Universitätsbibliothek Freiburg i. Br., V 9622
Retzius, Gustaf
Biologische Untersuchungen
Jena, N. F. 16.1911
Seite: 11
(PDF, 39 MB)
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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/biol_unt_1911_16/0025
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eigenen Augen zu beobachten wünschte, bevor ich davon ganz überzeugt werden, konnte. Ich erwähne diese meine
Stimmung, um zu betonen, dass ich um so mehr erstaunt wurde, als ich Schritt für Schritt von der adäquaten Beschaffenheit
der Darstellungen der Vorgänger, und zwar vor allem Oscar Hertwig's, überzeugt wurde. Die Beobachtungen
derselben waren ja grösstenteils an lebenden und frischen Eiern teilweise auch unter Zusatz von Reagenzien,
ausgeführt. Ich arbeitete dagegen vor allem mit den Methoden der neueren Technik und mit starken Vergrösse-
rungen. Ich fixierte die in das Meerwasser entleerten Eier zu bestimmten Zeitmomenten (nach 5—10—15—20—
25 — 30 u. s. w. Minuten) entweder in Sublimatlösungen (Zenker'scher Flüssigkeit etc.) oder in Pikrinessigsäure, welche
mir die besten Resultate gaben. Die Flemming'sche und die Hermann'sche Mischung lieferten bei weitem nicht so
schöne Bilder. Die Färbung der dünn mikrotomierten Schnitte (2, 3 und 4 jm-, am besten 3 n) wurden mit Eisen-
alaun-Hämatoxylin nach M. Heidenhain ausgeführt. Die Präparate ergaben in der Tat eine Reihe prägnanter Bilder
, welche zeigten, dass der Nucleolus des Keimbläschens nach solchen Veränderungen, die Hertwig geschildert
hat, kleine Körperchen an die im Ei entstandene Zentrosomstrahlung resp. die Spindel des ersten-Richtungskörpers
abgibt. Dies liess sich in zahlreichen Fällen in den dunklen Silhouette-Bildern der Hämatoxylinfärbung deutlich
bestätigen.

Aber — und dies scheint noch von niemand versucht worden zu sein ■— ich wünschte die Eigenschaften
und das Verhalten dieser Körperchen bei der Anwendung von erläuternden Farbenreagenzien kontrollieren und ihre
Ausbildung während des Reifungsprozesses im Keimfleck genauer verfolgen zu können. Hierzu eignete sich die
dunkle Hämatoxylinfärbung nicht. Ich zog deshalb die Bionclifärhing hinzu. Nach einigen misslungenen Versuchen
vermochte ich bald ganz schöne Präparate mit dieser Methode zu erhalten. Uber diese Befunde soll nun
hier berichtet werden. Auf den Tafeln I, II und III habe ich eine Auswahl der zahlreichen von mir beobachteten,
diese Erscheinungen darstellenden Bilder wiedergegeben. Die Tafeln I und II enthalten Stücke von Eischnitten,
die nach der Biondimethode, die Tafel III solche, welche mit Hämatoxylin behandelt worden sind. In der folgenden
Darstellung kann ich, unter Hinweis auf die Figuren dieser Tafeln und die Angäben meiner Vorgänger, die
Beschreibung der Befunde ganz kurz fassen.

Mir liegt aber ob, hier nicht nur den Reifungsprozess an und für sich zu behandeln, sondern auch im
Zusammenhang mit anderen, in diesem Bande veröffentlichten Befunden das Verhalten der Chromosomen und des
Chromatins der Kerne im ganzen zu verfolgen und zu eruieren, weshalb ich hier auch auf diese Erscheinungen
genauer eingehe.

Hinsichtlich der Asteriaseier beabsichtigte ich indessen mit meiner Untersuchung in diesem Jahre, nicht
nur das Verhalten der Chromatin Substanz bei dem Reifungsprozess, sondern auch während der ganzen ersten Entwicklung
zu studieren, und zwar sowohl nach der normalen Befruchtung als auch bei der Parthenogenese und bei
Kreuzungen. Diese letzteren Aufgaben konnten aber leider infolge eines Zufalls nicht durchgeführt werden. Nachdem
in der ersten Woche des Mai in den verschiedenen Meeresbusen des Gullmarfjords eine Menge von Weibchen
der Asterias rubens mit reifen oder beinahe reifen Eiern in den prallgefüllten Ovarien gefunden worden
waren, geschah es, dass in der folgenden Woche fast alle anzutreffenden Exemplare dieses Tieres plötzlich ihre
Eier entleert hatten, so dass danach fast keine mehr mit Eiern angetroffen wurden. Die bis dahin prallgefüllten
grossen Ovariensäckchen zeigten sich nunmehr auf ein Minimum ihrer Grösse reduziert. Und dasselbe Schicksal
betraf auch die Männchen. Ich hatte in der ersten Woche des Mai eine grosse Anzahl solcher untersucht und
bei keinem einzigen ganz reife Spermien antreffen können; diese waren noch nicht beweglich, nur bei einzelnen
sah man eine Andeutung von beginnender Bewegung der Köpfe. Auch die Eier waren offenbar grossenteils noch
nicht fertig ausgebildet obwohl ich dennoch eine Reihe von Tieren antraf, bei denen es gelang, die Abgabe der
Richtungskörper hervorzuruten. Offenbar war bei den Seesternen etwas eingetreten, was sie veranlasst hatte, ihre
Geschlechtsdrüsen zu früh zu entleeren. Entweder war eine Krankheit oder auch eine schädliche Einwirkung der
Umgebungen eingetroffen. In der Tat konnte gerade in der zweiten Woche des Mai eine Zumischung von Süss-
wasser zu dem Meerwasser infolge des anhaltenden Landwindes (von der Ostseite) vom Inneren des Gullmarfjords
angenommen werden.

Ich habe diesen Unglücksfall hier erwähnt, weil dadurch erklärt wird, weshalb ich leider die geplanten
Untersuchungen nur zum Teil durchführen konnte. Diese wurden durch die so allgemein gestörte Entwicklung
der Eier aller anzutreffenden Seesterne schon in ihrem Anfang unterbrochen. Die normale Befruchtung der Asterias-
eier vermochte ich also nicht zu erhalten. Von der parthenogenetischen Entwicklung bekam ich aber schon früh
eine Anzahl von Stadien. Und was die Ausreifung der Eier betrifft, gelang es mir schon in der ersten Woche


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