Universitätsbibliothek Freiburg i. Br., S 8624-58.1936
Almanach agricole d’Alsace et de Lorraine: Landwirthschaftlicher Kalender
Strasbourg, 58. Jahrgang.1936
Seite: 56
(PDF, 47 MB)
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Was muss der Laie vom Konkurs, dem Bankrott
und der gerichtlichen Liquidation wissen?

Von L. RAPP, docteur en droit, avocat du barreau de Strasbourg.

In der kritischen Periode, welche wir durchqueren
, kommt es nur allzu oft vor, dass ein
Schuldner nicht mehr in der Lage ist, seinen
Verpflichtungen nachzukommen und ihm
nichts anderes übrig bleibt, als die Bilanz
niederzulegen, was zur Folge hat, dass der
Konkurs oder zum mindesten die gerichtliche
Liquidation (liquidation judiciaire) über sein
Vermögen verhängt wird. Es scheint uns
daher angebracht, unsern Lesern die wichtigsten
Bestimmungen aus dem Konkursverfahren
und der gerichtlichen Liquidation zur
Kenntnis zu geben. Für den Fall, dass einer
ihrer Schuldner in eine derartige Situation
kommt, sind sie alsdann in grossen Zügen
unterrichtet, wie das Verfahren vor sich geht
und welches ihre persönlichen Rechte sind.

A. Konkurs.

Der Ausdruck « Konkurs » bedeutet Zusammenkunft
(concursus creditorum; Zusammenkunft
der Gläubiger). Die französische
Sprache bezeichnet das gleiche Verfahren mit
« faillite ». Der « failli » ist eine Person, welche
sich gegen ihre Verpflichtungen verfehlt.
Schon in den ältesten Zeiten kannte man gesetzliche
Bestimmungen im Hinblick auf
Schuldner, welche ihren Verpflichtungen nicht
nachkommen. Das Römische Recht hatte in
seinem Anfangsstadium (Zwölftafelgesetz)
ein sehr rigoroses System in Anwendung gebracht
; gab es doch dem Gläubiger das
Recht, seinen Schuldner, wenn er nicht zahlte,
sich als Sklaven anzueignen. Einige Historiker
behaupten sogar, dass, wenn mehrere
Gläubiger vorhanden waren, denselben das
Recht zugestanden hätte, den gemeinsamen
Schuldner zu töten und sich in dessen Körper
zu teilen. Im Verlauf der Jahrhunderte
ist nach und nach eine immer grössere
Milderung der Gesetzgebungen auf diesem
Gebiet eingetreten ; seitdem die Schuldhaft für
Zivil- und Handelsschulden abgeschafft ist
(Gesetz vom 22. Juli 1867) haben die Gläubiger
im Prinzip keine Befugnisse mehr über
die Person des Schuldners; ihr ausschliessliches
Pfand, welches zur Deckung der Schulden
herangezogen werden kann, besteht im
Vermögen des Schuldners.

Die französische Gesetzgebung bezüglich
Konkurs und gerichtlicher Liquidation ist in
Elsass und Lothringen eingeführt worden
durch das Gesetz vom 1. Juni 1924, mit Wirkung
vom I. Januar 1925. Jedoch ist hervorzuheben
, dass die betreffenden Bestimmungen
in den benannten Provinzen Anwendung finden
auf sämtliche Schuldner und nicht, wie in
Innerfrankreich, lediglich auf die Geschäftsleute
.

Das Konkursverfahren bezweckt, eine
gleichmässige Verteilung der Güter eines
Schuldners, der zahlungsunfähig ist respektiv
seine Zahlungen eingestellt hat, unter die
gemeinsamen Gläubiger zu bewerkstelligen,
und dies unter der Kontrolle des Gerichts. Ein
Vorgehen von seiten der einzelnen Gläubiger
zwecks Befriedigung ist nicht mehr zulässig.

Der Konkurs kann verhängt werden nicht
bloss über das Vermögen physischer Personen,
sondern auch über die Güter von juristischen
Personen (Vereine, Gesellschaften, usw.),
sofern sie ihren Sitz in Elsass oder Lothringen
haben. Ferner kann auch über den Nachlass
einer verstorbenen Person das Konkursverfahren
eröffnet werden, aber nur innerhalb
eines Jahres nach deren Tod. Desgleichen
kann ein Kaufmann, der sein Geschäft aufgegeben
hat, innerhalb eines Jahres in Konkurs
erklärt werden, falls er bei der Geschäftsaufgabe
seine Zahlungen bereits eingestellt hatte.

Die Zahlungseinstellung ist bei einem Geschäftsmann
respektiv einer Handelsgesellschaft
die Grundbedingung, die für eine Konkurseröffnung
erforderlich ist. Wie zu
ersehen, hält sich das Gesetz an ein äusseres
Zeichen, dessen Wahrnehmung ziemlich leicht
möglich ist, ungeachtet der wirklichen Vermögenslage
des Schuldners. Es wird nicht
zuvor untersucht, ob derselbe zahlungsfähig
ist oder nicht, ob sein Aktivum das Passivimi
übersteigt oder umgekehrt, wozu vorher eine
Liquidation nötig wäre; es genügt, dass der


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