Institut für Grenzgebiete der Psychologie und Psychohygiene e. V., Frei122-Z6
Zeitschrift für Parapsychologie
9=61.1934
Seite: 177
(PDF, 78 MB)
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Mengel: Beitrag zur Erklärung parapsychologischer Phänomene usw. 177

begriff, mit dessen Hilfe die ganze zu Dingen erstarrte Erlebniswelt in ein
System von Beziehungen aufgelöst wird. Jedes „Ding" ist jetzt nichts weiter als
ein Schnittpunkt allgemeiner bestimmender Relationen.

Die Substanzkategorie ist die Erkenntnisform des alltäglichen Bewußtseins.
Alle mit Hilfe der Substanzkategorie operierende Erkenntnisweise nennen wir
„nah". Ist aber schon die Erkenntnis, die sich mit den typischen Allgemeinheiten
des Alltags befaßt, naiv, wieviel mehr ist es erst die Erkenntnis weise, die
das religiöse und das parapsychologische Erlebnis zu durchformen sucht.

Hier wird die naive Erkenntnisweise zur „mythischen". Diese unterscheidet
sich von der naiven dadurch, daß sie noch nicht zur Unterscheidung von Substanz
und Akzidenz durchgedrungen ist, die bereits der Alltagserkenntnis zugrunde
liegt.

Wir stoßen hier bei der Analyse der mythischen Erkenntnisform, die auch
Form der parapsychologischen Erkenntnis ist, auf den uralten Substanzbegriff
des Parmenides. Denn Parmenides verneinte deshalb alle Veränderung, weil
durch sie die bestehende Substanz ins Nichts hinuntersinken müßte. Das erkennende
Bewußtsein vermag auf dieser Stufe nicht zu begreifen (was dem
beutigen Alltagsbewußtsein so selbstverständlich ist), daß Veränderung ein Vorgang
an einer Substanz ist, die sich selber nicht dabei verändert.

Man kann sich auch so ausdrücken: die genannte Erkenntnisform reißt aus
dem Erlebnisstrom des Bewußtseins ein bestimmtes Moment heraus, welches sie
unter Loslösung von allen anderen innerseelischen Begebenheiten als absolut
setzt. INun ist klar, daß jede Veränderung darin bestehen muß, daß eine andere
(ebenso beziehungslose) Substanz die erste aus dem Seinsbereich verdrängt. Der
Gedanke, daß in diesem Wechsel etwas beharrt (was sich erst der wissenschaftlichen
Erkenntnis als ein Gesetzeszusammenhang erschließt), liegt dem mythischen
Bewußtsein, wie wir es charakterisierten, fern. Es siebt so aus, als ob sich
der Logos in der mythischen Erkenntnis zum Bios herabläßt und Formen annimmt
, die den Windungen des ganz andersartigen Lebens sehr nahe kommen,
um so zu lauschen, was aus jener Welt zu ihm her über klingt. 4ber dies alles
sind nur Bilder, die uns über die vorliegende Schwierigkeit nicht hinwegtäuschen
können.

Man kann also sagen, daß eine umgekehrte Proportionalität zwischen der
Wissenschaftlichkeit einer Erkenntnis und ihrer Lebensnähe besteht; unter „Lebensnähe
" verstehen wir ihre Fähigkeit, das religiöse oder parapsychologische Er-
lebnis annähernd adäquat wiederzugeben.

Als Beleg für unsere Behauptung, daß das Haupterkenntnismittel des religiösen
bzw. des parapsychologischen Bewußtseins die mythische Substanzkategorie
sei (wir reden hier nur vom Regelhaften und nicht von der Ausnahme), möchten
wir zum Abschluß zwei Beispiele geben:

i. Für das religiös-parapsychologische Bewußtsein gilt nicht das als unsterblich
, dessen ewige Existenz aus dem Normzusammenhang des Logos gerechtfertigt
und gesichert ist. Als unsterblich ist vielmehr der Mitmensch aufgewiesen
, dessen Erscheinung eine bestimmte Stelle im Koordinatensystem von
Raum und Zeit einnimmt. Diese Erscheinung ist für die, insbesondere christ-

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