http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/bauhuette1880/0029
kanischen Vorbilde auch in Deutschland verhältnissmässig
viel geleistet; wurden doch im Jahre 1878/79 bei einer
Einnahme von 72,786 Mark an Unterstützungen 11,684
Mark gewährt.
Wir selbst wünschen dem Orden „der sonderbaren
Brüder" als einem Glied in der Kette der humanen Verbindungen
ein recht kräftiges, lebensfähiges Wachsen und
Gedeihen.
Feuilleton.
Berlin. „ Friedr. Wilh. z. gekr. Gerecht." Am 18.
Decbr. vor. Js. fand gleichzeitig mit der Aufnahme des
Herrn Rentier Lüders hier, die Feier des öOjähr. Mr.-
Jubiläums des Brs Glietsch und des 2 5jähr. Mr.-Jubiläums
des Brs Haarbrücker statt. Die gel. Brr Jubilare
wurden vom vors. Mstr EBr Flohr am Altar mit herzlichen
Worten begrüsst und beglückwünscht, wobei dem
Br Glietsch ein von der L. gewidmeter Schurz mit der
Zahl „50", in Gold gestickt, überreicht wurde. Der
Ehrwdgst. GrM. Br Herrig überbrachte sodann den Brn
Jubilaren die Glückwünsche der Gross-L., und die Repräsentanten
der LL., bei welchen Br Haarbrücker Ehrenmitglied
ist, verlasen und überreichten demselben die
ihnen zugegangenen Glückwunsch-Schreiben und Telegramme
. — Die der Feier später folgende Tafel-L. konnte
mit Recht eine Fest-Tafel-L. genannt werden, an der sich
viele Brr anderer Or., wie auch schon bei der Arbeit
im Tempel, betheiligten und diese verschönern halfen.
Dem Br Haarbrücker wurde bei Ausbringung des
Toastes auf die Jubilare ein silbernes Schreibzeug, geschmückt
mit den maurerischen Emblemen, als ein Zeichen
der Liebe und Verehrung der Brr der L. „Fried.*
Wilh. z. gekr. Ger." überreicht. Durch die mannigfachen
Lieder der gesangskundigen Bit wurde die Tafelfreude
und die Feststimmung wesentlich erhöht und wird dieser
Tag vielen Brn lange in Erinnerung bleiben. Möge der
a. B. d. W. den gel. Brn Jubilaren alle dargebrachten
Wünsche erfüllen! (W. A.)
Königsberg i. Pr. Neujahr 1880. Es darf wohl
als auch weiteren Kreisen bekannt vorausgesetzt werden,
dass an dem hiesigen Orte 3 Logen des Freimaurerbundes
bestehen, deren eine, die „Dreikronenloge", nach
dem System der Grossen National-Mutter-Loge zu den
3 Weltkugeln arbeitet, während die Loge „ZumTodten-
kopf und Phönix" das System der Grossen Landesloge
vertritt, und die jüngste, „Immanuelloge" genannt, dem
System Royal-York zur Freundschaft angehört. Jede
dieser £ogen besitzt ihr eigenes Gebäude mit würdigen
und der Grösse unserer Stadt angemessenen Räumlichkeiten
. In dem Verkehr der Brr der einzelnen Logen
herrscht freundliches Entgegenkommen, das sich auch
in gelegentlichen Besuchen zur Arbeit dieser oder jener
Loge äussert. Der Vorsitzende Meister der „Dreikronenloge
" , Dr. Ulrich, ist practischer Arzt; sein Stellvertreter
ein Gymnasialoberlehrer; der Vorsitzende im „Todten-
kopf" ist Geistlicher, sein Stellvertreter practischer irzt,
der Vorsitzende im „Immanuel" endlich unser Oberbürgermeister
Selke, sein Stellvertreter ein Buchhändler. Der
wichtigste Augenblick in dem Logenleben unserer Stadt
in dem eben abgelaufenen Jahre war wohl die Audienz
der drei Meister vom Stuhle vor unserem Allerdurch-
lauchtigsten Protector und Kaiser Wilhelm, gelegentlich
der Anwesenheit des letzteren in Königsberg zu den
Herbstübungen des I. Armeecorps. „Wie steht es," so
hat Se. Majestät die Vertreter der Maurerei gefragt, „wie
steht es mit der Einigkeit der Logen in Königsberg?"
