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Kleinere Mittheilungen von dem Gebiete
der Nervenhistologie.
I. Ueber die Golgi'schen Zellen und die Kletterfasern Ramön y Cajal's
in der Kleinhirnrinde.
Taf. XIX.
In der Abhandlung No. 2 des vorigen (III.) Bandes meiner Biolog. Untersuchungen N. F. habe ich die
nervösen Elemente der Kleinhirnrinde besprochen und die schönen Errungenschaften der neueren Nervenhistologie,
wie sie v. A. durch Golgi, Eamön y Cajal, von Kölliker und Van Gebuchten gewonnen sind, bestätigen können.
Ich habe seitdem das verlockende Studium des wunderbar gebauten Organes hin und wieder fortgesetzt und
Keinen von Präparaten bekommen, welche mehrere Thatsachen in noch prägnanterer Weise erkennen lassen.
Von diesen werde ich jetzt zwei zur erneuerten Besprechung aufnehmen, nämlich die von mir so benannten
Golgi'sehen Zellen und die Kletterfasern Eamön y Cajal's, weil diese beiden Elemente noch so räthselhaft und wenig
bekannt sind.
A. Die Golgi'schen Zellen (Taf. XIX, Fig. 2 und 3).
Diese zuerst von Golgi entdeckten und von ihm in ausgezeichneter Weise beschriebenen und abgebildeten
Zellen der sog. Körnerschicht wurden von Eamön y Cajal, v. Kölliker und Van Gehuchten bestätigt. Vor Allem
stellen die Figuren, welche der letzte Forscher mitgetheilt hat, sehr schöne Exemplare der fraglichen Elemente (les
grau des cellules de la couche granuleuse) dar; er hat eine wahrhaft colossale Verästelung ihrer kurzen Axencylinderfortsätze
nachgewiesen. Er erwähnt, dass er sie in allen Schnitten des Kleinhirns der achttägigen Katze oft zu
drei oder vier vereinigt gefunden hat, wodurch ein so dichter Plexus der verästelten Axencylinderfortsätze entstanden
war, dass die ganze Körnerschicht schwarz erschien.
In meinen früheren Präparaten vom Kleinhirn des Hundes und Kaninchens hatte ich sie in Uebereinstim-
mung mit Van Gehuchten nicht eigentlich sparsam gefunden, »indem sie zuweilen recht dicht liegen», obwohl sie
bald auch vereinzelt, bald zu kleinen Gruppen von 2—4 an demselben Schnitte vorhanden waren.
Im letzten Sommer habe ich nun aber auch das Kleinhirn junger Katzen von 1 bis 6 Wochen untersucht
und dabei eine Menge von Präparaten bekommen, in welchen die Golgi'schen Zellen in bedeutender Anzahl gefärbt
waren. Oft sah ich sie in den Verticalschnitten dicht unter oder neben den Purkinje'schen Zellen eine Eeihe
bilden, welche fast ebenso reichlich besetzt war, wie die der Purkinje'schen, und ausserdem lagen einzelne Golgi'sche
Zellen hier und da in der Körnerschicht zerstreut. In der Fig. 8 der Taf. XIX habe ich ein solches Präparat
abgebildet. Es stammt aus dem Kleinhirn einer nur fünfzehn Tage alten Katze, weshalb die »äussere Körnerschicht
» (äJc) noch recht dick ist. Die äusseren Enden der verästelten Protoplasmafortsätze reichen im Allgemeinen
nur bis zur Grenze dieser Schicht und dringen bloss hier und da etwas in dieselbe hinein. Die sich bald in reichliche
Aeste auflösenden kurzen Axencylinderfortsätze bilden, wie v. A. Van Gehuchten hervorhebt, ein so intricates
und dichtes, die ganze eigentliche Körnerschicht durch webendes Geflecht, dass es vollständig unmöglich ist, die
einzelnen Aestchen zu verfolgen; in dickeren Präparaten erscheint deshalb auch diese Schicht fast schwarz gefärbt.
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