Universitätsbibliothek Freiburg i. Br., F 764,n - 23.1880
Die Bauhütte: Zeitung für Freimaurer
Leipzig, 1880
Seite: 114
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Schriften bekundet, das zweite Postulat derFrmrei, die
Schönheit, keineswegs, so excellirte darin sein nicht
minder berühmter älterer Bruder Wilhelm v. Humboldt,
wohl der bedeutendste und geistreichste Staatsmann
und Sprachforscher des vorigen Jahrhunderts, von dem
wir ausser den zahlreichen Schriften über vergleichende
Sprachforschung und politische Ideen eine Reihe von
ästhetischen Versuchen, seinen berühmten Briefwechsel
mit Schiller und seine reizenden Briefe an eine Freundin
besitzen, die, sowohl was Schönheit der Form als geistige
Schönheit der Gesinnung betrifft, wohl ewig mustergiltig
und einzig dastehen werden.

Dass Männer solcher Art, beliebt und intim an
einem Hofe, der die Frmrei begünstigte und selbst betrieb
, und umgeben von zahlreichen social und geistig
hervorragenden Mitgliedern des Bundes, diesem dennoch
nicht beitraten, kann kein Zufall sein und ich suche
den Grund davon in dem Umstände, dass die Brüder
Humboldt eben bei ihrer, aus der Umgebung, in der sie
lebten, geschöpften genauen Kenntniss der Umstände,
frühzeitig auf den klaffenden Spalt aufmerksam geworden
sind, den zu constatiren und in klare Worte zu fassen
das Verdienst des grossen Ign. Fessler ist: den Zwiespalt
und wesentlichen Unterschied zwischen Frmrei
einerseits und Logenbrüderschaft andererseits. Diese
beiden verhalten sich zu einander wie Ideal und Wirklichkeit
, wie das Anzustrebende und das Erreichte.

Während es gewiss ist, dass Männer von der hervorragenden
Geistes- und Herzensbildung der Brüder Humboldt
für die Frmrei, d. h. für alles allgemein-humanitäre
ideale Streben sich begeisterten, so ist es andererseits
mehr als wahrscheinlich, dass ein Einblick in die Erfolge
des Logenthums ihnen die Unzulänglichkeit desselben
zeigte und sie, denen es ja durch hervorragende
sociale und wissenschaftliche Stellung gegönnt war,
selbstständig in frmrischem Sinne zu wirken, sich nicht
berufen fühlten, sich dem Frmrbunde d. h. dem unvollkommenen
Streben nach der Frmrei anzuschliessen, da
sie besser und mehr zu wirken in der Lage waren, ohne
die beengende Fessel der Formalien und der Logen-
Disciplin.

Es soll damit meinerseits gewiss nicht die Ansicht
geäussert werden, dass die Frmrbrüderschaft oder das
Logenthum überhaupt zu verwerfen sei. Es ist stets
und überall der Fall, dass das Streben und das Ideal
sich nicht decken, und wollte man nichts thun und
treiben, was nicht allen höchsten Ansprüchen zu entsprechen
vermag, so würde von irdischen Händen überhaupt
wenig geschehen. Viele Geister wie die Humboldts
, die einen so hohen Massstab zu fordern die innere
Berechtigung haben, giebt es ja nicht und wir, die minorem
gentium müssen uns wohl mit dem Streben nach
dem Ideale begnügen, auch wenn wir in der Ausführung
weit hinter demselben zurückbleiben. Aber das Eine
dürfen auch wir untergeordnete Geister fordern und
festhalten, dass wir wenigstens nach dem Ideale streben
sollen, dass wir auf unserem Wege das wenn auch unerreichbare
Ziel stets im Auge behalten, dass wir uns
stets in der Richtung nach demselben hin bewegen und

uns nie auch mit einem Schritte in eine davon abweichende
oder gar von dort hinweg führende Richtung
drängen lassen.

Wenn wir von diesem Gesichtspunkte aus die Thä-
tigkeit der Logen im Allgemeinen betrachten, so bieten
sich der Gefahren und Versuchungen gar viele, denen
mehr oder weniger viele unserer Bauhütten unterliegen.

Die Frmrei ist ein Menschheitsbund, dessen Aufgabe
es ist, die allgemeine Solidarität des menschlichen
Stammes uns ins Bewusstsein zu rufen, wie Lessing
sie definirt, die Trennungen religiöser und socialer Art,
die die Menschen einander fremd machen, wieder zusammenzuziehen
und Alles, was man gemeiniglich gute Thaten
nennt, entbehrlich zu machen. Wer wollte es leugnen,
dass als Erziehungs-Mittel zu diesem grossen Zwecke,
Uebung der Wohlthaten, und Pflege schöner edler Geselligkeit
vorzüglich sind, nur darf nicht, wie dies vielfach
geschieht, das Mittel zum Zwecke werden und
enaturiren.

Mir ist es im Ernst und Falk Lessings, der erhabensten
Definition der Frmrei, stets bewunderungswürdig
erschienen, wie Falk die Behauptung Emsts
zurückweist, die Frmr hätten die Findel-Anstalt oder
das Philantropin unterstützt; es werden dies wohl Frmr
gethan haben, aber nicht die Frmr meint er, es werden
dies wohl Frmr gethan haben, aber nicht als Frmr,
sondern ad extra. Wie nimmt sich gegen diese Ansicht
der Zustand aus, der aus einem grossen Theile der
Frmrei, beispielsweise der englischen und gewiss auch
einem Theile der einheimischen, vorwiegend oder fast
ausschliesslich Wohlthätigkeits - Anstalten macht, und
noch dazu recht schlecht verwaltete verschwenderische,
da ja unverhältnissmässig hohe Beträge auf das Innenleben
der Loge für Miethe, Abzeichen und Ritualerfor-
derniss verbraucht werden, die nicht zu rechtfertigen
wären, wenn die Frmrei wirklich ein Wohlthätigkeits-
Institut sein soll.

Wie hier, so auch im Punkte der Geselligkeit wird
das Mittel vielfach zum Zwecke, und artet ein grosser
Theil der Frmrei, beispielsweise in Deutschland und gewiss
auch hier zu Lande, in eine kameradschaftliche
Kneipe, in eine Liedertafel aus, in der aus der ursprünglich
zu Erziehungszwecken beabsichtigten edlen Geselligkeit
bald nur die breite behagliche Gemüthlichkeit übrig
bleibt, und von der man mit Recht behaupten kann:
„Zum Teufel ist der Spiritus, das Phlegma ist geblieben!"

Wenn es ferner ein Postulat der Frmrei ist, dass
die linke Hand nicht wisse, was die rechte thue, damit
unsere Wohlthaten uns lehren, diese nur der inneren
Befriedigung wegen zu thun, ohne nach Anerkennung
zu geizen, so will es mich sonderbar anmuthen, wie dies
Princip vielfach mit Füssen getreten wird, um durch
unsere Wohlthaten und socialen Gründungen den Namen
der „Frmrei,, zu heben und derselben im Aussenleben
Ansehen zu verschaffen.

Dabei, meint man, sei jede persönliche Eitelkeit,
jede Ruhmsucht ausgeschlossen. Weit gefehlt, meine
Brr, dahinter lauert der Gedanke, den Namen des Bundes
zu verherrlichen, um sich dann recht in die Brust werfen


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