Institut für Grenzgebiete der Psychologie und Psychohygiene e. V., Frei122-Z6
Zeitschrift für Parapsychologie
9=61.1934
Seite: 90
(PDF, 78 MB)
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Zeitschrift für Parapsychologie. Heft 2. (Februar 1934.)

sen eine Lanze einzulegen, zumal wenn man meine sonstige Stellungnahme /u
den Konzertsaaltelepathen berücksichtigt (siehe unten)!

Ja ich war sogar vorsichtiger, als nötig gewesen wäre! Ich wäre als
nicht kritisierender Berichter durchaus berechtigt gewesen, als Kern des Ganzen
einfach den Satz zu übernehmen: „Die Darbietung Hanussens war vollständig
auf der Verwendung von Helfern aufgebaut/* Ich tat das jedoch
nicht, denn der Satz enthält eine —- rein logisch genommen — unzulässige
Verallgemeinerung. Es wäre ja möglich, daß Hanussen nicht immer mit Helfern
arbeitet, sondern auch echte Darbietungen zeigt oder auch andere Tricks
verwendet! Ich schrieb also vorsichtigerweise nur, daß „festgestellt
wurde, daß er mit Helfershelfern arbeite". Und da wirft mir Herr Schröder
Leichtsinn und Mangel an Verantwortungsbewußtsein vor! Hätte er davon nur
halb soviel angewendet, wäre diese ganze unerfreuliche Auseinandersetzung nicht
nötig gewesen!

Herr Schröder stellt merkwürdigerweise an den Beweis des Betruges in
solchen Vorführungen ungewöhnlich tiohe Ansprüche. Der Betrug „springt in
die Augen", aber das genügt Herrn Schröder nicht! Es wäre besser, er würde
an den Beweis der Echtheit ebenso hohe Ansprüche stellen, dann wäre diese
ganze Erörterung nicht nötig und auch der Artikel über den Spuk bei Dr.
„Bruno" (siehe meine Kritik in der Z. f. P. 1933, Nr. 12) hätte, als wissenschaftlichen
Anforderungen nicht genügend, nie das Licht der Welt erblickt!

Ich möchte über diese unerfreuliche persönliche Auseinandersetzung hinaus
hier noch einiges Grundsätzliche sagen. Sind diese Vorführungen überhaupt für
die metapsychische Forschung von Wert? Ich habe schon in meiner Arbeit über
den Fred-Marionprozeß (Z. t. P. 1932, Nr. 7) betont, daß diese Konzertsaaltelepathen
keineswegs begrüßenswerte Bundesgenossen sind, vielmehr eine Belastung
der Metapsychik bedeuten.

Nehmen wir einmal einen mit einem hohen Hundertsatz von gelungenen Versuchen
arbeitenden echten Telepathen an, auch er wird aber nicht selten Fehlschläge
haben, einen immer fehlerlos arbeitenden Telepathen gibt es nicht. Auf
der Bühne verlangt man aber von ihm wie vom Trapezkünstler immer die
gleichmäßige Leistung, jedenfalls dürfen seine Fehlschläge nicht einen gewissen
geringen Hundertsat/ übersteigen, andernfalls wäre das Publikum, das unbedingt
etwas erleben will, verstimmt und die Laufbahn des Telepathen wäre zu Ende.
Er muß aho zum minderten Ersatzleistungen in Bereitschaft halten, und
was liegt dann näher, als auch sonst diesen sichereren und bequemeren Weg zu
gehen? Man ist also bei der Unübersichtlichkeit der Versuchsbedingungen nie
völlig sicher, ob beim einzelnen Versuch nicht Betrug im Spiele ist. Am methodologischen
Gründen müssen demnach diese Versuche aus wissenschaftlichen
Erörterungen ausscheiden; nur Versuche, die von einem Gelehrten im kleinen
Kreise angestellt werden unter Versuchsbedingungen, auf die der Telepath keinen
Einfluß hat, verdienen Beachtung.

Hki dieser Fragwürdigkeit solcher öffentlichen Vorführungen ist also b i s
zum Beweis des Gegenteils anzunehmen, daß die Versuche auf Trick
beruhen Die B e w e i s l a s t liegt dem „Telepathen" ob, d. h. nicht
der Gelehrte muß nachweisen, daß und wie der Telepath betrogen hat, vielmehr
hat der Telepath unter von einem Kenner des Gebietes ihm auferlegten Bedingungen
seine Fähigkeiten unter Beweis zu stellen. Da ich diesen Standpunkt
schon in meinem Aufsatz über Fred Marion vertreten habe, hatte ich um so mehr
Grund, den Mitteilungen der Chronik eine an Sicherheit grenzende Wahrscheinlichkeit
zuzubilligen und sah mich deshalb auch nicht veranlaßt, ein Wort zugunsten
Hanussen zu verlieren.

Ist die wissenschaftliche Bedeutung dieser Vorführungen gleich
Null, so ist auch von der werbenden für die Metapsychik nichts zu erhoffen,
da das Interesse durch die sensationelle Aufmachung in falsche Richtung geführt
wird und außerdem die Gefahr besteht, daß, falls jemand die trickmäßige Ausführung
der Versuche durchschaut hat, er dann, das Kind mit dem Bade ausschüttend
, auch die ganze Metapsychik als Schwindel ansehen wird.

Es ist deshalb völlig unerfindlich, warum Herr Schröder einen solchen bedenkenlosen
Helden der Reklame und des Tricks eines derartigen Nachrufs
würdigt. Hier ist Schweigen die beste Würdigung!


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