Universitätsbibliothek Freiburg i. Br., F 764,n - 23.1880
Die Bauhütte: Zeitung für Freimaurer
Leipzig, 1880
Seite: 205
(PDF, 136 MB)
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205

Kinder mit gleicher Liebe umfasst und mit ihrem eigenen
Herzblute nährt, des treuen Vaters, der stets auf
das Wohl der Seinen bedacht ist und des Freundes,
welcher seinen Mitbrüdern tröstend hilft, der Phönix
endlich das Symbol der Unsterblichkeit, der geistigen
Wiederverjüngung und des Abwerfens der menschlichen
Schlacken in Erhebung zur höheren Herrlichkeit.

Der 19. Grad lehrt., dass Gott Anfang- und Ende
ist und dass Jeder sich bemühen muss, vollkommen zu
werden, dabei aber den Aberglauben unterdrücken und
sein Heil nur in der wahren Eeligion der Liebe suchen
soll.

Im 20. Grade wird Treue und Festigkeit gelobt,
um seinen Brüdern als Beispiel dienen uud sie auf die
Bahn der Tugend leiten zu können,

Der 21. Grad lehrt, dass man oft sich still zurückziehen
und in harter Selbstprüfung seine Fehler hereuen,
neue gute Vorsätze fassen und über Zweck und Ziel
unseres kurzen Lebens nachdenken soll, um dann neue
Kraft zu sammeln.

Im 22. Grade wird ans Herz gelegt, unsere Brüder
zu vertheidigen, um also Material zum Baue des Tempels
der Menschheit zu sammeln.

Der 23. und 24. Grad warnt vor den Banden des
finstern Aberglaubens und rathet, ihn abzustreifen und
die wahren, geistigen Genüsse zu suchen.

Im 25. Grade wird gelehrt, dass man von den
geistigen Ketten sich befreien müsse, um Muth und
Kühnheit zu erwerben und dann seine Brüder auch von
ihren Fesseln befreien und ihre Leiden hindern zu können.

Im 26. Grade wird gelehrt, dass man die Vorurtheile
und Unwissenheit durch Vernunft, Moral und Wissenschaft
bekämpfen, und die Brüder, welche darunter leiden
, unterstützen müsse.

Der 27. Grad empfiehlt dieüebung wahrer Toleranz.

Der 28. Grad empfiehlt uns, das Joch der starren,
todten Dogmen und des kalten, fanatischen Glaubens
zu brechen und dafür den hellen Geist der Erleuchtung
und Erkennung, die wir durch das Bewundern der
Werke Gottes erlernen, in uns aufzunehmen, um so das
Wahre zu erkennen und mit seinem Lichte dann den
Bann der Finsterniss brechen zu können.

Im 29. Grade werden die sieben freien Künste und
die Naturkräfte in ihren verschiedenen Einflüssen auf
das menschliche Leben und dessen ästhetische Veredlung
zur Uebung empfohlen.

Der 30. Grad hat die beiden Devisen: „Gott und
mein Recht" und „Siegen oder Sterben". Er resumirt
noch einmal alle Doctrinen und Haupttugenden und legt
dem Aufzunehmenden schriftliche und mündliche Fragen
über philosophische und ästhetische Begriffe vor. Er
ist auch neben dem 18. der einzige Grad, welcher einen
tieferen Sinn in sich schliesst, — und in dem man
allenfalls die Einführung der neueren Philosophie, als
auch die Combination der alten mit der neuen humanitären
Idee, wie auch die Ausarbeitung sämmtlicher
maurerischer Maximen vorführen könnte.

Die drei letzten Grade sind nur administrative und
werden als Ehrengrade verliehen, theils an die Unsterblichkeit
und Ende des Lebens, als auch Vorbereitung
zu demselben mahnenden Ceremoniell nichts Neues enthalten
.

Vergleichen wir nun den Inhalt dieser Hochgrade
mit dem, was der Meistergrad sein soll, so kommen wir,
glaube ich, zu dem Schlüsse, dass uns ein höheres Licht
in ihnen nicht aufgeht. Wir sind Maurer und als solche
haben wir, oder sollen es wenigstens, wenn wir Meister
sind, den höchsten Grad der Vervollkommnung in unserer
Kunst erreicht, so dass Alles, was darüber geht, Nichts
als | reiner Humbug und lächerliche Formsache einer
eitlen Phantasie sind. Zu einer eitlen Formsache aber
soll die Maurerei nicht heruntersinken, wir haben genug
zu thun, wenn wir als wahre Meister, ein Grad, der
die höchste zu erringende Stufe anzeigt, uns auf der
Höhe erhalten, die wir einnehmen sollen, wenn aber an
Steele des lebendigen, freien Geistes, der unsere Thaten
unl Reden durchwehen soll, ein todtes, verknöchertes
Formenwesen tritt, so ist es um uns geschehen, wir
sind dann keine Maurer mehr, sondern eitle Höflinge,
die nicht mehr geeignet sind, an dem Tempel mitzubauen
, den wir für den grossen Baumeister der Welten
errichten wollen!

Und gilt uns die Maurerei denn nur als Formsache?
Nehmen wir die Schale für den Kern und glauben wir,
dass Grad und Ritual Hauptsache, die Pflichten des
freiwilligen Apostolats dagegen und sein lebendiger
Geist Nebensache sind? 0 nein, dann wäre uns ja die
Bedeutung unserer Kunst nie aufgegangen und es wäre
auch wahrlich für sie kein Schade, wenn sie solche
Jünger verlöre.

Streben wir daher, meine Brüder, die Hochgrade
abzuschaffen; wohl wird keiner unter uns, der maurerisch
denkt und empfindet, sich als etwas Höheres denken,
als sein Bruder, der sie nicht h at und der darum auch
nicht sich als seinem Bruder unterstellt glauben wird,
aber diese Anhängsel der traurigen Verirrungen unseres
Bundes sind nicht mehr dem Geiste unseres Jahrhunderts
angemessen, Bildung und Vernunft haben den
Stab darüber gebrochen, was für einen Grund hätten
wir, sie festzuhalten ? Weihen sie uns tiefer in die königliche
Kunst ein? 0 nein, denn wer den Keim zu ihr
nicht schon als Lehrling im Herzen trug, ihn als Geselle
nicht veredelnd pflegte und als Meister nicht zur
schönsten Entfaltung gebracht hat, wird sie nie erlernen!
Zeigen sie uns geheime Wissenschaften? 0 nein, denn
deren giebt es vor dem durchdringenden Strahle der
Geistesleuchte keine, und die da existiren, laden Jeden
in ihre heiligen Hallen. Gewähren sie besondere Vortheile
? 0 nein, denn diese zu gewähren, vermag die
Maurerei überhaupt nicht, weil sie Opfer verlangt und
Pflichten auferlegt — also, wozu dienen sie? Um nur
einen Titel und bunte Bänder anzuhängen und uns
lächerlich zu machen, dazu wollen wir doch zu hoch
dastehen und keine Waffe ist wohl gefährlicher, als die
Lächerlichkeit, die unerbittlich den Gegner für immer
niederschlägt.

Darum, meine Brüder, streben wir vereint dahin,
die Hochgrade, diese hohlen Triebe einer kränkelnden


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