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Krall: Ueber „Unwillkürliches Flüstern".

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4. Der Mund ist beim „Unwillkürlichen Flüstern" fest geschlossen.

a) „Sein (des Experimentators L.) Mund war geioöhnlich fest
geschlossen, Beilegungen der Lippen waren nicht sichtbar, und
ein Nebenstehender konnte überhaupt keinen Laut hören"
(S. 4SI.)

b) „Weil bei der dritten Methode der Minnl völlig geschlossen
war.6' (S. 504.)

c) „Indem man die Methode c, wobei der Mund ganz geschlossen
ist, wählte.6' (8. 502.)

d) Der experimentale Beweis sei erbracht worden, heißt es
S. 502: „daß eine einigermaßen deutliche Flüstersprache bei
völlig geschlossenem Munde . . . möglich ist66.

Wir müssen hier die Frage stellen, auf die alles ankommt:

Fest oder Fast?

Zu den vorsiehenden Ausführungen der Herren Prof. II. und L. wäre zu bemerken
, daß gerade die Feststellung, ob der Mund bei diesem Flüstern vollständig
— oder, wie Prof. L. sagt, „fest", „ganz", „völlig4 — geschlossen
ist, das Wesentliche und Ausschlaggebende ist. Es darf
sich dabei auch nicht die geringste Lippenöffnung bilden, sonst wäre es eben
kein Flüstern mit geschlossenem, sondern nur mit fast „geschlossenem" Munde
und entspräche dann, wie wir später sehen werden, genau der eigentlichen
ßauchrodnersprache (vgl. die späteren bezüglichen Stellen).

Ein sicheres und einfaches Erkennungsmittel*), ob der Mund
völlig geschlossen bleibt, bietet eine Kerzenflamme, die sich im Abstand \un
einigen Zentimetern vor dem Munde befindet (Versuch >or dem Spiegel), während
die ausgeatmete Luft der Nase (z. B. durch einen schmalen rinnen-
arligen Kartonstreifen) nach rechts und links abgeleitet wird. Bei „völlig
geschlossenem" Munde (Ausatmen «durch die Nase) bleibt die Flamme bei allen
Lautierversuchen >öllig ruhig. Sobald aber die Vokale nur etwas zu
unterscheiden sind, zeigt das Flackern der Kerze mit unfehlbarer Sicherheit
, daß sich zwischen den Lippen ein kleiner, fast unmerklicher Spalt gebildet
hat, der Mund also dabei nicht völlig geschlossen geblieben ist.
Und darauf allein kommt es an!

In der reichen Fachliteratur über Lautbildung habe ich (K.) keine Stelle
gefunden, die auch nur im entferntesten mit den Angaben der Verf. übereingestimmt
hätte, daß nämlich bei geschlossenem Munde irgendeine artikulierte
Flüstersprache, eine noch so primitive Wort Verständigung möglich sei.
Sagt doch schon Herr Lehmann selbst: „In der Literatur findet man freilich
nicht das geringste hierüber." (Aberglauben und Zauberei. IL Aufl., S. 5A*2.)

Es ist dabei zu berücksichtigen, daß alle einschlägigen Arbeilen von
Brücke, Gzermack, Merkel, Tecbner umfangreiche, auf eingehenden
Studien beruhende und wissenschaftlich anerkannte Werke sind. Näher hierauf

Auf dieses Prüfungsmittei (jedoch für den entgegengesetzten Fall: zum
Nachweis der Luftausströmung durch die Nase bei Nasallauten) hat bereits
Brücke hingewiesen (Grundzüge der Physiologie und Systematik der Sprachlaute
. Wien 1856. S. 28).


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