Universitätsbibliothek Freiburg i. Br., F 764,n - 23.1880
Die Bauhütte: Zeitung für Freimaurer
Leipzig, 1880
Seite: 116
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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/bauhuette1880/0123
116

Einigkeit sich erworben hat, das haben wir bereits
in unserer vorjährigen Festrede zu würdigen versucht
und dabei zugleich die Hoffnung ausgesprochen, zur Erzielung
völliger Einigung der deutschen Frmrei
unter seinem mächtigen Protectorate auch noch den
letzten erforderlichen Schritt glücklich gethan zu sehn.
Was ist daher heute, nach Jahresfrist, wohl natürlicher
als zu fragen, ob wir der Erfüllung jener Hoffnung inzwischen
wirklich näher gekommen sind.

Leider müssen wir eingestehn, dass uns jene, damals
ihrer Erfüllung so nahgerückte Hoffnung gar sehr
getrübt worden ist. Schon waren die im Auftrage des
Grossmeistertages zu Dresden 1869 von Br Paul zusammengestellten
sieben Fundamentalsätze der Frmrei
in unser neues, am Johannisfest 1878 eingeführtes Con-
stitutionsbuch aufgenommen worden in der Erwartung,
dass alle übrigen deutschen Grosslogen jene in ihrem
Auftrage aus den alten Pflichten zusammengestellten
Grundsätze gleichsam als den Grundstein der angestrebten
Einigung anerkennen und zu den ihrigen machen
würden ; schon war 1878 in Hamburg auf dem inzwischen
vereinbarten Grosslogentage der von Br Herr ig,
Grossmeister der Loge Roy. York, ausgearbeitete Entwurf
einer vereinigten deutschen Nationalgross-
loge einer Fünfer-Commission,1; bestehend aus den Brr
Bluntschli, Braband, Eckstein, Herrig und
Alexis Schmidt zur Prüfung übergeben worden; schon
war der im einstimmigen Auftrage dieser Commission
von Br Bluntschli umgearbeitete Entwurf an sämnlt-
liche Grosslogen versendet worden: als plötzlich ein
Schreiben von Br Alexis Schmidt wie ein tödtlicher
Frühlings-Nachtfrost unsere so schönen Hoffnungsblüthen
streifte. Und doch waren unsere Hoffnungen bereits
bescheiden genug herabgestimmt. Denn schon in den
ersten Sitzungen jener Fünfer-Commission hatte sich die
Unausführbarkeit einer vollständigen Einigung zu einer
deutschen Nationalgrossloge deutlich genug herausgestellt,
weil die einzelnen bestehenden Grosslogen schlechterdings
nicht gewillt waren, ihre Systeme und ihre persönliche
Selbstleitung aufzugeben, oder auch nur wesentlich
zu beschränken, so dass man sich genöthigt sah, zu dem
föderativen Princip überzugehen, welches den Fortbestand
aller acht Grosslogen mit ihren Systemen und
ihrer persönlichen Selbstherrlichkeit anerkennt und sich
darauf beschränkt, statt eines jährlichen wechselnden
ein ständiges Bundesorgan zu schaffen, das für gemeinsame
Vertretung nach Aussen sorgt und im Innern
eine geistige Anregung zu gemeinsamer That in harmonischer
Eichtung ermöglicht.

Aber auch diese so bescheidene Hoffnung wurde
durch das vorhin erwähnte Protestschreiben gestört.
Allerdings hatte der mit der Redaction des Statutenentwurfs
beauftragte Br Bluntschli denselben nebst
dem von ihm erstatteten Commissionsberichte aus Mangel
an Zeit nicht nochmals der Commission vorlegen können,
jedoch nach bestem Wissen und Gewissen nichts in
denselben aufgenommen, was nicht in der Commission
ohne Anstoss zu erregen, besprochen worden war. Dem-
ungeachtet glaubte Br Alexis Schmidt, als Mitglied

der Fünfer-Commission, gegen einen Passus des Berichts
ausdrücklich sich erklären zu müssen, „der in directem
Widerspruche mit dem Geiste brüderlicher Verständigung
stehe, und welcher die zweitgrösste Grossloge von
Deutschland stigmatisire und bedrohe". Offenbar war
unter diesem Passus folgende Stelle des Berichts gemeint
: „Es wird zur Klärung der Begriffe und zur
Beruhigung dienen, wenn die beiden wichtigsten Gegensätze
innerhalb des deutschen Logenbundes offen erwähnt
werden. Unter allen deutschen Grosslogen besteht im
Wesentlichen volle Uebereinstimmung über die drei
Grade der St Johannislogen. Dagegen legen einige
Grosslogen noch einen Werth auf die bei ihnen üblichen
Hochgrade, in denen sie eine Vertiefung und Vervollkommnung
der Frmrei finden. Im Gegentheil erkennen
andere deutsche Grosslogen keinerlei Hochgrade an und
halten dieselbe für eine Verirrung und eine Gefahr, die
besser vermieden werde. Soll daher ein aufrichtiger
und freiwilliger Bund zu Stande kommen, so kann sich
dieser nur auf die drei Johannisgrade beschränken und
muss die Hochgrade als eine ausserhalb des Bundes
liegende Erscheinung betrachten. Die Grosslogen mit
Hochgraden müssen sicher davor sein, dass der Bund
nicht durch Mehrheitsbeschlüsse ihre Hochgrade untersage
, und die Grosslogen ohne Hochgrade müssten davor
gesichert bleiben, dass ihnen nicht die Anerkennung
von Hochgraden aufgenöthigt werde. — Einigermassen
ähnlich verhält es sich mit der Judenfrage. Unzweifelhaft
ist das Princip der Frmrei ein allgemein menschliches
. Der Frmrbund einigt daher Mr der verschiedenen
Rassen, Nationalitäten, Religionen brüderlich.
Dennoch stehen einer consequenten Durchführung des
Princips heute noch, wenigstens bei einer deutschen
Grossloge, der zweitgrössten in Deutschland, Schwierigkeiten
im Wege, welch« nicht durch zwingende Majoritätsbeschlüsse
zu überwinden sind. Das Aufnahmeritual
und überhaupt die Rituale der grossen Landesloge haben
eine so specifisch christliche Färbung, dass Juden,
welche ihrer Religion treu bleiben, zwar als besuchende
Brr, nicht aber als Mitglieder der Loge Zutritt haben.
Die anderen Grosslogen können daher wohl die Hoffnung
hegen, dass die grosse Landesloge mit der Zeit
freiwillig ihre Rituale so weit umbilden werde, als
es nöthig ist, um auch diese confessionelle Schranke zu
beseitigen. Sie können diese Reform ihrerseits der
grossen Landesloge warm empfehlen, aber sie dürfen
nicht Gewalt gegen eine Grossloge üben, welche
mit ihrer bisherigen Verfassung dem Bunde beigetreten
ist. Würde die grosse Landesloge sich der engeren
Verbindung entziehen wollen, dann freilich erhielte auch
der Bund freie Hand und könnte er, wenn dieselbe
später doch wieder ihren Beitritt erklären wollte, überlegen
, unter welchen Bedingungen er denselben gestatte
."

Obgleich nun Br. Bluntschli in seiner vom 5. Mai
1879 datirten Erwiderung auf diesen .»Protest, dem die
grosse Landesloge selbst überall beizupflichten erklärt
hat, die Beschuldigung als eine ungerechte entschieden
zurückwies, dass er die grosse Landesloge durch jenen


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