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leitet, dessen Handlungsweise nur Liebe und das Streben
nach Höherem kennt, welcher seinen Mitmenschen
von dieser edlen Empfindung aus Begeisterung für dies
herrliche Gefühl etwas einimpfen möchte. Im Menschen
wird der Sinn für das Schöne, für das Edle geweckt,
damit auch er in diesen Schönheiten prange, woran
das Herz eines edlen Menschen seine Freude hat.
Alles, was sich durch schöne Formen, besondere
Güte und seltene Tugenden auszeichnet, nennen wir
„edel", und dieses Wort edel ist doch nur die ausgesprochene
Vollendung der Veredelung. Gleichviel nun,
in welchen Formen wir dies zu bewundern haben, so
gehören bei jedem Objekte, welches veredelt werden
soll, gewisse Vorbedingungen, welche unerlässlich sind,
soll die Veredelung ihre guten Früchte tragen; man
würde es als Thorheit bezeichnen können, wollte man
sich dennoch einer solchen Mühe unterwerfen.
Der Mensch, sowohl im Einzelnen als in Körperschaften
, strebt nach Veredlung durch Sittlichkeit, dem
Sinne nach Schönheit und dem Sinne nach edlen Tugenden
; um aber ein Verständniss für die Veredlung
zu besitzen, muss er zur Vorbedingung eine erfolgreiche
Erziehung genossen haben. Denn gleich wie es mit
der Pflanze, dem Baume und dem Strauche der Fall
ist, dass er längere Zeit bedarf, bis man die Eeife zu
seiner Veredlung erkennt — ist ein gleiches Verhält-
niss mit dem Menschen anzunehmen; denn auch der
Mensch kann nicht mit Erfolg auf den Weg des
„Edeln" geleitet werden, nicht für den Sinn des
Schönen und des Guten gewonnen werden, ohne dass
die erforderliche Vorbedingung bei ihm zum Austrag
gekommen ist.
Wenngleich wir als das unbehülfiichste Geschöpf
der Erde in die Welt gesetzt werden, so sind wir von
der Natur aus im Verhältniss zu anderen Geschöpfen
mit Vorzügen begabt, welche uns bald erhaben über
alle anderen Wesen erscheinen lassen. Wir erhalten
die Sprache und es entwickelt sich der Verstand; sind
nun diese beiden Faktoren erst so weit gediehen, dass
dieselben mit Vortheil verwendet werden können, so
erhalten wir eine Erziehung, welche uns von allen
rauhen Seiten fern halten und uns nur gute Eigenschaften
beilegen soll.
Der Mensch wird durch absichtliche Einwirkung
Anderer vervollkommt und seinen Bestimmungen entgegengeführt
; dabei ist nicht ausser Acht zu lassen,
dass Ursache und Wirkung, Absicht und Erfolg bei
der Erziehung weit auseinander liegen. Doch können
wir annehmen, dass eine gute Erziehung einen guten
Erfolg, hingegen eine schlechte oder mangelhafte Erziehung
einen geringen oder auch schlechten Erfolg
aufzuweisen hat, dass aber des Menschen künftige Ent-
wickelung sich nach der Art der Erziehung berechnen
lässt, welche er in der Jugend empfangen hat.
Wenn uns nun auch das tägliche Leben Fälle vorführt
, die diesen Ansichten widersprechen, so sind dies
eben nur Ausnahmen; immerhin liegt hierin die Vorbedingung
, welche erforderlich ist, wollen wir uns selbst
veredeln, oder der Maassstab zur Erkenntniss, ob wir
reif genug sind, sollen wir durch den Umgang und den
Einfluss Anderer veredelt werden.
Die Erziehung erscheint aber in allen ihren Anordnungen
und Geboten als eine Macht nur für bestimmte
Ziele und in der Form von Liebessorgen. Die
mütterliche Fürsorge beginnt mit dem Erwachen des
Lebens, aber die Erziehung beginnt erst dann, wenn
sich die ersten Anfänge des eigenen Wollens zeigen, sie
hört aber dann auf, wenn das zu einem bestimmten
Grad erwachte Selbstgefühl und Selbstbewusstsein gegen
alle Einflüsse, welche nicht dem eigenen Innern entstammen
, sich gleichgültig verhält.
Sobald nun der Mensch erst in dieses Stadium des
Selbstdenkens, des eigenen freien Handelns getreten ist,
nähert er sich in erster Linie irgend einem Ideal, meistens
auch seiner eigenen Gesinnung entspringend, nur
mit dem Unterschied der Verschiedenheit, ob diese Annäherung
vorzugsweise an logische, an ästhetische oder
sittliche Ideale, also zur Wahrheit, Schönheit oder Tugend
sich hinneigt.
Unter allen Umständen wird ihm dies zu einem
Ideale, was ihm, von seinem Standpunkte aus betrachtet
, als wahr, schön und gut erscheint und in
dieser Hinsicht wird durch die Entwickelung der Gedanken
, der aus ihm selbst hervorgegangene Entschluss
zur Handlung, und hiermit ist seine Vorbedingung erfüllt
, resp. vollzogen.
Gelingt es ferner dem Menschen, auf der einen
Seite durch unegoistisches Interesse, durch Entwil-
derung, durch Pflanzung einer Hingabe für das Würdige
, für Veredlung des Gemüths, sowie sittlicher Veredlung
zu wirken, und auf der andern Seite, mittelst
der Anschauung desjenigen, was lieblich und wohl
lautet, eine aus eigener Ueberzeugung hervorgegangene
und erstarkte innere Beobachtung und Selbsregierung,
sowie Selbstbeurtheilung in das Leben zu rufen, dann
hat seine Veredelung dem für die beschränkte menschliche
Kraft überhaupt erreichbaren Ziele sich genähert.
Bericht über die erste zehnjährige Thätigkeit der
Johannis-Crrossloge von Ungarn.
Mein Amt bringt es mit sich, dass die in dem
Archive der Grossloge angesammelten Schriften sich
unter meiner Hand leichter zu statistischem und geschichtlichem
Material gestalten, und so ist es geschehen
, dass aus Anlass des zehnjährigen Stiftungsfestes
der Johannis - Grossloge von Ungarn mit der
Aufzählung des geschichtlichen Verlaufes dieser Periode
ich betraut worden bin. Es kann natürlich nur die
Aufgabe späterer Zeiten, oder aber von dem Schauplatze
der Handlung fernstehender Individuen sein,
darüber ein Urtheil zu fällen, ob die Geschehnisse günstige
oder ungünstige Eesultate ergeben. Meine Aufgabe
kann nur sein, die Facta zu gruppiren und für
deren consequentes Aufeinanderfolgen Sorge zu tragen.
In dieser Beziehung steht das Material nicht in
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