Universitätsbibliothek Freiburg i. Br., ZG 1563
Hohenzollerischer Geschichtsverein [Hrsg.]
Zeitschrift für Hohenzollerische Geschichte
45(130).2009
Seite: 202
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Rolf Vogt

18. FAZIT

Wie ist die soziale Kluft einzuschätzen, die das Kaiserreich durchzog und im Hechinger
Arbeiter-Herbst 1911 die beschriebene Kette turbulenter Ereignisse nach sich
zog? Dank Jakob Levi, der sich 1884 mit seinem Vortrag vor dem Gewerbeverein offenbar
rechtschaffen Mühe gemacht hat, lässt sich eine Annäherung an diese Frage versuchen
. Der Textilunternehmer wollte erklären, daß die Fabriken für Hechingen von
erheblichem Nutzen sind und auch dem Kleingewerbe hauptsächliche Vortheile brächten. Arbeiter
könnten ein hübsches Stück Geld verdienen. Seine Sicht stehe außer Zweifel, sagte er.

Levi rechnete vor, dass den insgesamt 566 abhängig oder selbstständig Beschäftigten
der sechs von ihm untersuchten Firmen - Inhaber, Angestellte und Arbeiter - jährlich
die schöne Summe von 327.500 Reichsmark Einkommen zur Verfügung stehe. Neben den
bereits genannten 200 auswärtigen Näherinnen mit Einkünften von 52.000 Mark und
325 hiesigen Arbeitern, die ein Jahreseinkommen von 162.500 Mark hatten, zählte Levi
28 Komptoirs- und Magazin-Angestellte mit jährlichen Bezügen von 33.000 Mark und 13
Haushalte von Fabrikbesitzern mit jährlich 80.000 Mark.

Die 13 Fabrikbesitzer aus Levis Statistik machten 2,3 Prozent an der Gesamtzahl der
Erwerbstätigen aus, schöpften aber 24,4 Prozent des verfügbaren Einkommens ab. Am
hinteren Ende machten die 200 auswärtigen Näherinnen 35 Prozent der Beschäftigten
aus und brachten lediglich 15,9 Prozent des verfügbaren Einkommens nach Hause.

Wenn in Deutschland und der Europäischen Union heute die Armutsgrenze bestimmt
wird, liegt den Berechnungen ein relativer Einkommensbegriff zugrunde. Die
Armutsgrenze wird auf 60 Prozent des mittleren Einkommens der gesamten Bevölkerung
festgesetzt. Wer weniger Geld in der Tasche hat, gilt als arm. Die, die knapp darüber
liegen, tragen ein hohes Armutsrisiko. Im Deutschland der Jahre 2005 bis 2007,
unsere Gegenwart, gelten als Armutsgrenze ungefähr 735 Euro bei alleinlebenden Personen
und 1765 für Paare mit zwei Kindern. Das sind die Zahlen, die der Deutsche Paritätische
Wohlfahrtsverband in seinem 2009 vorgelegten Armutsatlas nennt234. Jeder
Siebente, nahezu 15 Prozent der Bevölkerung, bewegt sich in diesem Bereich.

Einkommensverhältnisse 1884 nach Jakob Levi



Personen

GesamtDurchschn
.





einkommen

Einkommen

Ausw. Näherinnen

200

52.000

260

Hiesige Arbeiter

325

162.500

500

Angestellte

28

33.000

1179

Fabrikbesitzer

13

80.000

6154

Gesamt

566

327.500

579

Armutsgrenze (60%)

347

234 Armutsatlas. Paritätische Forschungsstelle 2009. www.forschung.paritaet.org. Mit Berücksichtigung
der Verbraucherpreise wird ein Anstieg der Armutsgrenze auf 764 und 1835 Euro bis 2007
errechnet.

202


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