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der Gestalt der Spermien sind indessen bei den im System höher stehenden Säugetieren im allgemeinen ziemlich gering.
Man darf deshalb bei den einander nahestehenden Organismen derselben keine so bedeutenden und auffallenden Abweichungen
erwarten, wie bei manchen niederen Tieren. Um so viel mehr Interesse und Bedeutung haben deshalb
solche Verschiedenheiten, wenn sie in der Tat vorhanden sind. Sie beziehen sich dann bei diesen Spermien sowohl
auf die Gestalt und die Grösse des Kopfes als auf die Proportionen und Dimensionen des Schwanzes und
dessen einzelner Abteilungen.
Schon bei dem ersten Anblick frappierte mich der verhältnismässig auffallende Unterschied der Spermien des
Orangs von denen des Menschen. Auf der Taf. XXI habe ich in den Fig. 1—20 eine Eeihe von Abbildungen
der Spermien des Orangs und einzelner Teile derselben wiedergegeben. Und um den Vergleich mit denen des
Menschen zu erleichtern, wurde auf dieser Tafel in gleicher Vergrösserung ein ganzes Spermium des letzteren nebst
einem Kopfteil, von der Kante gesehen, dargestellt (Fig. 21 und 22). Sowohl der Kopf als der Schwanz und
dessen einzelne Abteilungen sind bei dem Orang Utan und dem Menschen auffallend verschiedenartig. Zwar ist
die Grösse des Kopfes bei beiden ziemlich gleich, die Gestalt desselben ist aber wesentlich ungleich. Ich gehe
jetzt zur Beschreibung der Orangspermien über.
Der Kopf dieser Spermien ist, von der Fläche betrachtet, breit oval, mit der grössten Breite an der Mitte
oder oft auch etwas nach vorn davon, indem sich die hintere Partie stärker verschmälert. Der eine Seitenrand
ist in der Hegel weniger konvex als der andere, so dass die Ovale hierdurch mehr oder weniger unregelmässig
wird. An der Mitte der Fläche sieht man gewöhnlich einen quer verlaufenden Strich, welcher zuweilen etwas
schief gerichtet ist und nicht selten dem hinteren Ende des Kopfes näher liegt. Dieser Strich ist offenbar die
hintere Grenze der Kopf kappe (Fig. 1, 2, 9—20). Ziemlich oft findet sich dicht hinter demselben noch ein solcher
Querstrich, und zwischen den beiden Strichen bemerkt man ein helles, schmales Querband (Fig. 1, 2, 14), welches
einer dünneren Stelle an der Kopfhülle zu entsprechen scheint. Die Kopfkappe steht dagegen zuweilen von der
Kopffläche etwas aus (Fig. 1, 2, 10, 15, 17—19). Die Hülle der hinteren Kopfpartie, welche von dem hinteren
Querstrich vorn begrenzt wird, ist oft ziemlich dick, glänzend und stark konturiert, liegt aber stets der
Kopffläche äusserst dicht an. Das hintere Kopfende ist in der Eegel etwas schief abgestutzt (Fig. 8—20) und
reicht oft mit seiner einen, dem weniger konvexen Seitenrand entsprechenden Ecke weiter nach hinten als mit der
anderen Ecke. An der ersteren, weiter nach hinten reichenden Ecke erkennt man oft, dass eine rundliche Partie,
welche als ein Korn erscheint, den eigentlichen Vorsprung bildet (Fig. 1, 2, 9, 12, 13) und zuweilen sogar als
ein besonderer kleiner Körper, eine kleine Kugel, auftritt (Fig. 2, 20). Es Hess sich nicht sicher entscheiden,
ob dieser Körper wirklich vom Kopfe abgelöst sein konnte, oder ob dies nur so schien und derselbe einem Fortsatz
der eigentlichen Kopfsubstanz entspreche. An verschiedenen Köpfen erhielt ich in dieser Hinsicht wechselnde
Bilder. Neben diesem Fortsatz findet sich die Ansatzstelle des Schwanzes in der Gestalt einer bald ziemlich geraden
(Fig. 2, 8, 9, 12, 13, 15, 16, 20), bald konkaven Fläche (Fig. 14; 17, 18. 19); an der anderen Seite
dieser Ansatzstelle biegt sich die hintere Kopffläche bald in den anderen konvexeren Kopfrand um.
Von den Seitenrändern betrachtet (Fig. 3—7), zeigt sich der Kopf schmal elliptisch mit nur wenig starker
Verdickung der hinteren und mit schwacher Zuspitzung der vorderen Partie, wenn man die centrale Axenfläche in
den Focus einstellt. Betrachtet man aber den Kopf in der Einstellung der Seitenränder, besonders des konvexeren,
sieht man denselben ganz schmal elliptisch, weil die Bänder dünn und ziemlich zugeschärft sind; bei dem Senken
des Tubus von dem oben eingestellten Seitenrande wächst die Kopfbreite an, und man bekommt bei der Einstellung
der Medianaxenpartie die in Fig. 3, 4, 5 abgebildeten Formen, und zwar gewöhnlich mit einer jederseitigen
kleinen Einbuchtung an der Mitte, welche eingesenkten Stellen offenbar der erwähnten Querrinne an den breiten
Kopfflächen entsprechen.
Die Köpfe können indessen hinsichtlich der Grösse ziemlich stark wechseln. Die gewöhnliche Grösse ist
die in Fig. 1 und 2, 3 — 5 wiedergegebene. In den Fig. 6— 20 habe ich eine Anzahl von Variationen abgebildet,
unter denen die Fig. 13 den grössten und Fig. 16 den kleinsten von mir beobachteten Kopf darstellen. Die angeführten
Figuren geben auch die anzutreffenden Variationen in der Gestalt an.
Der Schwanz stellt einen recht langen Faden dar und besteht aus einem Verbindungsstück, einem Hauptstück
und einem Endstück.
Das Verbindungsstück (Fig. 1—5, 8) ist verhältnismässig lang, wenigstens anderthalb so lang als die Kopflänge
und bildet einen ziemlich dicken Cylinder, welcher gewöhnlich, ohne eine Halspartie zu zeigen, dicht hinter
dem Kopfe beginnt und nach hinten hin sich allmählich etwas verschmälert ; an dem Ubergang zum Hauptstück
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