http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/bauhuette1880/0109
102
zu wollen, lediglich aus Eitelkeit, Verblendung und
Kurzsichtigkeit, die da fürchten, das feine Tuch ihres
Rockes würde durch Berührung des groben Arbeiterkittels
beschmutzt. — Diese Mr glauben eine Loge exi-
stire lediglich nur für sie und zu ihrem Vergnügen. Aber
für solche Bit ist auch Mrei nichts, als ein äusserer
Prunk, den sie sich wohl beeilen, wenn immer nur möglich
gern öffentlich zu zeigen und damit zu paradiren,
aber sonst hat Mrei keinen Zweck für dieselben.
(Schluss folgt.)
Feuilleton.
Stralsund im März 1880. Aus der L. „Sundia
zur Wahrheit". Am 27. Febr. fand die Einweihung des
neuerbauten Gebäudes der Loge S. z. W. statt. Die
ehrw. Grossloge von Preussen gen. Boyal York z. Fr.
hatte zur Lichteinbringung deputirt die sehr ehrwürd..
Brr Bouche, Wagner (Repräsentant der Loge S. z. W.)
und Fickert. Fast ohne Ausnahme hatten sich die Bit
der Sundia eingefunden, glücklich darüber, dass die
schwere Zeit der Prüfung und Entbehrung ihr Ende gefunden
. Auch andere Festgenossen waren, der Einladung
folgend, herbeigeeilt : Deputationen und Mitglieder
der Johannislogen aus den Orienten Stettin, Greifswald,
Puttbus, Anklam und — Stralsund. (Gustav Adolf „zu
den 3 St."). Die Lichteinbringung geschah nach dem
in der Gross-Loge R. Y. z. Fr. üblichen Rituale durch
die 3 Grossbeamten in würdigster Weise. Hierauf übernahm
der Mstr. v. St. der L. S. z. W., Br v. Haselberg,
den Hammer und dankte zunächst allen denen, die dazu
beigetragen, dass in der kurzen Frist von 9 Monaten
das Haus mit seiner ganzen Einrichtung geschaffen
wurde; der Gr.-L. v. Pr. gen. R. Y. z. Fr., die ihr Interesse
für diese Werkstätte so wirksam an den Tag
gelegt hat, den Baumeistern, die das Haus gebaut, den
verschiedenen Commissionen, die mit so grossem Fleisse
berathen und gesorgt und geschafft haben, und allen
Brüdern, die sich zu Opfern haben bereit finden lassen.
Nachdem derselbe noch den Anwesenden den Dank der
Gr.-Loge v. Pr. R. Y. z. Fr. und allen Deputationen von
befreundeten Logen für ihr Erscheinen den Dank der
Loge S. z. W. dargebracht, entwickelte er in kurzen
Zügen, dass die Gründung dieser Loge und die Erbauung
eines eigenen Hauses nöthig gewesen sei, damit
der maurerische Friede hierorts erreicht werde. Schon
vor 50 Jahren, so führte er aus, seien die ersten Keime
zur Unzufriedenheit in der Ueberzeugung der Brüder
entstanden; diese seien, wenn auch oft durch energische
Massnahmen unterdrückt, immer wieder von neuem aufgetaucht
und stets gewachsen. So sei endlich ein Standpunkt
gekommen, der durch eine energische Cur hätte
beseitigt werden müssen. Und darum sei die Loge S.
z. W. entstanden, damit es Friede werde in den Mrer-
herzen. Wir Deutsche fühlten uns aber nur glücklich,
wenn wir nach des Tages Last und Mühen eine ge-
müthliche Häuslichkeit fänden, in der wir schalten und
walten, aber auch gebieten könnten; und desshalb sei
diese eigene Werkstatt erbaut, damit der Friede voll
und ungestört hier einziehe und fortan ungetrübt herrsche.
Unter dieser Devise des Friedens seien die Mitglieder
der Loge S. z. W. eingezogen in ihr Haus, und fortan
sollten des Friedens Werke hier walten.
