Zur ersten Seite Eine Seite zurück Eine Seite vor Zur letzten Seite   Seitenansicht vergrößern   Gegen den Uhrzeigersinn drehen Im Uhrzeigersinn drehen   Aktuelle Seite drucken   Schrift verkleinern Schrift vergrößern   Linke Spalte schmaler; 4× -> ausblenden   Linke Spalte breiter/einblenden   Anzeige im DFG-Viewer
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/biol_unt_1895_07/0029
17

Ammoniak tixirt und gefärbt werden und körnige, verästelte Nervenendigungen vortäuschen können. Offenbar bringt
nun auch das pikrinsaure Ammoniak selbst solche Bilder hervor. Ich stimme deshalb Bethe darin bei, dass die von
mir früher bei Palsemon angegebenen verästelten Nervenendigungen solchen postmortalen, resp. durch die Fixirung
hervorgerufenen Gebilden entsprechen.

In Betreff des fraglichen Eindringens der Nervenfasern in den Haarschaftraum dürfte vielleicht von anderer
Seite hervorgehoben werden, dass die Färbung der Fasern nicht vollständig, dass sie im Endstück ausgeblieben ist.
Auch ich habe mir diesen Einwand gemacht und deshalb die Enden der Haare sowohl vor, als bald nach der Injection
der Methylenblauflüssigkeit abgeschnitten, um den Luftzutritt zu erleichtern. Nie ist aber eine Färbung der fraglichen
Fasern im Haarschaftraum eingetreten. Für die untersuchten Theile bei Astacus und Palsemon trete ich in
dieser Frage also bis auf Weiteres der Ansicht Leydig's bei, dass die Nervenfasern in der Wurzel der Sinneshaare
endigen.

Hiermit ist aber durchaus nicht gesagt, dass sie sich in allen Theilen und bei allen Crustaceen in gleicher
Weise verhalten. Im Gegentheil, ich habe mich, wie unten näher beschrieben werden wird, auf das Sicherste davon
überzeugt, dass bei anderen Crustaceen die Ansicht von Claus, welche vor Allem durch vom Rath und Bethe
bestätigt und erweitert worden ist, zutrifft.

Was die Lage des Zellenkörpers und die Länge des distalen Fortsatzes betrifft, so geht es schon aus der
obigen Beschreibung hervor, dass dieselben vielfach wechseln. Indessen sah ich, wie erwähnt, die Zellenkörper nie
in der directen Umgebung der Sinneshaare, sondern stets eine Strecke davon entfernt liegen. Der distale Fortsatz
war in meinen Präparaten niemals weniger als 4—5 mal länger als der Zellenkörper, und in der Regel übertraf er ihn
10—20 mal oder mehr an Länge, ja er konnte sogar so lang sein, dass man seinen Zellenkörper erst weit unten in dem
Gliede aufsuchen musste ; man trifft nämlich hier und da die spindelförmigen Sinnesnervenzellen centralwärts in den
dickeren Nervenstammzweig zurückgeschoben. Dass die Zellen bis in die Ganglien des Bauchstrangs zurückgezogen
werden können, wie es vom Rath bei anderen Crustaceen vermuthet, habe ich bei Astacus nie zu bestätigen vermocht,
und ich glaube es auch kaum, da ich bei ausgedehnten Untersuchungen über den Bauchstrang dieses Thieres nie
solche spindelförmig-bipolare Zellen wie die Sinnesnervenzellen der Crustaceen wahrgenommen habe. Dagegen halte
ich es gar nicht für unmöglich, dass bei gewissen Ganglien, vor Allem dem Gehirnganglion, die Zellen bis in die
unmittelbare Nähe des Centraiorgans hinabrücken können wie es bei Vertebraten in der Regel geschieht. Für eine
solche Annahme spricht ja auch das Verhalten, welches ich oben in der Mittheilung über das Kopfganglion und die
Sinnesnervenzellen bei Nereis eingehender beschrieben habe, wo solche Zellen in bedeutender Zahl regelmässig bis
dicht an das Ganglion hinabgerückt sind.

Eine Theilung oder Verzweigung des proximalen Fortsatzes scheint auf dem Wege nach dem Centraiorgan
nie vorzukommen. Zwar Hessen sich beim Flusskrebs wegen der Grösse der Thiere die fraglichen Fasern nie bis an
dieses Organ verfolgen ; sie legen sich übrigens in der Regel dicht an einander, um Bündel und Nervenäste zu
bilden, und die motorischen Bündel schliessen sich ihnen oft an, so dass eine genaue Verfolgung einzelner Fasern bis
an das Centraiorgan nicht möglich ist. Im Centraiorgan erst tritt die bekannte dichotomische Theilung und Verzweigung
ein. Alles spricht dafür, dass die sich am Rande der Ganglien zahlreich färbenden, getheilten feinen
Fasern den proximalen (centralen) Fortsätzen der Sinnesnervenzellen entsprechen. Bei kleineren Crustaceen dürfte
diese Frage viel leichter zum Abschluss zu bringen sein.

Die platten Partien der Mundwerkzeuge bieten auf ihrer flachen Oberfläche ausser den grösseren Randborsten
hier und da kleine, kurze, stachelähnliche Haare dar, welche ebenfalls innervirt sind. Hier und da sieht man in ihrer
Umgebung Nervenfaserbündel, oft in gewundenem Verlaufe, dahinziehen. Von diesen Bündeln zweigen sich bald
einige Fäserchen ab, welche zu einem kleinen Ganglion anschwellen ; diese Ganglien bestehen aus nur 2—5 Zellen,
von deren distalem Ende ein neuer Nervenfaden entspringt, welcher nach verschiedenem, oft schlängelndem und
zurückgehendem Verlaufe in die Basis je eines Haares eintritt, um dort spitz und unverzweigt zu endigen (Fig. 4 der
Taf. V). Zuweilen liegen die kleinen Ganglien in unmittelbarer Nähe des Nervenzweiges; nie sah ich sie aber ganz
dicht unter der Wurzel des Haares.

Aus der obigen Darstellung geht hervor, dass in der Regel jedes Sinneshaar von mehreren Sinnesnervenzellen
innervirt wird. Gewöhnlich entsendet ein ganzes Ganglion seine gesammten distalen Fortsätze, zu einem dickeren
Strang vereinigt, in die Haarwurzel hinein. In anderen Fällen sieht man aber auch Zellenfortsätze von mehreren
Seiten her zusammenströmen und in die Wurzel eintreten; die Ganglien lösen sich oft in verschiedener Weise auf;

3


Zur ersten Seite Eine Seite zurück Eine Seite vor Zur letzten Seite   Seitenansicht vergrößern   Gegen den Uhrzeigersinn drehen Im Uhrzeigersinn drehen   Aktuelle Seite drucken   Schrift verkleinern Schrift vergrößern   Linke Spalte schmaler; 4× -> ausblenden   Linke Spalte breiter/einblenden   Anzeige im DFG-Viewer
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/biol_unt_1895_07/0029