Universitätsbibliothek Freiburg i. Br., ZG 1563
Hohenzollerischer Geschichtsverein [Hrsg.]
Zeitschrift für Hohenzollerische Geschichte
46(131).2010
Seite: 26
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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/zhg2010/0034
Edwin Ernst Weber

Kinder Lisa und Kurt sowie weitere Angehörige vor allem der Familie Rieser wieder.119
Gleichfalls nach Amerika emigrieren im Mai 1938 Anna Frank und bereits im März 1935
ihr Sohn Werner.120 Auch Julius Heyman, der spätere Ehemann von Lisa Frank, vermag
1938, nach längeren Schwierigkeiten ob der fehlenden Bürgschaft von Verwandten oder
Freunden, noch das sichere Amerika zu erreichen.121 In Deutschland zurück bleiben demgegenüber
seine Eltern, der Viehhändler August Heymann und dessen Frau Hedwig geb.
Herrmann aus Augsburg. Sie werden im März 1943 nach Auschwitz deportiert und dort
ermordet.122 Für Julius Heyman, das einzige Kind seiner Eltern, ist deren schreckliches
Schicksal zeitlebens ein großer Schmerz, und er macht sich Vorwürfe, dass er die beiden
in Deutschland zurückgelassen hat.123

Eine wüste antisemitische Entgleisung leistet sich nach dem erzwungenen Weggang
der Familie Frank die Sigmaringer Narrenzunft: In ihrem zur Fasnet 1939 erscheinenden
Bonau-Dote. Semeringer Ein-Tageblatt-Greiszeitung. Einziges Publikations-Organ des
Elferrats der Narren-Stadt Sigmaringen
rückt sie unter der Rubrik
Judenauswanderung einen
Nachruf auf die Vertriebenen ein.
Darin wird vermeldet, dass unsere
Gemeinde ... nun wieder
ganz frei von Juden (ist). Zwar
haben sie stets eine kleine Minderheit
gebildet, aber sie waren wie
überall vermöge ihres Geldbeutels
und ihrer Dreistigkeit lange
Jahrzehnte dominierend. Die Einwohnerschaft
ist froh über ihren Artikel „Judenauswanderung" in Sigmaringer Narrenzeitung
Weggang}2'' Nur einige wenige in „Bonau-Dote" vom Frühjahr 1939 (Vorlage: Kreisarchiv Sig-

der Stadt schienen darüber in ihrer marmgen)-
verwirrten Gefühlswelt so etwas

wie Trauer zu empfinden. Etliche Sachwalter als treue Hinterbliebene bemühten sich vergeblich
, so ist weiter zu lesen, ihre traurigen Gefühle zu verbergen. Die Jugend habe diese
Leute bereits als Judendiener gekennzeichnet und ihnen tatkräftig zu verstehen gegeben,

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119 Schreiben der Holland-Amerika-Linie an das Landesamt für Wiedergutmachung Tübingen vom
19.4.1957. - Eidesstattliche Erklärung von Witwe Emma Frank gegenüber dem Landesamt für Wiedergutmachung
Tübingen vom 2.7.1957. - Bescheid des Landesamts für Wiedergutmachung Tübingen vom
4.7.1957 (alle Wiedergutmachungsverfahren Siegfried Frank, wie Anm. 18).

120 Schreiben des Bürgermeisteramts Sigmaringen an das Landesamt für Wiedergutmachung Tübingen
vom 15.1.1958 (Wiedergutmachungsverfahren Anna Frank, wie Anm. 50).

121 Zeitzeugenbefragung Lisa und Patsy Heyman vom 19.11.2010 (wie Anm. 87).

122 Gedenkbuch Opfer der Verfolgung der Juden (wie Anm. 117) - Eintrag zu August Heymann, geb.
1879, und seiner Ehefrau Hedwig Heymann geb. Herrmann, geb. 1889, beide im März 1943 nach Auschwitz
deportiert und dort ums Leben gekommen.

123 Filminterview Lisa Heyman 1997 (wie Anm. 42).

124 „Der Bonau-Dote. Semeringer Ein-Tageblatt-Greiszeitung. Einziges Publikations-Organ des Elferrats
der Narren-Stadt Sigmaringen" von 1939 (Kreisarchiv Sigmaringen).

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