http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/bauhuette1880/0250
243
eigens dazu ausgewählten Aufseher oder Sittenwarte,
darauf zu achten, dass nur solche Mitglieder beim Bunde
erhalten bleiben, welche jeder Versuchung zur Ueber-
tretung der vereinfachten Sittlichkeit widerstehen und
bei den öfters unvermutheter und heimlicher Weise mit
ihnen angestellten Prüfungen sich standhaft bezeigen.
Bisherige Unsittlichkeit (im Sinne des Freibunds
gemeint) bildet keinen Grund zur Verweigerung der
Aufnahme in den Freibund, wenn der ernstliche Vorsatz
kundgegeben wird, sich künftighin genau den übernommenen
Verpflichtungen gemäss zu verhalten; solche
Mitglieder unterliegen natürlich der besonderen Aufmerksamkeit
der Sittenwarte, werden um so freundlicher
behandelt, wenn sie nachhaltige Besserung aufweisen,
hingegen unnachsichtich entfernt beim Rückfall in die
vorigen Fehler.
Es ist den Vorbereitungs-Mitgliedern gestattet?
öffentlich das allbekannte Mitgliedschaftszeichen
an sich zu tragen, gleichsam um es die ganze Welt
wissen zu lassen, dass man sich der Bundessitte freiwillig
unterworfen habe und sozusagen Jedermann herausfordere
, sich durch Proben davon zu überzeugen.
Wird die strenge Rücksicht auf die einfachste Sittlichkeit
allenthalben von den Mitgliedern und eigens
dazu berufenen Sittenwarten recht taktvoll ausgeübt
und die dagegen Fehlenden unnachsichtlich der weiteren
Mitgliedschaft auf langehin entrückt, so muss es seinerzeit
dahin kommen, dass die erlangte und bewahrte
Bundesmitgliedschaft dem Einzelnen einen gewissen vor-
theithaften Wiederschein von der Ehre mittheilt, welche
das fortgesetzt löbliche Betragen dem gesammten Frei-
bundskörper bereits verliehen hat.
Nach einer gewissen Frist von unbeanstandet hihter-
legter Mitgliedschaft ist es gestattet, freiwillig in den
zweiten Grad, den der Versprechenden oder Strebenden
, aufzusteigen. Man erklärt sich dadurch für
entschlossen, nicht nur nichts sittlich Anstössiges begehen
zu wollen, wie bisher, sondern ausserdem in
einer gewissen selbstgewählten Richtung bei vorkommender
Gelegenheit und ohne Anspruch auf Lohn, gute,
den allgemeinen Fortschritt begünstigende Handlungen
unternehmen zu wollen.
Die Strebenden sind verpflichtet, besonders kennbare
und die eingegangene Handelnsrichtung mit bezeichnende
Mitgliedschaftszeichen öffentlich an sich
zu tragen, eben um die freiwillig erklärte Bereitschaft
zu gewissen fortschrittfördernden Handlungen aller Welt
bekannt zu geben und Jedermann gleichsam aufzufordern,
sie mit willkommenen Gelegenheiten hierzu bekannt zu
machen.
Nicht die gewöhnlich für gut geltende Handlung,
wie z. B. Rettung, Hilfe und Almosen für einzelne Unwichtige
und Unbekannte, sondern nur die eigens zu
Gunsten des menschheitlichen Fortschrittes dienende,
wird dabei werthgeschätzt, also Rettung und Hilfe für
Solche, deren Beschädigung oder Untergang dem Wohle
der Menschheit Abbruch thun würde oder Beglückung
ganzer wichtiger Gruppen auf einmal. Hierher gehören
die Rettung gutbeanlagter, der Verkümmerung preisgegebener
junger Leute (Jugend-Rettung), die Anwerbung
und Heranbildung geeigneter frischer Kräfte
für die Zwecke des Bundes (Jugend - Veredlung), die
Besiegung (entweder durch Bekehrung oder Unschädlichmachung
) hartnäckiger Widersacher des Fortschrittes
(Ritterschaft des Geistes], die sittliche Ahndung vom
Gesetz und Gericht aus entweder nicht erreichbarer
oder sonstwie unbestraft gelassener Schandthaten (öffentlicher
Vehme), die gemeinverständliche Unterweisung
des bildungsfähigen Volkes in Weltkunde und beglück-
endster Lebensweise (Volks - Bildung), die Hilfean-
bahnung gegen weitumgreifende Uebelstände (Volks-
Freundschaft), die Hilfeleistung an verdiente, in der
Ausführung weiterer menschheitwichtigen Arbeiten gehinderte
Erwachsene (Meister-Hilfe) und die Selbstausführung
derartiger, der Forschung oder der Kunst
angehöriger Meisterwerke (Widmungs-Arbeit).
Diejenigen Strebenden, welche schon zu wiederholten
Malen naheliegende geeignete Gelegenheiten zu
guten Handlungen in der erwählten Richtung haben
ungenützt vorüber gehen lassen, werden auf so lange
in die Gradstufe der Vorbereitung zurückversetzt, bis
sie innerhalb derselben die Bereitwilligkeit zu den versprochenen
Gutthaten (vorläufig ohne Anspruch auf
Auszeichnung) nachträglich bewiesen haben.
Finden die betreffenden Sittenwarte oder die Mehr-
zahl der Mitglieder, dass ein Strebender beharrlich alle
Gelegenheiten zu den versprochenen Gutthaten benutzt
und in der Ausübung derselben zu einem anerkennens-
werthen Grad der Vollkommenheit gelangt ist, so schlagen
sie denselben bei seiner Bundesgemeinde vor zum Aufsteigen
in die dritte Gradstufe, die der Bewährten
oder Ausgezeichneten. Dieselben erlangen damit
die Berechtigung (nicht Verpflichtung) zum öffentlichen
Tragen besonderer die erlangte Auszeichnung mit andeutender
Mitgliedschaftszeichen und die Anwartschaft
auf entsprechende die ausgezeichnete Eigenschaft ver-
werthen lassende Anstellung beim Freibunde.
Diejenigen Ausgezeichneten, welche auch jetzt noch
jede weitere Gelegenheit zu den erlesenen Gutthaten
gewissenhaft benützen, erlangen damit nach Verlauf bestimmter
Fristen eigene gradweise fortlaufende, dieses
Ausharren oder den weiteren Fortschritt anzeigende
Nebenausstattungen zu ihrer Auszeichnung. Dieselben
haben nach gewissen Fristen auch des Recht, ihre wahrheitsgetreue
Lebensgeschichte als ein dauerndes Angedenken
beim Bunde zu hinterlegen und bei neuerlicher
Hingabe an menschheitbeglückeude Leistungen die Unterstützung
des Bundes ansprechen zu dürfen.
Zu den Auszeichnung verdienenden Gutthaten wird
auch gerechnet die Widmung von Geldbeträgen an
den Freibund. Die Auszeichnungen lassen diesfalls in
ihrer Stufenfolge die Gesammthöhe der gespendeten Beträge
erkennen. Die regelmässigen Beiträge der Mitglieder
dürfen nur zur gewöhnlichen Fortführung der
Bundesangelegenheiten, die Widmungen hingegen eigens
nur zu wichtigen und dringlichen Zwecken des menschheitlichen
Fortschrittes verwendet werden.
Gleichfalls gehört zu den Auszeichnung verdienen-
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/bauhuette1880/0250