Institut für Grenzgebiete der Psychologie und Psychohygiene e. V., Frei122-Z6
Zeitschrift für Parapsychologie
9=61.1934
Seite: 77
(PDF, 78 MB)
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Pfeifer: Freiheit, Schicksal, Glaube usw.

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Religion ein indirekter Dienst geleistet werden. Selbstredend wird man hier
nicht auf einem Umweg doch noch zu einem Gottesbeweis kommen können.
Aber Charakter uund Bewertung der Welt könnten sich sehr tiefgreifend wandeln
, die in sich selbst existierende Welt könnte sich als eine willkürliche Abstraktion
erweisen, dafür aber könnte ihr Charakter als Geschöpf und Geschaffenes
wieder deutlich werden.

Wir stießen oben schon auf die eigentümliche Tatsache, daß zwischen
Schicksalsglauben und moderner Naturwissenschaft eine gewisse Ähnlichkeit
besteht. Beide stimmen darin überein, daß für Willensfreiheit wie für jede
höher geartete Freiheit in ihrem Weltbild kein Raum vorhanden ist, beide
können die Vorstellung eines nach freiem Ermessen schaffenden Got'tes nicht
ertragen. Der Unterschied besteht jedoch darin, daß der Schicksalsglaube jenes
unwandelbare Gesetz gerade in den Ereignissen sieht, die die Naturwissenschaft
als „Zufall" ausscheidet, dagegen auf die Wirksamkeit der Naturgesetze nicht
weiter reflektiert. Wenn z. B. Friedrich der Große in jener Schlacht seine
Tabaksdose bei sich trug, und diese Tabaksdose die feindliche Kugel abhielt,
so ist das naturwissenschaftlich gesehen Zufall, aber ein Zufall, der von schicksalhafter
Bedeutung für das Werden des preußisch-deutschen Staates geworden
ist. Andererseits kann die Naturwissenschaft darauf hinweisen, daß ohne die
biologischen Gesetze des Werdens, Wachsens und Verderbens kein Friedrich der
Große dagewesen wäre. Beide Weltanschauungen verraten ihren deutlichen
Mangel. Die Naturwissenschaft kann uns nicht sagen, woher für ein doch in
sich sinmolles Ganzes, wir es der preußische Staat darstellt, trotz aller Gesetze
der Zufall eine so hervorragende Rolle spielen kann. Der Schicksalsglaube kann
uns nicht sagen, in welchem Zusammenhang oder ob überhaupt ein Zusammenhang
zwischen diesem Schicksal und den waltenden Naturgesetzen besteht. Beide
spalten das Ganze der Wirklichkeit in zwei Hälften auf und setzen jeder seine
Hälfte für absolut. Beide sind nur Abstraktionen aus der Wirklichkeit und
haben für das ganz charakteristische der angeführten Tatsache keinen Blick,
nämlich für ihre Freiheit. Der Glaube, der in allem geschichtlichen Geschehen
das Walten der Vorsehung erkennt, lenkt unser Augenmerk gerade auf diesen
wesentlichsten Zug der Wirklichkeit.

Die uns gegebene Wirklichkeit ist auf Freiheit aufgebaut. Die Naturgesetze
sind nicht die Wirklichkeit, sondern Abstraktionen aus der Wirklichkeit.
Die Naturwissenschaft ist stets bestrebt, die allgemeinste Seite als wesentlich
auszugeben. Die Wirklichkeit jedoch besteht nicht aus dem Allgemeinen, sondern
aus dem Besonderen, Die allgemeinste Eigenschaft aller Körper, z.B. ist
die Gra\itation. Gravitation haben ein Löwe und ein Kieselstein gemeinsam.
Daher ist diese Eigenschaft die unwesentlichste an einem Körper. Es gibt auch
nirgendwo die Gravitation, sondern immer nur Dinge, die neben vielen anderen
Eigenschaften auch die Eigenschaft der Gravitation besitzen. Diese aus
der Wirklichkeit abstrahierte Gravitation hat wohl ihre starren, unwandelbaren
Gesetze, aber Freiheit ist es, daß es überhaupt Gegenstände gibt, die diese
Eigenschaft haben können. Freilich werden überall die Gesetze der Gravitation
herrschen, wo z.B. Planeten umeinander kreisen, aber es gibt kein Gesetz, aus


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