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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/zs_para1926/0711
682 "Zeitschrift für Parapsychologie. 11. Heft. (November 1926.)

Dementsprechend werde ich mich auch heute selbstverständlich von den
Bahnen eigener Entwicklung nicht loslösen können und vermag Ihnen die
Probleme nur indem Lichte zu zeigen, in dem ich sie selbst erfasse, habe
auch gar nicht die Absicht, Ihnen etwas anderes zu geben, als meine persönliche
M einung, zumal ich der Ansicht bin, daß niemals in der Wissenschaft
etwas anderes gegeben werden kann. Ich halte es vielmehr für eine
Anmaßung, zu glauben, wir werden hier jemals objektive Wahrheit darbieten.

Objektiv allein sind die Tatsachen, auf die wir uns stützen. Diese
Talsachen sollen nun okkulter Natur sein, wie das Wort lautet; es soll sich
also um geheimnisvolle Vorgänge handeln. Schon beim ersten Wort
muß ich stutzen: Was heißt das, okkult? — Was sinnlicher Erfahrung
entspricht, was bewußter Wollung entspringt, was in seinem mechanischen
Ablauf ohne weiteres versländlich ist, das dünkt uns offen und klar, das dünkt
uns Hehl und keineswegs geheimnisvoll. Das beruht aber auf einer großen
Selbsttäuschung. Wir haben über all dem sinnlich erfahrenen „Wie",
über der Art und Weise, wie etwas geschieht, und über de** Gewöhnung
an all das, was geschieht, nur das Wundern verlernt and damit leider
auch die Ehrfurcht. Als ob wir dem Verstehen des Lebens auch nur einen
Schritt nähergekommen sind, weil wir z. B. den Mechanismus der Keimbildung
, der Zeugung, des Wachstums erlauschten! Jeder Grashalm bleibt uns
trotzdem ein Wunder, ist trotzdem als lebendiges Dinlg, »ein Okkultes, ein
Geheimnisvolles, und mit jedem Grashalm alles, worüber wir doch nur aus
der Gewohnheit stumpf wurden und uns zu wundern aufgehört haben.

Da kracht ein Gewitter über unseren Häuptern hernieder — selbstverständlich
nichts weiter als eine grandiose elektrische Entladung in der Atmosphäre —
kein Jupiter tonans, kein Hammer werfender Gott. Ab^r kindisch und albern
hat es mich immer gedünkt, wenn die Aufgeklärten unserer dünkelhaften Zeit
mit ironischem Lächeln die mythologischen Ausdrucksformen einer entschwundenen
Zeit wortwörtlich nahmen und glaubten, auch die Alten
hätten das so wörtlich gemeint. Es ist bekanntlich eins der verhängnis-
\ollsten Mißverständnisse, aus mangelndem Verstehen die Ausdrucksformen
einer fremden Kultur wörtlich zu nehmen und sich dadurch vom wirklichen
Verstehen gänzlich abzuschneiden. Der antiken Welt — sowie natursichtigen
Völkern auch heute noch — ist alles, was wir okkult nennen, in der
Breite des Normalen gegenwärtig; denn sie sind Metaphysiker von
^11 aus aus und haben deshalb ein unmittel bares, n a t u r haftes Empfinden
i für alles Geschehen, was wir lediglich >on der Außenseite, also nur noch mittelbar
erfassen.

\ Streng genommen bleibt uns also auch alles normale Geschehen in letzter

; Linie okkult und voller Geheimnisse. Wir werden also den Begriff des

Okkulten dahin ausdehnen müssen, und nicht lediglich die ungewohnten
Erscheinungen des Lebens damit umfassen, zumal die Erklärung, zumal
das Erklärungsprinzip , das wir suchen, so beschaffen sein muß, daß es
uns zugleich die Ganzheit des Lebens erklärt, denn das Leben
ist Eines, wie ja auch die Gottheit nur Eines ist, bricht sich ihr Licht auch
in unendlichfeltiger Buntheit.

\ls erstes Einleilungsprinzi pwähle ich die Polarität von aktiv
und passiv, von tätigem und erleidendem Geschehen. Alles Tätige nenne ich
Strahler und Sender — alles Erleidende nenne ich Empfänger. Von


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