http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/biol_unt_1895_07/0038
6.
Ueber das hintere Ende des Rückenmarkes bei Amphioxus, Myxine
und Petromyzon.
Tafel VIII und IX.
Vor einigen Jahren (1891—92) veröffentlichte ich in den Verhandlungen des Biologischen Vereins zu Stockholm
einige Untersuchungen über das hintere Ende des Rückenmarks bei Amphioxus und den Cyclostomen. Es war damals
meine Absicht, diese Studien bei anderen niederen Wirbelthieren fortzusetzen und sie dann zu einer Monographie zu
vereinigen. Da ich aber das nöthige Material nicht aufbringen konnte und meine Zeit durch andere Arbeiten in
Anspruch genommen war, sah ich mich genöthigt, diese Untersuchungsreihe bis auf weiteres zu unterbrechen. Da
ich gefunden habe, dass diese oben genannten drei Mittheilungen sehr wenig bekannt geworden sind, reproducire ich
sie hier zusammen mit den ihnen beigefügten Abbildungen.
I. Das hintere Ende des Rückenmarkes und sein Verhalten zur Chorda dorsalis bei Amphioxus lanceolatus.
Tafel VIII, Figur 1-9.
(Gedr. in den Verhandl. des Biolog. Vereins in Stockholm, Bd. 3, Jan. — März 1891, No. 4-6.)
Da es mir von Interesse zu sein schien, das Verhalten des Hinterendes des Rückenmarks und der Chorda bei
den niederen Vertebraten zu eruiren, so habe ich mich bemüht, mir passendes Material zu verschaffen. Vor Allem
interessirte es mich, die fraglichen Verhältnisse bei Amphioxus kennen zu lernen. Bei meinem Aufenthalte im April
1891 in Faro auf Sicilien, wo ich das Nervensystem des dort in reichlicher Menge zu beziehenden Amphioxus studirte,
durchmusterte ich gelegentlich auch das Schwanzende vieler Exemplare desselben und machte eine Reihe von Abbildungen
über das caudale Ende des Rückenmarks und der Chorda. Ich werde hier unten einige dieser Abbildungen
mittheilen.
Da sich die fraglichen Bauverhältnisse zufolge der Durchsichtigkeit der Gewebe schon am frischen Thiere
und bei geringer Vergrösserung ohne Schwierigkeit erforschen lassen, so ist es in der That eigenthümlich, dass diese
Fragen in der nicht unbeträchtlichen Amphioxus-Literatur so wenig berücksichtigt worden sind. Die ersten beiden
grösseren, jetzt vor gerade 50 Jahren erschienenen Monographien von Goodsir und von Rathke enthalten in dieser
Beziehung nur die Angabe, dass sich das hintere Ende des Rückenmarks nach hinten, ebenso wie das vordere nach
vorn, gegen das Hinterende der »Wirbelsäule« (Goodsir) oder Chorda dorsalis hin zuspitzt. Nach Rathke verliert
sich das Rückenmark »gegen beide Enden in eine dünne Spitze und reicht nach vorn und hinten völlig so weit wie
die Rückensaite«, nur dem Rückenmarke der übrigen Wirbelthiere entsprechend und kein Gehirn enthaltend. In
Betreff des Vorderendes dieses centralen Nervensystems hatte aber schon Anders Retzius in seiner bekannten brief-
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