Universitätsbibliothek Freiburg i. Br., F 764,n - 23.1880
Die Bauhütte: Zeitung für Freimaurer
Leipzig, 1880
Seite: 265
(PDF, 136 MB)
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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/bauhuette1880/0272
"St 34.

Die

Begründet und herausgegeben
von

Bb j. Gr. FINDEL.

XXIII. Jahrgang.

satt»!»

Organ für die Gesammt-Interessen der Freimaurerei.

S**fe*> S»«1»*» Sete"-

Leipzig, den 21. August, 1880.

Von der „Bauhütte" erscheint wöchentlich eine Nummer (1 Bogen). Preis des Jahrgangs 10 Mark.
Die „Bauhütte" kann durch alle Buchhandlungen bezogen werden.

Inhalt: Das Dogma des Unglaubens. Von Br C. F. Holtschmidt. Mstr. v. St. der Loge in Braunschweig. — Feuilleton: Amerika. — Australien. — Frankreich
. — Mrisehe Verirrungen. — Klage über Schwindel, mit Nachwort — Der Herausgeber d. Bl. hatte sich etc. — Maurerischer Sprechsaal. — Central-
hilfskasse. — Briefwechsel. — Anzeigen.

Bas Dogma des Unglaubens.

Von

Br C. F. Holtschmidt,

Mstr. v. St. der Loge in Braunschweig.

Es ist vielfach behauptet worden, dass derjenige,
welcher mit seinem Wissen auf der Höhe der Gegenwart
steht, sich zu dem Glauben an Gott und Unsterblichkeit
unmöglich noch bekennen könne; die Wissenschaft
habe den Glauben widerlegt und ihn unter die
Ammenmärchen der Kinderstube, wohin er gehöre, verwiesen
.

Sollte das wahr sein? Ich habe nicht die An-
massung, in dieser Frage ein irgendwie bedeutungsvolles
Wort sprechen zu wollen; ich möchte nur darlegen
, wie ich in meiner bescheidenen Stellung dem
Unglauben der Zeit gegenüber gedacht und gefolgert
habe; es gibt ja Viele, welche ebenso wie ich keinen
hohen wissenschaftlichen Standpunkt erreichen konnten,
welche aber dennoch alle grossen, zeitbewegenden Fragen
selbst prüfend an ihrem Geiste vorüberziehen lassen,
und mit diesen möchte ich über den Gegenstand reden.
Ich denke auch nicht, das Dasein Gottes wissenschaftlich
zu beweisen, ich halte das für unmöglich und auch
nicht für nothwendig. Der Glaube an Gott und der
Unglaube, beide entziehen sich der wissenschaftlichen
Begründung, beide sind Glaubenssachen.

Für frühere Zeiten passte der Ausspruch: „Die
Thoren reden in ihrem Herzen: es ist kein Gott" —
Heute ist es anders. Heute können wir sagen: „Die
Weisen reden ini hrem Herzen: es ist kein Gott." Ja
noch mehr. Die Weisen predigen auf den Gassen: es

ist kein Gott! und die grosse Menge redet es ihnen
nach. Grosser Jubel darüber auf allen Gassen, dass
der fatale Zwang, einen Gott über sich zu haben, nun
beseitigt ist; dass das intelligente Thier, der Mensch,
nun alle lästigen Schranken durchbrechen kann, in welche
Thorheit und Aberglaube es eingezwängt. Der alte
Gott wird gestürzt — es lebe die Vernunft! So war
ja im vorigen Jahrhundert auch schon die Loosung;
Uber man kam nicht zurecht mit diesem neuen Dogma
des Unglaubens, man musste bange werden bei dieser
neuen Weisheit; das Menschenthier wurde zu thierisch,
und fletschte zu bedeutungsvoll seine Zähne. Der alte
Gott wurde wieder eingesetzt, es ging nicht anders mehr.

Warum reden die Weisen, wie früher die Thoren
geredet haben? warum sagen sie: es ist kein Gott?
Ist es die natürliche Folge ihrer wissenschaftlichen
Forschung, dass sie erkannt haben und nothwendig erkennen
mussten, dass kein Gott sei? Sind sie mit ihrer
Wissenschaft so weit gekommen, dass ihr Blick bis an
das Ende und in das Wesen und den Ursprung aller
Dinge hineinreicht und als letztes Fazit des Rechen-
exempels nun die unumstössliche Wahrheit klar ihnen
vor Augen liegt? 0 nein, das ist nicht möglich; dafür
gibt es auch für sie noch viel zu viel, was sie nicht
begreifen können und noch nicht herausgerechnet haben;
dafür liegen ihnen noch viel zu viel Räthsel dieses Lebens
zum Auflösen vor, mit denen sie nicht fertig werden
können; dafür können sie uns, den Laien, über Vieles
noch zu wenig oder gar keinen wissenschaftlichen Auf-
schluss geben, als dass wir ihrer Wissenschaft nun alleinglauben
sollten und annehmen, dass die Lehre des Unglaubens
auf wissenschaftlicher Berechnung basirte.


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