Universitätsbibliothek Freiburg i. Br., ZG 1563
Hohenzollerischer Geschichtsverein [Hrsg.]
Zeitschrift für Hohenzollerische Geschichte
46(131).2010
Seite: 203
(PDF, 40 MB)
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Neues Schrifttum

Frankreich ging für seine Besatzungszone im Südwesten und in Vorarlberg und Tirol
recht forsch an die Umsetzung: vom 20.07.1945 datieren entsprechende Direktiven
, die in den fünf Verwaltungseinheiten Rheinland (Rhenan), Pfalz, Saarland, Lindau
, Südbaden und Südwürttemberg-Hohenzollern u. a. von Francois Puaux, Raymond
Schmittlein und Jerome Vaillant umgesetzt werden sollten. Davon überzeugt, dass die
Umerziehung der deutschen Bevölkerung nicht in einer „autoepuration" (Selbstreinigung
) erfolgen könne, griff man ein Konzept auf, das zuerst im Grand Palais (Paris,
10.06.1945) getestet wurde - die eigene Bevölkerung mit „Hitlers Verbrechen" im Rahmen
einer Ausstellung mit der Schreckensbilanz des deutschen Besatzungsregimes in
Frankreich zu konfrontieren: 600000 Kriegstote, 4,5 Mill. Zwangsarbeiter, mehr als
75000 deportierte Juden und 29660 als Geiseln erschossene Zivilisten.

Aufklärung über die NS-Verbrechen sollten zunächst Filme von der Befreiung der
Konzentrationslager oder die persönliche Konfrontation mit Leichenbergen von NS-
Opfern und Fotodokumenten von Überlebenden erreichen, wobei die Betrachter
durch „soziale Perspektivenübernahme" veranlasst werden sollten, sich selbst als mögliche
Opfer des NS-Gewaltregimes vorzustellen. Die Forces Francaises en Allemagne
(FFA) und die französische Besatzungsverwaltung nahmen die oben erwähnte Pariser
Ausstellung am 10.12.1945 zum Vorbild, um ein vergleichbares Szenario an zentralen
Orten ihrer Besatzungszonen zu gestalten: in Baden-Baden als „Besatzungshauptstadt"
(15. 02.1946, Kurhaus) eröffnet, sollte durch die Ausstellung „Hitlers Verbrechen" das
Gewissen wachgerufen werden - „vor den Besuchern lagen Stunden bitterernster Besinnung
", wie die Ortspresse berichtete. Weitere Stationen der Wanderausstellung mit
Plakaten und Fotodokumenten waren Lahr (Stadthalle), Saarbrücken (Saarlandmuseum
), Freiburg (Kaufhaussaal), Emmendingen (Pflichtteilnahme für städtische Bedienstete
einschließlich Filmbesuch), in Österreich wurde die Dokumentation in Wien
und Schwaz (Tirol) gezeigt. Für die Ausstellung wurden Text- und Fotodokumente aus
Colmar (Archives de l'Occupation Francaise en Allemagne et en Autriche), für die Rekonstruktion
der Ausstellung (2008) Dokumente aus dem Pariser Katalog (1945) und
dem Wiener Katalog (1946) sowie aus Stadt- und Zeitungsarchiven, v.a. betreffs zeitgenössischer
Reaktionen auf die Ausstellungen (1945/46) in der Französischen Zone
aufgenommen. Auf gemischte Reaktionen weisen die Berichte der Informationsoffiziere
der FFA hin, wonach die wirtschaftliche Lage im besetzten Südwesten kontraproduktiv
zum Ausstellungszweck stehe: „Die Deutschen brauchen eher Hoffnung, als
immer wieder mit den schlimmen Erinnerungen an das Dritte Reich konfrontiert zu
werden" (30.07.1946). Der Katalog trägt der Suche nach „Gründen der Hoffnung"
Rechnung, indem sowohl Fotodokumente über NS-Verbrechen in Frankreich und im
Deutschen Reich gegenübergestellt werden, aber auch der Begegnung nach 1945 im
Rahmen von Städtepartnerschaften (jumelages) bis zu den gegenseitigen Staatsbesuchen
des Jahres 1962, Grundlage für den Elyseevertrag zwecks Gründung des Deutsch-
Französischen Jugendwerks (1963) und der persönlichen Erinnerung von Bundespräsident
Horst Köhler an Charles de Gaulies Rede in Ludwigsburg - „der ausgestreckten
Hand zu Versöhnung und Zusammenarbeit" dokumentiert werden.

Wolfratsbausen Willi Eisele

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