Universitätsbibliothek Freiburg i. Br., ZG 1563
Hohenzollerischer Geschichtsverein [Hrsg.]
Zeitschrift für Hohenzollerische Geschichte
45(130).2009
Seite: 174
(PDF, 60 MB)
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Rolf Vogt

Philipp Longard über den Ablauf berichten musste, sah außerdem, wie sich die beiden Redakteure
der hiesigen Lokalblätter aufregten - das wären Ludwig Egler und Michael Lehmann
- und der katholische Kaplan Scheerer, der evangelische Stadtpfarrer Wilhelm Damm
sowie einige Justizbeamte, Reallehrer, Kaufleute und Gewerbetreibende146. Die Schwäbische
Tagwacht sah in den katholischen Diskussionsrednern Radaubrüder, die aufgeregt
und mit enorme[r] Lungenkraft redeten und ihrem Aerger in gemeinen Ausdrücken Luft zw machen
versuchten. Sie hätten Bios sogar beleidigt und eine Majestätsbeleidigung zuprovozieren
versucht.

Die ersten Sozialdemokraten in Hechingen hatten vom Start weg beide christlichen
Kirchen, Oberschicht und Mittelstand, das Bildungsbürgertum und die öffentliche Meinung
gegen sich. Die Hechinger Zeitungen stellten ihre Position in den Tagen nach der
Versammlung in ihren Berichten unmissverständlich klar. Besonders der Zoller machte
aus seiner Feindschaft gegen die SPD kein Hehl und ging auf Konfrontationskurs. Oberflächlichheit
bescheinigte er schon der Rede von Wilhelm Bios. Mit einer tagelangen Artikelfolge
fasste die katholische Zeitung nach. Sie sah in der SPD die Partei des Umsturzes
alles Bestehenden, stufte sie als gefährlich ein und klagte über ihr negative[s] Wühlen, einmal
sogar in Gedicht-Form. Dia Soza sind a wüaschter Chor, heißt es dort: Dia schaffet nun% und
saufet vill / Und wend drfür no Loh' / Dia springet mit em Kaiser um / Grad' wie a jeder ma; /
Und ischt dr Kaiser aus der Welt / kommt auser Schultes dra. Der Zoller glaubte seine katholischen
Leser auch mit dem Hinweis auf Juden im Umfeld des sozialdemokratischen
Zirkels in Hechingen auf seine Seite ziehen zu können147.

Die liberalen Hohenzollerischen Blätter schenkten den Sozialdemokraten weniger
Beachtung - vielleicht, weil ihr Redakteur Ludwig Egler mit Bestimmtheit annehmen zu dürfen
glaubte, dass für die Umsturzbestrebungen der Sozialdemokratie kein fruchtbarer Boden in Hechingen
zu finden sei. Egler hielt es dennoch für die heilige Gewissenspflicht [der] Väter und
Lehrmeister, ihre Söhne und Lehrlinge von sozialdemokratischen Versammlungen und Kreisen strengstens
zurückzuhalten^. In Verdacht hatte er offenbar junge Handwerker, Fabrikarbeiter
finden sich eher nicht in seinem Kalkül.

Verhindern konnten Zoller und Hohenzollerische Blätter die Gründung des Ortsvereins
nicht. Friedrich Klotz, Trikotweber bei Loewengard & Levy, damals 26 Jahre alt
und Beisitzer in der Kaiserburg-Versammlung, meldete die Gründung am 1. Juni 1894
im Rathaus an und schaltete für den nächsten Tag eine Anzeige in den Hohenzollerischen
Blättern, in der er zur Gründung eines Arbeiter-Vereins einlud149.

146 StadtAH, A 200, Reg. Nr. 6210 Politische Parteien, 11. Gründung eines Arbeitervereins.

147 Z Nr. 62/29.05.1894, 63/31.05.1894, 64/02.06.1894, 65/05.06.1894, 67/09.06.1894. Vgl. Schw.
Tagwacht Nr. 125/02.06.1894,131/09.09.1894.

148 Hz. Bl. Nr. 81/29.05.1894, 91/16.06.1894.

149 StadtAH, A 200, Reg. Nr. 6210 Politische Parteien, 11. Gründung eines Arbeitervereins. Hz. Bl.
Nr. 83/02.06.1894.

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