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die Ueberzeugung, dass der Frmrbund überhaupt und
insbesondere in Sachsen vollständig auf gesetzlichem
Boden steht, durch meinen Vortrag befestigt worden
ist, und er sich durch denselben davon hat überzeugen
lassen, dass der Bund nicht nur geduldet ist, sondern
dem Gesetze in jeder Weise entspricht und, so lange
es seine sich selbst gezogenen Grenzen nicht überschreitet
, das Gesetz ihn schützen wird. —
Ist eine mr Centralisation für bessere Erreichung
der Bundeszwecke nöthig?
(Aus den Protokollen der Gr.-Loge von Darmstadt.)
Das Einigungswerk wird nur dann einen ungestörten
Fortgang haben, wenn die Vertretung des
Bundes nach Aussen und« die Geschäftsführung im
Innern demselben Plane folgen. Der Fünfer-Entwurf
stellte dem Bunde die Aufgabe: „den veredelnden Ein-
fluss der Mrei auf die sittlichen Zustände der Gesellschaft
zu verstärken." Hierzu bemerkt der Gutachtliche
Bericht der Frankfurter Gr.-Loge (S. 14): „Was in
dieser Hinsicht geschehen kann und soll, hat bereits
der Gr.-Logentag im Jahr 1874 ausgesprochen. Wir
sehen nicht ein, wie eine National-Gr.-Loge mehr vermögen
sollte, als wiederholt zu solcher Wirksamkeit
anzuregen. Auch sind die deutschen Logen sich dieser
Aufgabe vollkommen bewusst und es findet vielleicht
kaum eine feierliche Logen Versammlung statt, ohne
dass die Brüder zu einer die sittlichen Zustände der
Gesellschaft veredelnden Werkthätigkeit aufgefordert
werden." Es wird hier auf die Grundsätze hingewiesen,
welche der Gr.-Logentag 1874 in Bezug auf das Arbeitsfeld
der Frmr ausgesprochen hat*). Der erste dieser
4 Grundsätze besagt: „Die innere Arbeit der Logen
an der Veredlung und sittlichen Vervollkommnung ihrer
Mitglieder ist und bleibt die Hauptsache der Mrei."
Für diese innere grundlegende Arbeit gilt gewiss, was
der eben erwähnte „Gutachtliche Bericht" (S. 12)
behauptet, dass die Mrei ihren Mittelpunkt in jeder
einzelnen Loge und in den Herzen jedes einzelnen Brs
finden soll und dass die Centralisation den Geist eher
tödten als beleben würde. Hierüber sind auch die Mitglieder
der Fünfer-Kommission niemals in Zweifel
gewesen und sehr richtig erinnern die Motive zu dem
Darmstädter Vermittelungsvorschlag an einen Ausspruch
des Br Bluntschli in seinem 2. Kreisschreiben vom
Jahre 1873, worin er sagt: „Für die blosse innere
Arbeit am rohen Stein wäre die nationale Gestaltung
der Gr.-Logen überflüssig." Aber die Thätigkeit der
Logen beschränkt sich doch nicht auf die Arbeit am
rohen Stein. Die Logen sind, wie der zweite Grundsatz
von 1874 es ausspricht, zwar nicht berufen, als Logen
an den politischen und kirchlichen Parteikämpfen sich
handelnd zu betheiligen. Aber, wie in dem dritten
Grundsatz hinzugefügt wird, „sie sind berufen, ihre Beziehungen
zu den ethischen Lebenskreisen und Kultur-
*) S. Erstes Kreisschreiben des Grossmeisters des Elektrischen
Ermbundes 1879. S. 3.
bestrebungen in den Brr zum klaren Bewusstsein zu
bringen", und die Frmer sind verpflichtet, die Grundsätze
der Frmerei im Leben zu bethätigen. In dieser
Hinsicht kann man nun nicht zugeben, dass die Frmerei
ihren Mittelpunkt im Herzen jedes Brs habe. Kein
Br findet in seinem Herzen ein klares Bewusstsein von
den Beziehungen der Logen zu den ethischen Lebenskreisen
, also zu Familie und Gesellschaft, Staat und
Kirche, den Instituten der Kunst und Wissenschaft,
sowie zu den theils konservativen, theils fortschrittlichen
Kulturbestrebungen, welche auf allen jenen Gebieten
hervortreten. Auch die einzelnen Logen und Systeme
fassen diese Beziehungen nur einseitig auf. Ein klares
Bewusstsein darüber wird nur annähernd durch eine
Verständigung der verschiedenen Systeme erzeugt, die
hiernach Bundessache ist. Daher hat der Darmstädter
Vermittelungsvorschlag den Fünfer-Entwurf vortrefflich
amendirt, indem er als Zweck des Bundes hinstellt:
„Die Beziehungen der deutschen Logen zu den
ethischen Lebenskreisen und Kulturbestrebungen
in den Brüdern zum klaren Bewusstsein zu bringen
( und so den veredelnden Einfluss der Mrei
auf die sittlichen Zustände der Gesellschaft
zu verstärken."
Allerdings kann der Gr.-Logenbund bierin nur anregend
wirken. Eine solche Anregung hat er bis jetzt
dadurch gegeben, dass den Logen zeitgemässe Lebensfragen
zur Berathung empfohlen wurden; die Formulirung
dieser Fragen liegt dem geschäftsführenden Grossmstr.
ob. Ich will keine Kritik üben; aber soviel liegt auf
der Hand: bei den herrschenden Gegensätzen der Systeme
ist es nicht möglich, dass die verschiedenen, jährlich
in der Geschäftsführung wechselnden Grossmstr. nach
denselben Grundsätzen und einem gemeinsamen Plane
verfahren. Die Fragestellung selbst müsste schon stets
auf das umleiten, was die Frmei eint und wirklich
anregende Fragen dieser Art zu stellen, ist nicht Jedermanns
Sache. Ein bedeutendes Resultat aber könnte
erzielt werden, wenn an der Spitze des Bundes ein
Bruder stände, welcher die Kulturfragen der Zeit nicht
nur gründlich studirt hat, sondern sie auch von dem
gemeinsamen Standpunkte der deutschen Frmrei aus
zu lösen bestrebt ist und während einer längeren Amtsdauer
die Logen in diesem Sinne zu einem planmässigen
Zusammenwirken anzuregen vermöchte. Dann würden
nicht nur Fragen aufgestellt, sondern — was die Hauptsache
ist — gediegene Beantwortungen in der mrischen
Presse diskutirt werden, besonders wenn es gelingt,
ein Cenlralorgan des Bundes zu schaffen, welches au
seine Mitarbeiter strengere formelle Anforderungen
als die jetzigen mrischen Zeitschriften stellen könnte.
Weder die Logen, noch der Gr.-Logenbund würden
dann an Stoffmangel leiden und der Bund könnte vermöge
der planmässigen Geschäftsleitung zu wirklichen
mrischen Thaten anregen. Hierauf weist auch der
Bericht der Fünfer-Kommission hin. „Unsere Zeit, heisst
es dort (S. 4), bedarf der entschiedenen Stärkung der
sittlichen Kräfte auch in den Massen. Die Art, wie
die nordamerikanischen Frmlogen den Verband der
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