Universitätsbibliothek Freiburg i. Br., F 764,n - 23.1880
Die Bauhütte: Zeitung für Freimaurer
Leipzig, 1880
Seite: 122
(PDF, 136 MB)
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Form ihn darstellen soll, eine sicherere und festere
Stütze der Sittlichkeit zu finden gesucht, als sie der
erschütterte Glauben der Eeligionsgemeinschaft zu bieten
vermochte. Alle seit der Stiftung des Frmrbundes so
vielfach gemachten Versuche, die Frmref zu verkirchlichen
, haben daher, soweit sie nicht von principiellen
Gegnern des Bundes in böswilliger Absicht ausgingen,
wenigstens auf einer vollständigen Verkennung des
Wesens und des Zwecks der Frmrei beruht. So lange
der geläuterte Glauben einer Religionsgemeinschaft als
Stütze der Sittlichkeit ausreicht, ist die Freimaurerei
nach ihrem innersten Lebensprincip nicht nur überflüssig
, sondern sogar schädlich, da sie neben der erhabenen
Autorität Gottes noch andere Autoritäten als Grund
und Urheber der Sittlichkeit zulässt und daher in der
gläubigen Seele Zweifel an der Allgewalt ihres Gottes
zu erwecken geeignet ist. Erst wenn die Religion als
alleinige Stütze der Sittlichkeit nicht mehr genügt, wenn
der Glauben zu wanken beginnt, kann die Frmrei ihr
segenbringendes, auf allgemeine Ausübung der Sittengesetze
ohne Rücksicht auf den persönlichen Glauben
gerichtetes "Werk beginnen. Daher ist es nicht nur erklärlich
, sondern geradezu selbstverständlich, dass jede
auf dem unerschütterten übereinstimmenden Glauben
ihrer Mitglieder beruhende Kirchengemeinschaft die
Freimaurerei als ihren natürlichen Feind betrachtet und
als solchen verfolgt. Der feste, unerschütterliche Glauben
muss sich für die allein mögliche Stütze der Sittlichkeit
halten. Die Kirche kann keine andere Institution zur
Ausübung der Sittlichkeit neben sich dulden, da auf
ihrer Ausschliesslichkeit und Unfehlbarkeit ihre Existenz
beruht. Wo der Zweifel an der alleinigen Befähigung
der Kirchengemeinschaft zur Ausübung der Sittlichkeit
einzieht, ist der Grundzug zum Zerfall der Kirchengemeinschaft
gelegt: ebenso aber geht die Loge, sobald
sie ihrer eigenen Kraft misstrauend die Hülfe des Glaubens,
die Hülfe der Kirche herbeizieht, sobald sie, statt sich
der Humanität zu weihen, eine Anstalt zur Ausübung
des Religionscultus wird, ihrem sicheren, unausbleiblichen
Ende entgegen. Die Kirche, die sie glaubte als Dienerin
herbeiziehen zu können, wird bald ihre Herrin sein und
wird sie über kurz oder lang vernichten.

Es muss dahar das ernste aufmerksamste Bestreben
der Loge sein, auf ihrem Existenzgebiete, der Ausübung
der Sittengesetze ohne Rücksicht auf den persönlichen
Glauben, allein und unangefochten zu bleiben. Lassen
wir der Kirche, was der Kirche ist, aber sehen wir
auch zu, dass wir behalten, was der Loge ist! —

Fnndamentalsätze der Freimaurerei.*)

Ein Entwurf und Vorschlag zur geistigen Einigung der

deutschen Logen.

Wenn auch jüngst der Plan gescheitert ist: zur
Schaffung einer organisatorischen Einigung im deutschen

*) Wir unterbreiten unsern Lesern gern diesen neuen Versuch
einer einheitlichen Formulirung unserer Grundsätze als werthvolle
Anregung zur Wetterführung des schwierigen Gegenstandes. D. R.

Maurerthum den jetzigen Verband der deutschen Grosslogen
durch eine „National-Grossloge" zu ersetzen, so
dürfte doch dadurch die geistige oder innere Entwicke-
lung unserer Maurerei durchaus nicht beeinträchtigt,
vielmehr gerade in erwünschter Weise gefördert worden
sein. —

Mit ganz besonderer Freude sind in dieser Beziehung
die „Principiellen Beschlüsse" zu begrüssen,
welche unlängst im „Ersten Kreissschreiben 1879/80"
vom Grossmeister des Eklektischen Freimaurer - Bundes
in Frankfurt a. M. den verbündeten deutschen Grosslogen
unter Nr. IV. zur Berathung, resp. Annahme
Seiten der einzelnen Logen, vorgelegt worden sind. Wir
erblicken in diesen Beschlüssen und darunter insbesondere
in den vom deutschen Grosslogenbund aufgestellten
„allgemeinen maurerischen Grundsätzen" einen guten
Grundstein zum Aufbau eines schönen geistigen Tempels,
welcher die ganze deutsche Mrwelt in sich vereinigen
könnte, allerwärts Segen, Friede und Eintracht verbreitend
. Es ist hohe Zeit, hierzu ernstlich an die Arbeit
zu gehen! — Oder sollte ein solch einheitlicher Bau,
wie er sich auf politischem Gebiete durch die endliche
glückliche Vereinigung aller deutschen Stämme bereits
vollzogen hat, gerade den „Brüdern" nicht möglich sein?

In den genannten „Principiellen Beschlüssen" haben
wir eine grosse Zahl der trefflichsten Bausteine am
Platze, und wenn wir vor Allem und zunächst uns über

das geistige Wesen
unserer Frmrei verständigen wollen, so handelt es sich
jetzt darum, die gerade hierzu geeignetsten Bausteine
auszusuchen, sie harmonisch an einander zu fügen und
so zu ergänzen, dass wir darin ein deutliches Bild
unserer Maurerei erblicken, wie sie vielleicht schon
wirklich ist oder doch sein sollte, — ein reines Bild,
das wir getrost auch jedem Uneingeweihten zeigen
können, um dadurch allen Angriffen auf unsere k. K.
entschieden zu begegnen und falsche Meinungen zu berichtigen
, — um ihr die alten Freunde ferner zu erhalten
, — um ihr zugleich auch zahlreiche neue Freunde
zuzuführen.

Nur zu lange hat die Mrei still alle Verunglimpfungen
über sich ergehen lassen und die gute Sache gelitten
unter dem Druck übler Meinung! Es ist nun
hohe Zeit — (dem Antrag der drei Berge im Orient
Freiberg vom Februar 1874 beim deutschen Grosslogentag
entsprechend) — herauszutreten. Unser Frmrbund
vermag getrost volle Beleuchtung ertragen — und er
verdient sie auch. Der Vorwurf der „Religionslosigkeit"
und der leider hier und da, selbst am Sitz deutscher
Regierungen, gegen die Freimaurerei noch gehegte Verdacht
der „Staatsgefährlichkeit" wird dadurch endlich
schwinden!

Der Mahnruf „Stillstand ist Rückschritt!" gilt auch
unserer Maurerei; sie darf nicht länger in unrechter
Bescheidenheit sich darein ergeben, dass sie, obgleich
sie doch das anerkannt Gute will und die höchsten Ziele
der Menschheit verfolgt, nur „geduldet" wird in Staaten
eines Reichs, dessen erhabener, allverehrter und geliebter
Kaiser selbst Bruder und Protector des Frmrbundes ist


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