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wiederum, dass er im Laufe weniger Jahre zum korre-
spondirenden oder Ehrenmitgliede unzähliger Vereine
ernannt und mit Auszeichnungen aller Art fast überhäuft
wurde. Ganz besonders wurde aber seine vielseitige
Thätigkeit im Gewerbewesen und in der Landwirtschaft
Württembergs seitens des damals regierenden
Königs Wilhelm gewürdigt; verschiedene Ordensverleihungen
sind hiervon schlagende Beweise. Nicht
minder thätig war er als Mitbegründer und langjähriger
Vorstand des württembergischen Thierschutzvereins und
als Herausgeber der „Mittheilungen" desselben. Als
Mitglied des statistischen Bureaux hatte er die Aufgabe,
die Meteorologie, diese Erfahrungswissenschaft, zu bearbeiten
. Anerkannt wurden alle diese Leistungen abermals
dadurch, dass er den Titel und Rang eines Oberstudienraths
erhielt.
Nach dem Ableben Sr. Majestät des Königs Wilhelm
wurde v. Plieninger 1862, Secretär Ihrer Maj.
der Königin Mutter, welch hohes Vertrauen er bis zu
deren Tode zu würdigen wusste. So war von Plieninger
nach den verschiedenartigsten Richtungen bis in sein
hohes Alter thätig.
Betrachten wir ihn nun noch als Mr. Seine Verbindung
mit Herzog Paul von Württemberg, ausgezeichnet
durch umfangreiches Wirken auf dem Gebiete
der Naturkunde, war der Anlass zu seiner Einführung
in Mrkreise. Am 3. Mai 1845, als Fünfziger,
trat v. P. in die Loge „zu den drei Cedern" im Orient
Stuttgart ein. Aufgenommen von dem damaligen Stmr.
Br v. Kölle, wurden bald seine hervorragenden Fähig*-
keiten erkannt. Binnen Jahresfrist in den 2. und 3.
Grad befördert, versah er schon 1846 das Amt des
Secretärs, und als 1848 Br v. Kölle starb, vertrauten
ihm die Brr der Loge den ersten Hammer an, den er
ununterbrochen bis zum Jahre 1864 führte. Während
dieser langen Reihe von Jahren leistete er zum Gedeihen
der Cederloge und der Mrei überhaupt nur Ausgezeichnetes
, dess sind neben anderem Zeuge seine zahlreichen
Zeichnungen, die theilweise als Manuscript in der Logenbibliothek
aufbewahrt, theilweise aber in der „Asträa",
der „Bauhütte" und „Freimaurerzeitung" veröffentlicht
worden sind. Aus all' diesen Zeichnungen, wenn auch
manchmal nicht so leicht verständlich, spricht ein
wohlthuender Geist, ein scharfer Verstand, eine tiefe
Gelehrsamkeit und eine reiche Erfahrung auf maurerischem
Gebiete. Wiederum kein Wunder, dass ihn die Grossloge
in Hamburg zu ihrem Ehrenmitgliede ernannte,
und dass alle fünf Logen Württembergs es sich zur
Ehre anrechneten, ihn zu den Ihrigen zu zählen dadurch,
dass ihn jede derselben zum Ehrenmitglied erwählte.
Vergessen dürfen wir hierbei nicht, dass unter seiner
Hammerfuhrung die beiden Logen in Heilbronn und Hall
ins Leben traten, und dass er es war, der beide im
Auftrage seiner Grossloge installirte. In der That —
die Wirksamkeit dieses Brs gestaltete sich zu einer
ebenso umfang- als segensreichen. Schade, dass ihnein
ganz unverfängliches Ansinnen der Brr der Cedernloge
veranlasste, im Jahr 1864 nicht bloss den ersten Hammer
nieder zu legen, sondern sogar aus der Loge zu scheiden!
Jenes Ansinnen ging nämlich dahin, dem gel. M. v. St.
zu dessen Erleichterung einen Deputirtenmeister an die
Seite zu stellen. Trotz aller brüderlichen Vorführungen
konnte man den Br v. Plieninger nicht von seiner Ansicht
, es sei dies Ansinnen ein Misstrauensvotum, abbringen
. So trat er zum Bedauern aller Br der Cedernloge
von seinem Amte ab und aus der Loge aus. Trotzdem
konnte er der ihm liebgewordenen Sache der Mrei
nicht untreu werden, er musste ihr auch ferner dienen.
Und das geschah zunächst dadurch, dass er die Loge
„Wilh. zur aufgeh. Sonne" fleissig besuchte und ganz besonders
einen Winter hindurch besondere Vorträge über
den Bau des Weltalls hielt, die er „mit willigem Herzen
in näherer Zusammenstellung" und ,um „den Gang der
Darstellung in Leetüre wiederholen zu können" in
einem Sehriftchen veröffentlichte, das unter dem Titel
„Metabiosis." Dämmerungslichter des ewigen Tages
im Gesichtskreis der empirischen Forschung. Zur Abwehr
materialistischer Kreisbewegung unserer Tage.
Stuttgart, A. Oetinger. 1866." sicherlich noch in den
Händen vieler Br sich findet. Aber noch auf andere
Weise wusste er seine mr. Kenntnisse und sein tiefes.
Wissen zu verrathen. In dem in der Loge „Wilh." seit
langen Jahren bestehenden und alle 14 Tage stattfindenden
Schwesterkränzchen hielt der liebenswürdige
Junggeselle ebenfalls passende Vorträge und wusste
die Schwestern nicht bloss zu unterhalten, sondern sie
auch auf verschiedenen Gebieten menschlichen Wissens
zu fördern. Dürfen wir uns desshalb wundern, dass
der hochbegabte Br endlich wieder in die Cedernloge
als Mitglied eintrat? Wer so vom Maurergeiste durchdrungen
ist, wie Br v. Plieninger, der kann seiner
eigenen Werkstätte nicht für immer den Rücken kehren.
Und so kam der Langentbehrte vor etwa drei Jahren
wieder zu seinen Brr, die ihn als „Ehrenmeister" freudig
in ihren Kreis einreihten. Leider war es aber dem
also Geehrten wegen seiner körperlichen Gebrechlichkeit
nicht mehr möglich, auch nur eine Logenarbeit besuchen
zu können; allein diejenigen Brr, welche von Zeit zu
Zeit bei ihrem Ehrenmeister Besuche machten, rühmen
heute noch das ungetheilte Interesse desselben für die
Mrei und seine ungeschwächte Geistesfrische, die sich
in der lebhaften Unterhaltung bewährte.
In stiller Abgeschiedenheit, ja fast vereinsamt, verlebte
Br v. Plieninger seine letzten Lebenstage. Am
26. April 1879 entschlief er, 83 Jahre alt, an Altersschwäche
. Die Br der Cedernloge erhielten die Nachricht
von seinem Ableben gerade noch so zeitig, dass
sie auf seinem Grabe einen Lorbeerkranz niederlegen
konnten. Und das Gedächtniss des Heimgegangenen
wird bei allen Brn ein gesegnetes bleiben.
Auch wir, m. Br, werden das Andenken an den
Geschiedenen stets in Ehren halten. Hat er uns doch
als Ehrenmitglied lange Jahre angehört! Hat er doch
in früheren Tagen gar oft an unseren Arbeiten thätig
theilgenommen! Und wenn wir uns sein Bild eben
jetzt vergegenwärtigt haben, so drängt es mich, noch
einen hervorragenden Charakterzug des Verblichenen
ganz besonders hervorzuheben und das ist seine Selbst-
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