-Sigmaringen22.
Vermutlich dienten Schlossgebäude darüber hinaus bereits im 18. Jhd. zu Wohnzwecken für Bedienstete
, denn gerade zur Zeit Fürst Joseph Friedrichs befand sich im 18. Jhd. eine zahlenmäßig
recht umfangreiche Dienerschaft in der Stadt Haigerloch, die untergebracht sein wollte. Von
den über 40 Personen des Hofstaats, die in den Rentei- und Fruchtrechnungen von 1745 aufgeführt
werden, dürfte sich ein großer Teil in Haigerloch aufgehalten haben: vom Hofkaplan
über den Kammerdiener und verschiedene Kutscher bis hin zur Küchenmagd. Im Vergleich dazu
besaß die Stadt Haigerloch im Jahre 1770 gerade einmal 131 männliche Bürger23.
Im 19. Jahrhundert war das fürstliche Rentamt im Schloss untergebracht, so erwähnt im Feuerversicherungskataster
der Stadt Haigerloch für das Jahr 1867 und noch 1925 als Rentamtsgebäude
geführt. Ab welchem Zeitpunkt das Rentamt im Schloss war, ist bislang noch unklar.
Während des gesamten 19. Jahrhunderts dürften sich wahrscheinlich (weiterhin?) Wohnungen
im Schlossbau befunden haben, doch ist dies nach dem bisherigen Kenntnisstand nur für
das Ende des Jahrhunderts belegt. Obendrein machte vermutlich das Fürstenhaus bei besonderen
Anlässen von den Sälen Gebrauch, denn noch 1912 waren im Schloss zwei Säle für die
Herrschaft reserviert. Ansonsten beherbergte es damals im Innern Beamtenwohnungen24.
Amtsrichter Franz Xaver Hodler, Richter im Haigerlocher Amtsgerichtsbezirk und Verfasser der Geschichte
des Oberamts Haigerloch, bewohnte ab 1890, als er nach Haigerloch kam, mit seiner
Familie bis zu seinem Tod 1922 das erste Geschoss des Schlosses. Nach dem Tode des Amtsrichters
zogen die Witwe und die Kinder in den Neuen Bau. Außerdem bewohnten die drei ledigen
Geschwister Batzer 1890 das Schloss, von denen Fritz Batzer ein fürstlicher Bediensteter
war. Schließlich hatte hier zum gleichen Zeitpunkt noch Amtsrichter Kraus seine Wohnung.25

22 Hodler, Haigerloch (wie Anm. 1), S. 144-147. - Sabine Ilg: Schloss Haigerloch. Geschichte und Geschichten
. Hg. Schloss Haigerloch. Haigerloch 1999, S. 28f.

23 StAS, Ho 177, Akten 118; StAS, Dep. 39 (FAS), Renteirechnung der Grafschaft Sigmaringen 1745/46;
Kastenrechnung der Grafschaft Sigmaringen 1745/46 (hier ist die Besoldung der Jäger aufgeführt). -
Hodler, Haigerloch (wie Anm. 1), S. 433.

24 Haigerloch und Umgebung. Hg. v. Verkehrs-Komitee Haigerloch. Tübingen 1912, S. 24. - Genzmer,
Kunstdenkmäler Hechingen (wie Anm. 11), S. 137. - KrABL, ZAK 3/134, Bd. 1, Nr. 27 (Feuersocietäts
Kataster der Gemeinde Haigerloch), Geb.Nr. 7; Nr. 129 (Versicherungsverträge Haigerloch, Vertrag für
Gebäude Nr. 7 mit Beschreibung und unmaßstäblichem Grundriss).

25 Freundliche Auskunft Dr. Gerhard Hodler, Mainz, auf der Grundlage von schriftlichen Aussagen Friedrich
Hodlers, des Sohns von Franz Xaver Hodler (KrA BL, Bibliothek, Haigerloch). Auch Hinweis auf Fritz
Batzer, der den Mietzins für die fürstlichen Liegenschaften in der Umgebung einzog. Vgl. ferner die
Hinweise von Gerhard Hodler zur Identifizierung der Schlosskinder in: Maria Batzer: Am Torwarthäuschen
. Nürnberg o.J. (1913). - Foto Hodlers mit seiner Frau vor der Wohnung im Schloss: Hodler,
Haigerloch (wie Anm. 1), S. IX. - Ferner: Haigerloch und Umgebung (wie Anm. 24), S. 24. - Ilg, Schloss
Haigerloch (wie Anm. 22), S. 30f. - Karl Werner Steim: Haigerloch in preußischer Zeit (1850 - 1945).
Hg. v. der Stadt Haigerloch. Haigerloch 1994, S. 43 -45 (Hinweise auf das Amtsgericht und Nachruf
Hodler 18.3.1922).

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