Universitätsbibliothek Freiburg i. Br., ZG 1563
Hohenzollerischer Geschichtsverein [Hrsg.]
Zeitschrift für Hohenzollerische Geschichte
46(131).2010
Seite: 106
(PDF, 40 MB)
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Andreas Zekorn

Die Anzahl der Steuerzahler wuchs vom Ende des 14. bis ins 15. Jahrhundert offenbar
nicht wesentlich, wie das auch anderswo der Fall war. Entgegen der allgemeinen demographischen
Entwicklung nahmen jedoch die Bevölkerungszahlen in Haigerloch bis
ins 16. Jahrhundert ab. Zu dieser Zeit ist in Deutschland im Allgemeinen von einer Zunahme
der Einwohnerzahlen auszugehen. Die weitere Bevölkerungsbewegung in Haigerloch
verlief eher wieder normal: Infolge des Dreißigjährigen Kriegs gab es einen Bevölkerungsrückgang
, und erst um 1770 wurde wieder der Stand der zweiten Hälfte des
16. Jahrhunderts erreicht. In dem genannten Jahr hatte Haigerloch aber immer noch
weniger Steuerzahler als 1394, also einer Zeit, in der Europa und gerade Deutschland
kurz zuvor eine Pestepidemie erlebt hatte.108

Die geringe zahlenmäßige Zunahme der Bevölkerung ist zum einen ein Anzeichen
dafür, dass die Stadt Haigerloch für Zuwanderer nicht übermäßig attraktiv gewesen zu
sein scheint; zum anderen deutet sie darauf hin, dass das städtische Wirtschaftsgefüge
ein allzu starkes Bevölkerungswachstum vermutlich gar nicht verkraftet hätte, denn der
Absatzmarkt war begrenzt und zu viele Handwerker hätten sich zu starke Konkurrenz
gemacht. Im Gegensatz dazu übten anderswo gerade Residenzstädte eine Anziehungskraft
auf Migranten aus und erlebten einen Anstieg der Einwohnerzahlen. Den Landesherren
war im Allgemeinen aus finanz- und steuerpolitischen Gründen daran gelegen
, möglichst volkreiche Städte zu besitzen.109

Der anhand der Entwicklung der Haigerlocher Einwohnerzahlen vermittelte Eindruck
, dass Haigerloch in der Frühen Neuzeit keinen besonderen wirtschaftlichen
Aufschwung nahm, bestärkt sich, wenn weitere Faktoren berücksichtigt werden. So
trat die Stadt Haigerloch auch als Kreditgeber, Bürge oder Steuerzahler für die Herrschaft
ab dem 16. Jahrhundert nicht wesentlich in Erscheinung. Während andere Städte
häufiger als Bürgen eingesetzt oder zu Steuerzahlungen herangezogen wurden, entrichtete
Haigerloch nur wenige Male eine außerordentliche Steuer: in den Jahren 1532
bis 1534 trug die Stadt mit insgesamt 300 Gulden zum Abtrag von Schulden Graf
Christoph Friedrichs bei. Später, 1595, zahlte Haigerloch nochmals sechs Jahre lang
Schuldzinsen in Höhe von 100 Gulden pro Jahr für die Herrschaft. Die relativ seltenen
Erhebungen von außerordentlichen Steuern bedeuten aber nicht, dass die Herrschaft
nicht auf andere Weise versucht hätte, ihre Einkünfte aus der Stadt zu steigern, beispielsweise
durch eine Erhöhung des Umgelds, der Verbrauchssteuer auf Wein.110 Allzu
stark dürfte die Wirtschaftskraft Haigerlochs in der Frühen Neuzeit aber insgesamt

108 Dazu: Wilhelm Abel: Agrarkrisen und Agrarkonjunkturen. Hamburg, Berlin31978, S. 51 ff., S. 100 ff.,
S. 104ff., S. 158ff., S. 190ff. - Josiah C. Russell: Die Bevölkerung Europas 500-1500. In: Carlo M. Ci-
polla /Knut Borchardt: Europäische Wirtschaftsgeschichte, Bd. 1: Mittelalter. Stuttgart u.a. 1983, S. 13-
43, hier S. 23 f. - Roger Mols: Die Bevölkerung im 16. und 17. Jahrhundert. In: Carlo M. Cipolla/Knut
Borchardt: Europäische Wirtschaftsgeschichte, Bd. 2:16. und 17. Jahrhundert, S. 5-49, bes. S. 20ff. - Hermann
Kellenbenz: Deutsche Wirtschaftsgeschichte Bd. 1, München 1977, S. 146ff., S. 216ff.

109 Rödel, Im Schatten des Hofes (wie Anm. 65), S. 102f.

110 Demgegenüber war Haigerloch im Mittelalter häufig als Pfand eingesetzt worden und die Stadt verschrieb
sich im Jahre 1367 noch gegenüber Graf Rudolf von Hohenberg um 1000 Gulden: Hodler, Haigerloch (wie
Anm. 2), S. 85, S. 108, S. 824. - Stadtarchiv Haigerloch, Urkunden, U. 36 (1533 März 7), U. 37 (1534 März
22); Stadtarchiv Haigerloch, Amtsbuch 6, S. 237-239 (1595 Aug. 12). Weitere Fälle für die Bezahlung von
außerordentlichen Steuern oder die Gewährung von Bürgschaften können anhand der Urkunden nicht festgestellt
werden.

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