http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/biol_unt_1909_14/0222
206
er hinzu, »dass dieser übrige Theil des Mittelstückes auch hier ein Spiralstrang gewesen ist. In einem. Falle glaube
ich auch an Samenfäden des Testikels eine Spiralwindung des Mittelstückes gesehen zu haben. >
Den Angaben von Gibbes schloss sich bald darauf (1881) W. Krause1) wenigstens teilweise an; an den
Mittelstücken der menschlichen Spermatozoen (aus dem Vas deferens) findet sich nach ihm hier und da ein Anhang,
und der Spiralsaum tritt hervor; beim Stier scheint er diesen Saum besser auch weiter hinab am Schwänze verfolgt
haben zu können.
In demselben Jahre (1881) veröffentlichte ich '1) eine Mitteilung über die Zusammensetzung der Spermien und
behandelte dabei auch diejenigen des Menschen. Eine Flossenmembran (nach Gibbes) oder einen Randsauni (nach
Krause) konnte ich weder beim Menschen noch beim Stier finden. Auch an den menschlichen Spermien unterschied
ich nur zwei wesentliche Bestandteile: den Kopf und den Schwanz, indem ich das Mittelstück Schweigger-
Seidel's, als das Verbindungsstück, zum Schwänze rechnete und die hinterste Partie des Schwanzes als das Endstück
aufführte. Ich gab dann eine genauere, mit Abbildungen versehene Beschreibung der reifen Spermien in ihren
einzelnen Teilen. Der Kopf ist oval mit sich in der Regel etwas verschmälerndem Vorderende; von der Kante betrachtet
, zeigt er nach vorn hin eine zugespitzte Gestalt mit hinterem dickerem, rundlichem, dunklerem und stark
lichtbrechendem Teil; am vorderen dünneren Teil sind die beiden Flächen abgeplattet und sogar etwas löffeiförmig
ausgehöhlt. Das Verbindungsstück stellt eine cylinclrische Partie von ungefähr der Länge des Kopfes oder etwas
mehr dar, ist verhältnismässig schmal und an der Oberfläche etwas körnig oder rauh; oft haften hier protoplasmatische
Fetzen an; von Spiralfasern oder Spiralsäumen an ihr konnte ich jedoch gar nichts finden. Das Haupstück des
Schwanzes ist ungefähr um die Hälfte schmäler als das Verbindungsstück, im ganzen cylindrisch, verschmälert sich aber
nach hinten hin und geht zuletzt in das feine, mehr oder weniger stark abgesetzte Endstück über. - • Weil ich zu jener
Zeit gerade mit der Herausgabe meines grossen monographischen Werkes über das Gehörorgan stark beschäftigt
war, konnte ich indessen damals nur eine kurze Beschreibung der typischen Gestalt der Spermien ausführen und
musste u. a. die mehr oder weniger oft vorkommenden und von mir gefundenen Variationen, v. a. die Doppelschwänze
, die körnigen Anhänge u. s. w. unberücksichtigt lassen, »obwohl eine eingehendere Darstellung in mehrerer
Hinsicht von Interesse sein möchte». Ich hoffte nämlich später darauf zurückkommen zu können.
v. Brunn's wichtige Untersuchungen über den Bau und die Entwicklung der Spermien erstreckten sich
leider nicht auf diejenigen des Menschen; sie haben jedoch auf die Auffassung der Verhältnisse bei denselben sowie
auf die folgenden Arbeiten Einfluss gehabt, u. a. auch dadurch, dass er die von mir vorgeschlagenen Bezeichnungen
der Spermiumpartien aufnahm und befestigte. Er zeigte also, dass bei den von ihm untersuchten Säugetieren der
Axenfaden von einer Hülle bekleidet durch den ganzen Schwanz läuft, im Endstück jedoch dieser Hülle entbehrt.
Im A^erbindungsstück sah er bei unreifen Spermien (v. a. bei der Maus) diese Hülle sich aus kugeligen Körnern
aufbauen, welche sich später mit einander ringförmig (oder vielleicht spiralförmig) verbinden.
Im J. 1885 veröffentlichte v. Wiedersperg3) eine Abhandlung über die Entwicklung der Spermien bei
mehreren Säugetieren, u. a. auch bei der Ratte, dem Elefanten und dem Menschen. Da aber die Forschung
auf diesem Gebiete noch zu wenig entwickelt war, sind keine bemerkenswerten Funde zu verzeichnen. Seine Abbildungen
von reifen Spermien des Menschen lieferten auch nichts besonderes, wenn man von eigentümlichen
Biesenspermien und kopflosen Spermien absieht.
Im J. 1887 erschien eine neue Abhandlung von Jensen1), in welcher er auch die menschlichen Spermien
kurz besprach. Hinsichtlich der Angabe von Gibbes über das Vorkommen eines Flossensaums äusserte er: »Ich
habe weder Membran noch Randfaden zu entdecken vermocht und behaupte, dass keins von beiden in der That
existiert. Die Samenkörper des Menschen stimmen, soweit meine Beobachtungen reichen, hinsichtlich ihrer Struktur
mit denjenigen der oben genannten Säugethiere vollkommen überein. Ohne Schwierigkeit entdeckt man, dass das
Verbindungsstück einen feinen geradlingen Achsenfaden enthält, der auch hier mit einem viel stärker lichtbrechenden
Knöpfchen endigt. . . Dass die den Achsenfaden umgebende Partie, welche sich so leicht auflöst, von einem Spiralfaden
gebildet ist, davon habe ich mich allerdings nicht direct überzeugen können, indem ich nicht einen Spiralfaden
abgelöst gesehen habe; da indessen diese Partie, ebenso wie bei den Samenkörpern der anderen Säugethiere, eine dichte
5) W. Krause, Zum Spiralsaum der Samenfäden. Biolog. Centraiblatt, April 1881 — und: Nachträge z. 1. Bande d. Handb. d. Menschl. Anatomie
von 0. F. T. Krause (3 Aufl.) 1881.
2) Gustaf Betzius, Zur Kenntniss der Spermatozoen. Biolog. Unters., herausgg. von G. Betzius (Erste Folge), 1881, VI.
3) Gustav von Wiedersperg, Beiträge zur Entwicklungsgeschichte der Samenkörper. Archiv, f. mikrosk. Anatomie, 25. Band, 1885.
4) O. S. Jensen, Untersuchungen über die Samenkörper der Säugethiere, Vögel und Amphibien. Archiv f. mikrosk. Anatomie, 30. Band. 1887.
Sowie in norwegischer Sprache in Christiania Videnskabsselsk, Forhandl. 1887. — S. auch Anat. Anz. 1886.
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/biol_unt_1909_14/0222