Universitätsbibliothek Freiburg i. Br., F 764,n - 23.1880
Die Bauhütte: Zeitung für Freimaurer
Leipzig, 1880
Seite: 20
(PDF, 136 MB)
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uns selbst und auf andere. Trachten wir einzeln und
vereint auf Veredlung unseres Gemüths und das Resultat
wird auch äusserlich sich manifestiren."

„Die in unserer Einleitung gekennzeichneten zwei
Eichtungen, die theoretische und die praktische, combi-
nirt sehr gelungen das Elaborat der Loge „Die alten
Getreuen". Eine sehr beachtenswerthe Erörterung über
Zweck, Wesen und Begriff der FrMrei voraussendend,
folgert sie hieraus, dass die Wirksamkeit der L-L sich
nur auf Gewinnung neuer Mitglieder und Erhaltung der
alten concentiren könne. Von dieser Praemisse ausgehend,
hat nach ihrer Ansicht der Bund in unserem Vaterlande
sich hauptsächlich um jene socialen Fragen zu kümmern,
deren Lösung für die Zwecke unseres Bundes nothwendig
ist, und durch deren Lösung unseren L-L die Erfüllung
obiger Aufgabe, nämlich die Gewinnung neuer Kräfte
und die Erhaltung der schon gewonnenen, erleichtert
wird. In unserem Vaterlande bildet der Mangel an zur
Aufnahme brauchbaren Elementen das Haupthinderniss
zur Entwicklung der FrMrei. Die Gründe hievon sind:
bei dem Einen nationaler Hass, bei dem Anderen übertrieben
realistische Lebensanschauung, bei dem Dritten
Mangel an redlichem Charakter, und bei Allen Mangel
an nöthiger Bildung. Ohne Zweifel ist es unsere Aufgabe
, zur Hebung aller dieser Uebelstände beizutragen,
als streng genommene sociale Aufgaben haben wir indessen
blos die Schul- und Nationalitäten-Frage zu be*
trachten."

„Mit dem hier Vorgebrachten stimmt in vieler Beziehung
die Loge „Galilei" überein, welche auch dahin
abzielt, dass die wichtigsten Aufgaben der externen
Wirksamkeit unseres Bundes auf dem Gebiete der Nationalitäten
-Frage und des Volksbildungswesens zu suchen
seien. In erster Reihe erachtet indessen die Loge „Gali1
lei" die Consolidirung des Bundes im Innern für wün-
schenswerth und selbst die Nothwendigkeit dessen, dass
-die Brr ihren maurerischen Pflichten mit grösserem Ernste
nachkommen mögen. Sie warnt vor der Zersplitterung
unserer ohnehin beschränkten Geldmittel, darauf hinweisend
, dass die das momentane Elend lindernde Wohl-
thätigkeit nicht Aufgabe des Bundes sei. Die Nationalitäten
-Frage betreffend, meint sie in Uebereinstimmung
mit der Loge „Die alten Getreuen", dass das corporative
Auftreten des Bundes oder der L-L in dieser Hinsicht
nicht die erwünschten Früchte tragen, und dabei eine
solche Action bis zu einem gewissen Grade in die Politik
hineinragen würde. Auf diesem Gebiete soll demnach
die Thätigkeit den einzelnen Mitgliedern vorbehalten
bleiben.

Das Armenwesen würde ein sehr dankbares Feld
für die Wirksamkeit unseres Bundes abgeben; diesbezüglich
verfügen wir indessen nicht über die nöthigen Geldmittel
, um die nöthig erscheinenden Institutionen ins Leben
zu rufen und desshalb müssen wir uns auf diesem Gebiete
noch für eine geraume Zeit mit der Initiative begnügen
, die Fortentwickelung der durch uns angeregten
Unternehmungen dem grossen Publikum, hauptsächlich
aber den vermöglicheren und einflussreicheren Persönlichkeiten
überlassend. Eben aus diesem Grunde müssten

wir trachten bei den Behörden einflussreiche Individuen
für uns zu gewinnen, sowie bei Reichstags- und Municipal-
Wahlen für die Wahl unserer Mitbrüder einzustehen (??!)."

„Die Loge „Zur Verbrüderung" bemerkt ganz richtig,
dass all jene Thätigkeit, welche unsere L-L auf dem
Gebiete des öffentlichen Lebens je nach Bedarf ihrer Umgebung
und nach ihren eigenen Kräften bisher entwickelt
haben, als isolirt dastehende Versuche zu betrachten sind;
wenn es indessen gelänge, die Werkthätigkeit sämmt-
licher L-L in eine Richtung zu bringen, dann könnte
man mit vereinten Kräften bald grössere und bemerkens-
werthere Resultate aufweisen. Jene Aufgabe aber, für
deren Lösung wir uns zumeist zu interessiren haben,
besteht in der Volkserziehung, wozu als bestes Mittel:
die Errichtung von Volksbibliotheken dient. Die Loge
verweist diesbezüglich auf die durch sie in Oedenburg
ins Leben gerufene freimaurerische Volksbibliothek, welche
sehr lebhaften Zuspruches sich erfreut, und meint die
Loge, dass diesen ähnliche durch jede Loge ins Leben
zu rufen wären."

„Die Loge „Haiadas" betont gleichfalls die Nothwendigkeit
der vereinigten, systematischen Werkthätigkeit
und schreibt die Resultatlosigkeit der bisherigen
L-L Wirksamkeit nach Aussen dem isolirten Vorgehen
zu. Als passendstes Gebiet für diese Wirksamkeit bietet
sich das Erziehungswesen, hauptsächlich der Unterricht
von Erwachsenen und die Präventiv-Maassregeln gegen
die Folgen der actuellen socialen Verhältnisse. Die Wirksamkeit
fände concreten Ausdruck in der Unterstützung
entlassener Sträflinge, in der Gründung von Vereinen
gegen Bettelei und Verarmung, in der Versorgung herumstreichender
und bettelnder Kinder, in der Gründung
von Asylen und freiwilligen Arbeitshäusern und endlich
in der Vermehrung der Kranken-, Siechen- und Armen-
Häuser." (!?)

„Die Loge „Laszlö kiräly" greift in ihrem Elaborate
auf den Ursprung unserer socialen Uebel zurück,
und findet denselben in der physischen und psychischen
Ungleichheit der Menschen und in den daraus entspringenden
Verschiedenheiten der Vermögenserwerbung und Erhaltung
. Diese Ungleichheit kann man nicht aufheben,
wir müssen also nach Mitteln forschen, wodurch wir die
durch dieselbe hervorgerufenen Schäden paralysiren können
; und das ist das sociale Problem, deren Lösung die
eminente Aufgabe unseres Bundes bildet. Diese Frage
ist akut geworden; kaum gab es je eine Epoche, indem
der Sinn für die Zusammengehörigkeit der Menschheit
so geschwunden wäre, wie gegenwärtig. Die Individualität
sucht sich überall unverhohlen hervorzudrängen
— das individuelle Interesse herrscht, jede Rücksicht
auf die Solidarität aller Faktoren der Gesellschaft ist
zu Ende. Einestheils starres Individualismen, anderenteils
socialer Indifferentismus, kein Wunder, wenn die
Dissonanzen sich verschärfen. Und was ist der Grund
von beiden: Der Umstand, dass in der Menschheit das
ethische Gefühl lax geworden ist. Mit unserem scien-
tiellen Fortschritte hat der moralische nicht Schritt gehalten
, und hier ist der Knotenpunkt, von welchem ausgehend
die sociale Frage zu lösen sein wird. Wir müssen


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