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Feuilleton.
Berlin. „Friedr. Wilhelm z. gekr. Gerechtigkeit."
Die Loge, insbesondere aber die Ehrwdst. Gross-L., hat
einen schweren Verlust erlitten. Br Theodor Haar-
brücker, Prof. extraord. an der Kgl. Universität in
Berlin und Director der Victoriaschule, welcher erst
vor wenigen Wochen, am 18. Dec. v. J., sein 25jähriges
Maurer - Jubiläum gefeiert hatte, ist plötzlich, in Folge
eines Schlaganfalles, am 17. d. Mts. in einem Alter von
62 Jahren in d. e. 0. eingegangen. Derselbe bekleidete
die Stelle des 1. Gr-Aufsehers, war zugeordneter OMstr.
des Inneren Orients, Repräsentant der Gr.-L. von England
und Ehrenmitglied der LL. zu Elbing, Hannover,
Görlitz, Osterrode, Danzig, Stettin, Creuzburg, Stade
und Wilhelmshaven. Er war 1818 zu Elbing geboren,
studirte in Königsberg und Halle besonders orientalische
Sprachen, habilitirte sich dann in letzterer Stadt als
Privatdocent, siedelte 1848 nach Berlin über, wurde
später hier als Lehrer an die Luisenstädtische Realschule
berufen und erhielt endlich die Leitung der
Victoriaschule. Gleich ausgezeichnet als Mensch, wegen
seiner Charaktereigenschaften, wie als Gelehrter und
Schulmann, erfreute er sich der allgemeinsten Achtung
seiner Mitbürger und der ungetheilten Liebe seiner Brr,
welche seiner nie vergessen werden.
Bern. Am 28. December, Vormittags 11 Uhr, ist
der s. Ehrw. Alt-Grossmeister der „Alpina", der allverehrte
und gel. Br Carl Tscharn er, Fhrenmitglied der
Loge „Zur Hoffnung" im Or. Bern und Ehrenmitglied
der meisten schweizerischen Bauhütten im Alter von
68 Jahren, seinen langen schweren Leiden erlegen.
Von tiefem Schmerz erfüllt macht die Loge „zur
Hoffnung" dem Ehrw. gel. Grossmeister, dem Directorium
und dem Verwaltungsrath der Grossloge „Alpina", sämmt-
lichen schweizerischen Logen und den Grosslogen des
Auslandes, mit welchen unsere Grossloge in Verbindung
steht, die Anzeige von dem Hinscheiden Desjenigen,
der während einer Reihe von Jahren an der Spitze der
schweizerischen Maurerei gestanden ist, der die Geschicke
derselben mit innigster Liebe und Treue geleitet hat,
der bei Uebernahme der Grossmeisterwürde seine Hauptaufgabe
darin erblickte, die bisher getrennten Brüder
der schweizerischen Freimaurerei zu einem starken wahrhaftigen
Bruderbunde zu einigen und dem es auch gelungen
ist, dieses hohe, edle Ziel zu erreichen.
Der Todesengel kam nicht unerwartet: schon oft
hat er sehr vernehmlich an die Pforte geklopft, schon
oft machten wir uns vertraut mit dem Gedanken, dass
der theure Br uns entrissen werde, aber seine starke
Natur leistete hartnäckigen Widerstand und von mancher
schweren Krankheit erholte er sich wieder zusehends
, ohne leider seine frühere Gesundheit wieder zu
erlangen.
In den letzten Wochen begannen seine Kräfte mehr
und mehr abzunehmen, sein starker, heller Geist vermochte
ihn noch lange aufrecht zu erhalten, bis auch
hier die Gesetze der Natur ihren unaufhaltsamen, unerbittlichen
Gang verfolgten und den treuen Arbeiter und
Kämpfer nach langem, schwerem Todeskampfe in die
Ewigkeit hinübergeleiteten.