Er sprach die Hoffnung aus, dass, wenn der Verkehr
der Br in dem wahrhaften Geiste stattfände, dann
auch die wahre Mrerfreude in die Herzen einziehen
würde. Friede und Freude bilden in Verbindung mit
der Einigkeit eine schöne Trias, und desshalb rief der
Vorsitzende Mstr. allen Bin das Wort: „Seid einig!" zu.
Er schloss seine tief zu Herzen gehende Ansprache
mit den Worten: „Im Geiste des Friedens, der Freude
und der Einigkeit begrüsse ich Sie alle; möge der
heutige Tag dazu beitragen, uns alle einander nahe
und uns alle einen Schritt weiter zu führen auf unserer
Mrerbahn!
Es folgten nunmehr Begrüssungen seitens der Gäste.
Der ehrw. Br Bouche" versicherte mit warmen Worten
die Loge S. z. W. der herzlichsten Liebe der Grossloge;
der ehrw. Br Fillier (Stettin, 3 g. Anker z. L. u. Tr.)
recapitulirte noch einmal die Vorgänge, welche den
Uebertritt seiner Bauhütte zu dem System Royal-York
und die Gründung der Loge S. z. W. bewirkt, der hochw.
Br Brauer (Puttbus, Rugia z. H.), der hochw. Br Rohde
(Greifswald, Carl z. d. 3 Gr.) und der hochw. Br Koehler
(Gust. Ad. z. d. 3 St.) beglückwünschten die Loge.
„Vergeben und vergessen", das war der Grundton, den
der hochw. Br Koehler anschlug; es verdient rühmend
hervorgehoben zu werden, dass die Loge G. Ad. gerade
diesen Br, der zu den Zeiten des Conflicts hierorts nicht
gewohnt hatte, als Deputirten gesandt hatte, da derselbe
seiner milden, wahrhaft mr Gesinnung wegen sich der
allgemeinsten Beliebtheit erfreut. Endlich sprach (last
nos least) der ehrw. Br Schiffmann-Stettin. In der ihm
eigenen, sowohl Geist wie Gemüth im höchsten Grade
anregenden Weise sprach er, durchaus objectiv sich verhaltend
, über die Gegensätze, die sich in der Mrei herausgestellt
, und wies daraus nach, dass es nicht blos
zweckmässig, sondern auch geradezu nothwendig sei,
dass die Anhänger der verschiedenen Standpunkte sich
schieden, damit der Friede bewahrt werden könne, und
knüpfte daran seine Wünsche und Mahnungen, energisch
zu arbeiten.
Den Beschluss der Festarbeit machte die Festrede
des Redners der Loge, Br Falkenberg. „Es ist erreicht
!" so begann er; der Freude, dem Stolze und der
Genugthuung über das Errungene lieh er begeisterte
WTorte; sodann wies er nach, dass auch in unserer Zeit
die Frmrei eine sehr hohe Bedeutung habe; die Loge
würde ihrer Aufgabe gerecht werden, wenn ihre Hallen
dem Ernste des Lebens geweiht und der Freundschaft
geöffnet würden; daran knüpfte er die Verlesung eines
Gedichtes, mit dem die Schwester des Vorsitzenden
Mstrs. die Loge erfreut hatte, und schloss mit folgenden
Worten: „Und nun, Flamme, die wir heute entzündet,
lasse deine Strahlen erglänzen weithin in die Lande,
weit über das Meer! Sei den Brüdern dieser Loge,
wenn Dunkelheit sie droht zu umhüllen, ein hell blinkender
Leitstern! Lasse sie nie den rechten Weg verfehlen
und erwärme ihre Herzen, dass sie nimmer kalt
und lieblos werden!"
An die Festarbeit schloss sich in gleich würdiger
und erhebender Weise die Tafelloge. Von den ausgebrachten
Toasten möchte ich besonders 3 hervorheben:
In äusserst schwungvollen Versen sprach der 2. Aufseher
, Br Mallhusen, den Dank der Baumeister aus, indem
er zeigte, wie sie wohl die äusseren Formen in
schöner Weise hätten gestalten können, wie es aber
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/bauhuette1880/0109