Universitätsbibliothek Freiburg i. Br., F 764,n - 23.1880
Die Bauhütte: Zeitung für Freimaurer
Leipzig, 1880
Seite: 6
(PDF, 136 MB)
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Freimaurer-Literatur

  (z. B.: IV, 145, xii)



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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/bauhuette1880/0013
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eine Deputation nach Versailles zu schicken und bot
ihnen hierzu seine eigene Equipage an. Zwei der Delegaten
begaben sich nach Versailles, der dritte stattete
Bericht in Paris ab; die Bannerträger richten sich ein,
so gut sie können, um ihre Fahnen zu bewachen. Die
übrigen Maurer kehren nach Paris zurück, nur etwa ein
hundert siedeln sich in einem öffentlichen Tanzlokal in der
avenue de Wagram an. Thiers empfing die zwei Delegaten
mit den kurzen Worten: „Paris soll die Waffen
niederlegen, dann höre ich jeden vernünftigen Vorschlag
an, sonst nicht." Die Unterredung dauerte nur 5 Minuten
. Die Delegirten hielten sich nicht für sicher in
Versailles und kehrten Nachts zu Fuss nach Paris zurück.
Die hundert im Tanzlokal Zurückgebliebenen waren ge-
theilter Ansicht; die Einen wollten alle Banner wegnehmen
, Andere meinten, man müsse die Waffen ergreifen
, sobald ein einziges von den Versailler Geschossen
getroffen würde. Die meisten wurden entfernt, der Rest
blieb unbeschädigt bis zum 2. Mai.

Der Kommandant des Vendömeplatzes, Simon Mayer,
derselbe, der am 16. Mai die französische Fahne von der
Siegessäule herunterwarf, berichtete an den Oberplatzkommandanten
von Paris, „das sei der schönste Tag in
der Geschichte der Freimaurerei gewesen."

Die ächte Maurerei theilt diese Ansicht nicht und
protestirt energisch gegen die heillose Rolle, welche man
sie hatte spielen lassen. Einige furchtlose Maurer, Jules

Prunelles, Malapert, Ernest Hamel, Beruncau rufen
trotz der Gefahren, welche die Gemässigten bedrohen,
die Dissidenten zur Erkenntniss ihrer Pflicht zurück.
Sobald die Verbindungen zwischen Frankreich und dem
befreiten Paris wieder hergestellt sind, am 26. Mai,
richtet der höchste Rath des Grossorients an alle Logen
derObedienz einen förmlichen, motivirtenProtest gegen
die verbrecherischen Handlungen, begangen von Revolutionären
, welche die Freimaurerei für solidarisch verbunden
mit der Commune haben erklären wollen.

Jules Valles dagegen forderte im Cri du peuple die
Maurer zur Empörung auf. „Fünfzehn- bis zwanzigtausend
Brüder werden in die Bataillone treten." Die Anderen
sollen in der Provinz den freimaurerischen Kreuzzug
predigen. (Als Stylprobe theilt Du Camp noch die
Stelle mit: „marchant banniere au vent, soulevant
les populations devant l'autel de la federation.) Zweihundert
höchstens folgten dem Rufe.

Gleichwohl Hess die Commune zwei Ballons mit einer
ausserordentlich heftigen Proklamation steigen: „die Freimaurer
und Gesellen von Paris an ihre Brüder in Frankreich
und der ganzen Welt."

Dieser letzte Akt ist bezeichnend für die ganze Demonstration
. Der Wind trug das letzte Zeugniss davon.
Wind war das Ganze und es verlor sich im Wind. Aber
eine ernste Mahnung enthält dieses luftige Nachspiel:
„Wer Wind säet, wird Sturm ernten".

In MMhÜ Alm ■! ■

Feuilleton.

Hildesheim. Am 16. November d. J. wurde in
der Loge „zum stillen Tempel" abermals ein Schwesternfest
gefeiert, nachdem das letztere vor 2 Jahren stattgefunden
hatte. Wegen Beschränktheit der Räumlichkeiten
, namentlich des Tafelsaales, konnte nur eine geringe
Anzahl der Brüder der Loge mit ihren Schwestern
daran Theil nehmen. Als Gäste waren der Mstr. v. St.
Br Schwemann, der Dep. Mstr. v. St. Br Jost der hiesigen
Schwesterloge und das Ehrenmitglied Br Grebe
mit ihren Schwestern erschienen.

Um 3 Uhr begann die Arbeit, nachdem die Schwestern
unter Orgelklängen in den festlich geschmückten
Arbeitssaal eingeführt waren. Die Festloge wurde nach
einem besonders dazu bearbeiteten Rituale von dem Mstr.
v. St. Br Thielen eröffnet. Eingeleitet wurde die Arbeit
mit der Arie aus der Haydn'schen Schöpfung „Mit Würde
und Hoheit angethan", gesungen von dem Br Woltmann.
Hierauf hiess der Mstr. v. St. die hochverehrten Schwestern
herzlich willkommen und führte dabei aus, dass
das Ziel und das Streben der Freimaurerei mit dem
stillen umsichtigen Wirken einer treuen Hausmutter in
Einklang zu bringen sei.

Nach dem gemeinschaftlichen Gesänge des Liedes
„Reichet Schwestern uns die Hand", erhielt Br Ackenhausen
I. das Wort zur Festrede. Er hatte das Thema:
„Erkenne Dich selbst" zu Grunde gelegt, und führte
solches in schönen Worten und im gewandten Vortrage
dahin aus: Zweifach sei der Weg, auf dem wir zur
Kenntniss unserer Selbst gelangten, der zweite Weg müsse

sich jedoch dem ersten anschliessen, denn nicht durch
Betrachten allein würde man sein Herz erfassen können,
sondern die That beweise, ob man sich erkannt habe.
Goethe sage ganz treffend: „Versuche Deine Pflicht zu
thun und Du weisst gleich, was an Dir ist." Edle Grundsätze
und edle Neigungen seien zwar der Schmuck eines
jeden sittlichen Menschen, sie hätten jedoch nur dann
Werth, wenn sie den Menschen auch zu edlen Handlungen
trieben. Täglich solle man sein Gewissen befragen
, ob man auch an dem zurückgelegten Tage seiner
Pflicht nachgekommen sei, eine solche Prüfung führe uns
zur Kraft im Handeln, unsere Handlungen aber müssten
uns zeigen, was wir werth seien. Der an unsere Handlungen
anzulegende Maassstab sei ein bestimmtes Sittengesetz
; auch die Maurer haben ihre Gesetze, welche
ihnen zur Richtschnur ihrer Handlungen dienen sollen.
Bibel, Zirkel und Winkelmaass seien uns darum gegeben,
dass nach ihnen Glaube und Wandel geregelt sein sollten
, damit Friede das eigene Herz erfülle und Segen der
ganzen Menschheit daraus erwachse. Die maurerischen
Grundgesetze erforderten einen reinen Glauben an Gott
und Unsterblichkeit, eine Lästerung des Heiligsten und
Erhabensten dürften wir nicht dulden, denn sonst machten
wir uns selbst der Gotteslästerung schuldig. Täglich
könne man in der Welt erfahren, wie das 8. Gebot
übertreten und der gute und ehrliche Name manches
braven Mannes untergraben werde; gegen diese Fehler
müssten wir ernstlich ankämpfen. Die Logen seien Pflanzstätten
solch geistigen Strebens, könne da Jeder aus dem


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