— Ohne unsere Stadt mit dem Schimmer idealer Vollkommenheit
umweben zu wollen, dürfen wir doch hoffen,
dass die Antwort, welche Sr. Majestät auf diese Frage
aus berufenem Munde zu Theil geworden ist, als eine
befriedigende sich charakterisirte, und daraus zum mindesten
auf den guten Willen der Einigkeit gefolgert
werden kann, wie wir ferner hoffen, dass das grosse
Ziel, welches das Wesen der Maurerei ausmacht, hier
nicht um der Form willen aus dem Auge verloren wird
und dass jede unserer Bauhütten mit Ernst und Eifer
daran arbeitet, wahre Humanität zu verbreiten und von
dem engen Kreise der Loge veredelnd und segenbringend
auch auf das Leben der Aussenwelt einzuwirken. Wie
nothwendig ist doch die Bethätigung solchen Denkens
gerade in der von den materiellen Interessen so mächtig
umwogten Grossstadt, und wie energisch muss bei dem
lauten Rufen im Streit des Friedens edle Frucht gewahrt
werden. Wie bläst sich auch hier die Selbstsucht auf,
um in der Sorge für das theure Ich die Verdienste der
Nebenmenschen zu verkleinern, und wie oft sind die
Triebfedern der sogenannten guten Handlungen--
äussere Vortheile! Es ist eben das Jagen nach dem
goldenen Kalbe, das seit Jahrtausenden Sinn und Herz
des zu Edlerem und Höherem berufenen Menschengeschlechts
in Fesseln geschlagen hat und nur von so
Wenigen in seiner ganzen Verwerflichkeit erkannt wird.
Verfolgen wir doch den Lebensgang des Einen oder Anderen
von der Wiege bis zum Sarge, ist's nicht, um mit
den Worten des Psalmisten zu reden, ein Geschwätz,
ohne Ernst, ohne Inhalt, ohne Wirkung? — 0, dass
wir Maurer darum doch mit ganzer Kraft mit unserem
Pfunde wucherten, dass nicht auch wir von der Erkennt-
niss wahrer Menschenwürde uns entfernten, und weiter
nicht die Kelle zu schwingen, um Maurer zu heissen —
sondern, dass wir in heissem Durste nach dem Quell
der Weisheit unablässig an dem Born ständen, zu schöpfen
und zu trinken, nicht allein für uns, sondern für Alle,
deren Wirkungskreis sie zu uns in engere oder weitere
Beziehungen treten lässt, für alle Menschen, für alle
Brüder! Birgt die Loge in der That das Geheimniss
des Lebens, giebt sie dem Gedrückten und Bekümmerten
Muth und Frieden auf den Weg, hilft sie das Unkraut
aus des Herzens tiefsten Falten beseitigen, dann muss
sie auch eine veredelnde Wirkung üben, dann muss ihr
lichtes Banner das der Hoffnung sein! Gern gestehen
wir Alle, dass Vollendung nicht in uns wohnt, dass nur
Stückwerk unsere Kraft ist, aber ebenso reichen wir uns
auch am Jahresschluss von Neuem die Hand darauf, das
Beste zu wollen und in dem Streben danach gemeinsam
einander zu halten und zu stützen. Wünschen wir, dass
sämmtliche Brr auf dem Erdenrund so denken und auf
diesem Gedanken ihr weiteres Leben aufbauen möchten,
damit nicht nur ein äusseres Band uns verbinde, sondern
die schöpferische Kraft der lebendigen Ueberzeugung.
Nicht Ressource, sondern Loge ist der Name unserer
geweihten Stätte: harmlose Fröhlichkeit sei uns herz-
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/bauhuette1880/0029