Für unsern Br Tscharner, der bis an sein Lebensende
mit stets wachem Interesse alle Angelegenheiten
der „Alpina", seiner zweiten Heimat und Familie,
verfolgte, war der Tod kein Feind, kein Schrecken mehr,
er sehnte ihn herbei und trotz aller Trauer, die uns
erfasst, danken wir dem A. B. d. W., dass er ihn von
seinen schweren Leiden erlösst hat.
Der treue, vielgeliebte Br ruht nun aus; geschlossen
sind die hellen, blauen Augen, weiche stets mit so viel
Liebe den Brüdern begegneten, verstummt ist der Mund,
der so manches begeisterte Wort gesprochen, der mit
ungewöhnlicher Beredtsamkeit dem Bruderkreise die
Gebote der Liebe, der Toleranz und der Humanität
lehrte.
Sein Geist aber möge noch in uns allen fortleben
und fortwirken so lange die „Alpina" besteht, zu deren
besten und hervorragendsten Gliedern er gehört hat.
Wir hoffen unseren Lesern in einer spätem Nummer
ein getreues Lebensbild des sei. verstorbenen Br geben
zu können. (Alpina.)
Hamburg. Am 21. Januar beging die Loge „Zur
Brudertreue an der Elbe", hierselbt das fünfzigjährige
Maurerjubiläum ihres Mitstifters, des Brs Volkmann, verbunden
mit der Aufnahme eines Suchenden. Geleitet wurde
die Arbeit von dem Mstr. v. St. Br. Hoffmann, der am
19. Juni sein fünzigjähriges Maurerjubiläum begeht.
Br Hoffmann zeichnet sich aus durch Rüstigkeit und
Geistesfrische und gewinnt die Verehrung aller Mitglieder
der seiner Leitimg anvertrauten Loge. Die Zahl der
Stifter der Loge „Zur Brudertreue a. d. Elbe", ist auf
drei Brüder zusammengeschmolzen; noch leben die Brr
Dr. Detmer, Conn und der genannte Br Volkmann.
Mögen diese Brr noch lange dem Bunde erhalten bleiben.
Leipzig, den 24. Januar. Während die Loge
„Lessing zu den 3 Ringen" in Greiz, das diesjährige
Stiftungsfest in solenner Weise feiert und das Andenken
Lessings pietätvoll begehet, hat der kleine Kreis der
„Masonia" wie im vorigen Jahr auch am 22. Januar c.
eine bescheidene Lessingfeier veranstaltet. Nach Eröffnung
der Sitzung sprach Br E. Ap. Meisner einen
schwungvollen Prolog, worin er die edle Gesinnung, die
wahre Hingabe für Wahrheit und Recht des grossen
Meisters hervorhob. BrH. Bodeck zeichnete in frischen
Farben wie Lessing für die Humanitätsbestrebungen
erglüht war, wie er sein ganzes Leben, all' seine geistigen
Kräfte für die edelsten Güter der Menschheit einsetzte,
und gelangt zu der Frage: Warum hat Lessing so selten
die Logen besucht? — Warum ist er auf der ersten
Stufe der K. K. stehen geblieben? —
Redner beantwortet die Frage, an der Hand der
Geschichte, und ziehet die damalige Zeit, die Umgebung
Lessings zu Rathe.
Gerade zu dieser Zeit haben die Verirrungen und
Verwirrungen in den Freimaurer-Systemen sich geltend
zu machen gesucht. Jede Partei kämpfte und wollte
allein Siegerin bleiben. — Von der einen Seite wollten
Weishaupt, v. Knigge, durch verlockende Vorspieglungen
zur Fahne der Illuminaten führen. Von der
andern Seite haben die Franzosen den Rosenkreutzer-
orden nach Deutschland transportirt, und rasch viele
Herzen erobert. Wieder von anderer Seite hat die
Verbreitung des schwedischen Systems, durch Zinnendorf,
abschreckend auf die Gemüther eingewirkt. —
Zufälligerweise ist Lessing in eine Loge eingetreten^
die nach Zinnendorfs System arbeitete und wo er das
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