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der dritte färbt sich intensiver und verläuft schwach gekräuselt. Durch Maceration tritt dieser Bau noch viel
deutlicher hervor; die Fig. 11 und 12 zeigen dies zur Evidenz. An dem hinteren Ende läuft der Schwanz zugespitzt
aus; es scheint hier nur einer der Fäden, der gekräuselte, stärker färbbare, das eigentliche Ende zu bilden. Am
vorderen Ende läuft aber einer der anderen Fäden ein Stück höher am Kopfe empor und liegt ihm dicht an (Fig. 7),
während sich die anderen beiden falzförmig an dem hinteren Kopfende ansetzen. Die drei Fäden entsprechen
offenbar den drei von E. Ballowitz bei den Coleopteren beschriebenen, der Eandfaser, der Mittelfaser und der
Saumfaser, welche letztgenannte auch hier die gekräuselte ist.
Gerne hätte ich diese Darstellung der Spermien der Insekten weiter geführt und im ganzen auch das
Studium derselben in grösserem Umfang fortgesetzt. Ich fand aber allmählich, dass mein eigentliches Ziel, die
phylogenetischen Entwicklungsstufen derselben — die Ausbildung der hoch differenzierten aus primitiven Typen —
zu eruieren, kaum zu erreichen war. Das Gebiet ist übrigens so kolossal, und die Untersuchungen, und zwar
nicht am wenigsten die Einsammlung von passendem Material, erfordern so viel Zeit, dass ich von der weiteren
Fortsetzung abstehen musste, da mir andere Arbeitziele mehr versprechend erschienen. Persönlich ist mir jedoch
dies Studium von Interesse gewesen, und ich meine auch, dass es nicht ganz ohne Wert ist, die dabei gewonnenen
Befunde hier mitzuteilen, da sie in einigen Beziehungen die grundlegenden Arbeiten von E. Ballowitz und auch
von K. Ballowitz bestätigen und komplettieren.
Sicherlich ist für diejenigen Forscher, welche Zeit und Gelegenheit haben, auf diesem Gebiete umfassende
Untersuchungen durchzuführen, noch viel Interessantes zu gewinnen.
In der obigen, kurz gefassten Darstellung habe ich über meine Befunde hinsichtlich der Bewegungserscheinungen
und der Spermiophoren und Spermiozeugmen keine Mitteilungen gemacht, weil ich zu dem bisher schon
bekannten nichts wesentliches hinzuzufügen habe, obwohl diese interessanten Phänomene oft meine Aufmerksamkeit
gefesselt haben.
Aus der ganzen Darstellung unserer Kenntnisse von den Formen und der Organisation der Spermien der
Insekten dürfte indessen hervorgehen, dass sich trotz der vielen Arariationen gewisse gemeinsame Charaktere
bei ihnen vorfinden. Bei allen oben beschriebenen Formen kann man an ihnen, auch im reifen Stadium, einen
distinkt abgetrennten, aus dem Zellenkern direkt stammenden Kopf, welcher fast immer sehr in die Länge ausgezogen
ist, und einen Schwanz unterscheiden. Dagegen sucht man vergebens nach einem Vertreter des NebenJcern-
oder Mitochondrienorgans, und im ganzen eines Verbindungsstückes. Der Schwanz ist fast immer ein langer
Faden, welcher aus drei bis vier verschiedenen Fasern zusammengesetzt ist, die, wie E. Ballowitz schon längst
zeigte, z. T. aus noch feineren Fasern oder Fibrillen bestehen und bald einander parallel verlaufen, bald umeinander
spiralig oder auch an einer Seite wellenförmig oder gekräuselt angeordnet sind.
Was das Vorkommen von CentraJMrpern betrifft, habe ich bei Repräsentanten der verschiedenen Ordnungen
der Insekten Gebilde angetroffen, welche als solche Organe aufzufassen sein dürften. Sie ähneln sowohl ihrer Lage
als ihrer Gestaltung nach diesen Körpern anderer Tierspermien in hohem Grade. Mit voller Sicherheit lässt sich
aber diese Frage erst durch das eingehende Studium der Spermiogenese entscheiden. Aber auch ein extensives
Studium der Spermienformen der gesamten Insektenordnungen ist in dieser Beziehung wünschenswert.
Bisjetzt sind eigentlich nur die Spermien der Ordnung der Coleopteren in etwas umfassenderer Weise untersucht
worden, indem durch die Arbeit von E. Ballowitz aus dem J. 1890 nicht weniger als 101 Arten aus den
verschiedensten Familien und Genera dieser Tiere studiert worden sind. Aus den übrigen Ordnungen sind durch
die Untersuchungen von K. Ballowitz und mir eine Anzahl von Eepräsentanten studiert; diese Anzahl ist aber
noch zu gering, um aus den bei ihnen gemachten Befunden allgemein geltende Schlüsse zu ziehen. Man muss
deshalb neue umfassende Untersuchungen abwarten, um solche Schlüsse zu machen. Es bleibt demnach noch ein
grosses Gebiet für kommende Forschungen offen. Und dabei muss ganz besonders auch die Spermienentwicklung,
die Spermiogenese, in ihren verschiedenen Stadien berücksichtigt werden. Auf diesem Gebiete liegen schon einige
ausgezeichnete Untersuchungen von dem Meister in dieser Forschung, Fe. Meves, teilweise in Verbindung mit
seinen Schülern, vor. Diese musterhaften Arbeiten locken zu weiteren, umfassenden Untersuchungen. Leider sind
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