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sich löst; die beiden Teile trennen sich auch häufig von einander; die Grenze zwischen ihnen ist eine nach dem
Hauptstück zu stark konvexe Fläche.
Der Schwanz ist nach v. Brunn von der konstanten Länge von 0,084—0,085 mm., vom Kopfe an geschlängelt
und nimmt allmählich an Dicke ab; in einiger Entfernung vom Ende verdünnt er sich plötzlich und setzt sich in
einen äusserst feinen blassen, nicht geschlängelten Eaden fort; das oberste Stück des Schwanzes unter dem Kopfe ist
dunkler, färbt sich nach Osmium-Fuchsinbehandlung rot und entspricht dem Verbindungsstück. Vom geschlängelten
Teil des Schwanzes löst sich, wie schon Schweigger-Seidel bemerkt, gelegentlich ein gewundener Faden ab; ob
aber dieser Faden, wie bei den Salamanderspermien, einseitig an der Axenfaser sitzt, oder ihn spiralig umgibt,
konnte v. Brunn nicht sicher entscheiden; er glaubte sich für die erstere Annahme entscheiden zu sollen, weil an
macerierten Schwänzen der wellige Faden auf lange Strecken ganz abgelöst gefunden wTird. Dieser gewundene
Faden reicht bis an das untere Ende des Hauptstückes des Schwanzes. Durch Fäulnis löst sich die geschlängelte
Faser auf, während die gerade Axenfaser sehr widerstandsfähig ist und keine Spur mehr von einer Trennung in
Hauptstück und Endstück zeigt. Vermutlich stellt die geschlängelte Faser den differenzierten Rand einer den
Axenfaden einhüllenden Protoplasmamasse dar.
v. Brunn suchte auch die Bewegung dieser Spermien zu verfolgen. Diese ist nicht nur geradlinig fortschreitend
, sondern auch mit dem Schwänze schlagend, und nicht nur rotierend.
Hinsichtlich der Entwicklung der Spermien fand er, class die Umbildung der Rundzelle in den Samenkörper
mit der Entstehung des Axenstranges des Fadens im Innern des Protoplasmas beginnt, wonach dieser frei hervortritt.
Der Kern rückt nach dem einen Pol der Zelle hin und sondert sich in zwei Hemisphären, deren kaudale die
dunkle Beschaffenheit behält, die andere sehr hell geworden ist und das Kernkörperchen, sowie eine kleine halbkugelige
^ auf der Fläche der dunklen aufruhende Prominenz zeigt. Es gelang ihm nicht, die Entwicklung dieser
Veränderung zu verfolgen. »Zuerst glaubte ich», sagt er, »in der Begrenzung der hellen Halbkugel ein der
Kopfkappe bei den Säugethieren entsprechendes Gebilde vor mir zu haben, aber ich bin davon zurückgekommen,
weil ich in dem Hohlraum regelmässig das Kernkörperchen fand und weil ich die Kopfkappe der Säugethiere als
ein protoplasmatisches Gebilde bezeichnen muss. Ich muss also die Herkunft dieser Bildung dahingestellt sein
lassen und rechne sie einstweilen dem Kerne zu.» Die beiden Hemisphären des Kernes trennen sich oft an Osmiumpräparaten
. Die ferneren Veränderungen des Kernes bestehen nun bloss in dem Verschwinden des Kern-
körperchens und in der Verlängerung und spiraligen Aufwickelung der gebildeten Teile, wobei die untere Kernhemisphäre
das Hauptstück des Kopfes, die obere den Spiess bildet, an welch letzterem stets die genannte dunkle
Prominenz als dunkler spiraliger Faden, die helle Kappe als kautartige,, halbseitige Umhüllung sichtbar bleiben.
Unmittelbar hinter dem Kopf bemerkt man am Schwänze ein kugeliges dunkles Körperchen, welches in die Länge
wächst und allmählich die Form und Grösse des Verbindungsstückes annimmt. Es entstammt nicht dem Kern,
sondern wohl dem Protoplasma. Die Entstehung des wellenförmigen Fadens am Hauptstück des Schwanzes ist
leicht zu verfolgen. In den • späteren Stadien liegen die Spermien stets zu Bündeln vereinigt; in den früheren
findet man sie als Rundzellen frei im Präparate.
Von anderen Vögeln untersuchte v. Brunn nur den Haushahn und den Enterich. Die Spermien dieser
Tiere haben viel Ähnlichkeit unter einander und mit denen der Säugetiere. Die Bildung des Verbindungsstückes
speziell erfolgt ganz in der Art wie bei jenen, indem sich um den Axenfaden aus dem Protoplasma Granula anfügen
, welche zuerst als körniger Belag, dann als querstreifige Masse erscheinen und eine Spiralfaser im Bereich
des Verbindungsstückes vortäuschen können, welche endlich miteinander zu einer homogenen Masse verschmelzen.
Die Bildung des Axenfadens ist dieselbe intrazelluläre wie bei anderen Tieren.
Ich habe diese Darstellung v. Brunn's so eingehend wiedergegeben, wreil sie so viele vortreffliche Beobachtungen
und in Betreff der Entwicklung der Spermien schon das Meiste unseres Wissens enthält.
In einer kurzen Mitteilung im Anatom. Anzeiger bemerkte O. S. Jensen x) in Betreff der Spermien der
Singvögel (genauer Emberiza citrinella), dass sich ohne Schwierigkeit wahrnehmen lässt, dass v. Brunn's »ge-
schlängelter Faden» nicht wellenförmig auf der einen Seite des Axenfadens herabgeht, wie der Randfaden des
Flossensaumes bei Salamandra, sondern den Axenfaden spiralförmig umgibt. Der Schwanz überhaupt zeigt, sagt
er, sowohl was das Verbindungsstück wie das Hauptstück angeht, in den wesentlichsten Zügen dieselbe Struktur
wie bei den Sägetieren.
!) O. S. Jensen, l'ber die Struktur der Samenkörper bei Säugetieren, Vögeln und Amphibien. Anatom. Anzeiger 1. Jahrg. 1886, Nr 10.
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