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benen Spermien der Vögel in solcher Gestalt nicht vorkommt, sondern dem Typus der Spermien der übrigen
Passeres charakteristisch ist, nämlich ein »sackförmiges» Gebilde, das dem Hinterende des Kopfes anhängt und an
der Seite des Schwanzes liegt, indem es diesen mehr oder weniger deutlich spiralig umwindet (Fig. 1). Dieses
sackförmige Gebilde, welches bei den Spermien der meisten Passeres mehr oder weniger ausgeprägt und bald kürzer
und dicker, bald länger und schmäler auftritt, und zuweilen sogar als eine grosse, mehr kugelige, helle Blase
(Fig. 2) vorhanden ist, wird gewöhnlich von den Autoren als das eigentliche »Verbindungsstück» aufgeführt und
demnach als solches mit dem Verbindungsstück der Spermien der übrigen Vogelordnungen und der Säugetiere
homolog betrachtet. Das Verbindungsstück der letzteren Tiere ist aber das vordere Stück des Schwanzes und
besteht aus dem hier befindlichen Teil des Axenfadens und einer diesen umgebenden Hülle, welche die v. BEUNN'schen
Körner (resp. die Mitochondrien) enthält. Das fragliche Stück an den Spermien der Passeres kann also jedenfalls
nicht dem ganzen Verbindungsstück entsprechen, ihm homolog sein. Bei diesen Vögeln liegen hier so eigentümliche
Verhältnisse vor, dass es bis auf weiteres richtiger ist, die Vergleichung nicht zu weit zu treiben und die gewöhnlichen
Namen nicht überall zu applizieren. Sofern ich die Sache jetzt richtig verstehe, so enthält dieser kleine
sackförmige Klumpen nur einen Teil der zum Verbindungsstück gehörigen Ingredienzien, nämlich einen Teil der
Hülle derselben; er bildet aber um den Axenfaden dieses Stückes keine eigentliche Hülle, sondern liegt demselben
seitlich an und windet sich um ihn teilweise spiralig. Der obere Band dieses Klumpens ist quer abgestutzt und
liegt, wie erwähnt, dem hinteren Ende des Kopfes seitlich eng an oder ist von diesem durch eine schmale Spalte
getrennt; der Klumpen ist ziemlich dick, aber doch etwas abgeplattet und verschmälert sich an seinem hinteren
Ende, welches abgerundet ist und oft ein wenig von dem Schwanzfaclen absteht und hinausragt. Zum Verbindungsstück
würde also teils diese Partie des Sclrwanzfadens mit dem Axenfaden und dessen ziemlich dünner Hülle,
teils auch der eben beschriebene seitliche spiralige Klumpen gehören. Bei der Darstellung der sich entwickelnden
Spermien komme ich noch einmal auf diese Fragen zurück.
Nach hinten von dem erwähnten hinteren kleinen Eing setzt sich der Schwanzfaden in einen längeren,
schmalen Faden fort, welcher von den Autoren als Hauptstück aufgeführt worden ist und wohl dem Hauptstück der
Spermien der oben beschriebenen Vögel entspricht. Dieser Faden verjüngt sich immer mehr nach hinten hin
und endigt fein zugespitzt, ohne ein abgesetztes Endstück darzubieten.
Dem also geschilderten Typus gehört die Mehrzahl der in der Epididymis und im Vas deferens zu findenden
reifen Spermien an. Unter ihnen kommt aber auch eine andere Form vor, welche zuerst Erstaunen erweckt. Man
sieht nämlich an ihnen um den Kopf und die vordere Partie, gewöhnlich die vordere Hälfte, des Schwanzfadens
einen sonderbar erscheinenden, sich in Eosanilin stark färbenden, spiraligen, dicken Strang, welcher sich in mehr
oder weniger starken, hier und da weit abstehenden Windungstouren um das eigentliche Spermium dreht. Wenn
man das von diesem Strang umschlossene Spermium näher studiert, findet man, dass dasselbe ebenso gebaut ist,
wie die Fig. 1 es wiedergibt und wie es oben beschrieben wurde. Das neu hinzugekommene Element ist also eben
der Spiralstrang, ungefähr wie die Fig. 5 die Verhältnisse wiedergibt. Mit seinem oberen zugespitzten Ende windet
sich dieser Strang nicht nur um den eigentlichen Kopf, sondern auch um das Spitzenstück, jedoch nicht ganz bis
zu dessen vorderem Ende, empor (Fig. 5). Der Strang ist meistenteils von cylindrischer Gestalt; gegen sein hinteres
Ende hin plattet er sich aber immer mehr ab und endigt gewöhnlich zugespitzt oder abgerundet; an den nicht
ganz reifen Spermien, welche zuweilen auch in den Epididymiskanälen vorkommen, findet man am Ende des Stranges
gewöhnlich einen rundlichen Klumpen (Fig. 5).
Unter diesen Spermien — ohne Spiralstrang oder mit einem solchen versehen — kommen schliesslich auch
Spiralstränge in isoliertem Zustande vor. Die Fig. 4 stellt einen solchen Strang in typischer Form vor, aber
Variationen in derselben finden sich auch.
Wie soll man nun diese frei vorhandenen Spiralstränge erklären? Offenbar lösen sich die Stränge von den
Spermien ab, wenn diese reif werden, was sehr leicht geschieht, weil sie mit den reifen Spermien nicht organisch
verbunden sind. Dagegen ist es augenscheinlich, dass sie während der Entwicklung der Spermien eine Eolle spielen
müssen. Aus mehreren Gründen ist es deshalb von Interesse zu erfahren, wie sich diese Entwicklung verhält.
Wie ich es in dieser Frage gewöhnlich tue, werde ich auch hier von den reiferen Stadien rückwärts gehen,
weil dadurch die Erklärung leichter wird. Ich beginne also mit dem schon etwas besprochenen Stadium der Fig. 5.
Man hat hier ein beinahe reifes Stadium mit dem Spiralstrang in situ, den Kopf und die vorderen Teile des
Schwanzes umwindend. Der Kopf ist noch wenig gewunden und etwas dicker, als im reifen Zustande. Am hinteren
Ende des Spiralstranges findet man einen rundlichen Klumpen, in welchen dieses hier verbreiterte Ende sich windend
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