http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/biol_unt_1911_16/0029
15
tritt die neue wichtige Phase des Beifungsprozesses ein, in welcher in der dem Nucleolus zunächst gelegenen Partie
des Eiprotoplasmas ein Zentrosom mit einer es rings umgebenden Strahlung bemerkbar wird (Fig. 4 der Taf. I).
In den Biondipräparaten tritt das schön rot gefärbte runde Zentrosoma mit seiner hellen Sonne stark hervor. Der
Nucleolus nähert sich immer mehr dem Zentrosom, indem er aus dem Kernraum hinaus einen Portsatz von verschiedener
Form gegen die Strahlung hervorschiebt. Man erkennt nun in der Substanz des Nucleolus eine Anzahl getrennter,
ungefähr gleich grosser, stark blaugefärbter Körperchen oder Körner, welche auch in den erwähnten Fortsatz hineindringen
. Die schon vorher vorhandene blaue Substanz hat sich in eine Anzahl getrennter Körner gespalten. Diese
Körner treten nun, das eine nach dem anderen, aus dem Nucleolusfortsatz in die Strahlung über; man erhält aus
dem ganzen Benehmen den Eindruck, dass sie von dem Zentrosom angezogen werden. Aber nun trifft eben das
wichtige Moment ein, wo diese Körner durch die Biondifärbung ihre wirkliche Natur und Beschaffenheit offenbaren
. Sie nehmen nämlich bei dem Austritt aus dem Nucleolus und dem Übergang in die Strahlung bei der
geeigneten Biondi-Färbung konstant eine intensiv blaugrüne Farbe an, welche sogar dem echt Grün sehr nahe
steht. Hierdurch erweisen sie sich auf einmal auch als aus NuMein, falls nicht aus Nukleinsäure, bestehend.
Es ist dies, wie betont, ein sehr wichtiges Moment. Im Nucleolus waren sie doch von dunkelblauer Farbe, was
auf eine Mischung von Nuklein und Eiweiss hinweist. Beim Austritt aus dem Nucleolus sind sie rein blaugrün
oder sogar noch mehr grün (Nukleinsäure?) gefärbt. Es ist dies ganz auffallend, vor allem wenn man, wie recht oft
geschieht, Stellen antrifft, wo ein Körperchen eben aus dem Nucleolus ausgetreten ist (Fig. 7, 10, 6 der Taf. I).
In dieser Weise gibt der Nucleolus das eine Körperchen nach dem anderen ab, welche in den Umkreis der
Strahlung des Zentrosoms eintreten.
Der Nucleolus stellt aber zuweilen nicht nur einen einzigen, zusammenhängenden Körper dar, sondern
teilt sich schon früh in mehrere Stücke, wie die Fig. 6 der Taf. I zeigt. Hartmann hat ebenfalls solche gesehen.
In diesen Fällen schickt das Organ nicht nur einen einzigen Fortsatz, sondern mehrere solche, zwei, drei, vier, fünf
(Fig. 6), welche alle je für sich grün gefärbte Körperchen abgeben können, gegen das Zentrosom. Sowohl in der
Form als in der Verteilung des Nucleolus und seiner genannten Fortsätze können manche Variationen vorkommen,
so dass man keine für alle Fälle geltende Darstellung geben kann. Die in Fig. 7, 8 und 10 (Taf. I) wiedergegebene
■Gestalt scheint indessen die am gewöhnlichsten anzutreffende zu sein. Nicht selten findet man den von 0. Hertwig
dargestellten langhalsigen Fortsatz (Fig. 3 der Taf. III). In anderen Fällen ist kein Fortsatz nachweisbar (Fig. 5 der
Taf. I); es ist aber sehr möglich, dass der Fortsatz sich amöbenartig herausstrecken und wieder zurückziehen kann.
Harthann meint, dass die in der beschriebenen Weise von dem Nucleolus abgegebenen Körperchen, welche,
indem sie sich um das Zentrosom anordnen, Chromosomen darstellen, noch von einem Mantel aus Plastin umgeben sind.
Meine Befunde mit der Biondifärbung widersprechen dieser Auffassung. Ich finde um dieselben keinen roten Mantel,
sondern nur die grünen, offenbar aus Nuklein (resp. Nukleinsäure) bestehenden Körperchen, also echte Chromosomen.
Nun tritt, etwa zwischen 40 und 50 Minuten nach der Ablage der Eier, die Teilung des Zentrosoms in
zwei Tochterzentrosome mit je einer Strahlungssonne ein, und zwischen ihnen spannt sich ein Faserband aus, welches
zu der Spindel wird, um welche sich die Chromosomen anordnen (Fig. 8 und 9 der Taf. I). Die Chromosomen
behalten fortwährend ihre grüne Farbe, und der ganze Spindelapparat mit ihnen und den beiden Zentrosomen
sowie mit ihren Strahlungen wandert gewöhnlich noch vor dem Ende der ersten Stunde nach der EioberfJäche hin,
um dort in das Stadium der Abgabe der Bichtungskörper überzugehen.
Der Nucleolus bleibt noch ungefähr an jener Stelle liegen, wo er die Chromosomen abgegeben hat, und
zeigt in seinem Inneren noch die übriggebliebenen blauen Körner. Wie Hartmann angibt, ist der Nucleolus in
den Präparaten während der ganzen Zeit, in welcher der Prozess der Abgabe der Chromosomen vorsichgeht, von
einem »leeren j Baum umgeben, welcher ihn von dem gekörnten Fasergeflecht des Kernraums trennt und nur den
Kernsaft enthält. Schliesslich zieht er sich gewöhnlich mehr in den alten Kernraum zurück und zerfällt dann,
wenn dies nicht schon früher geschah, in mehrere Stücke verschiedener Grösse, die oft voneinander getrennt
liegen können (Fig. 11 der Taf. I). Sowohl der Best des Nucleolus als des gekörnten Fasergeflechtes lassen sich,
noch einige Zeit, zwei oder drei Stunden, im Protoplasma des Eies nachweisen, und zwar besonders durch die
bläuliche Färbung. Ich bemühte mich sehr zu eruieren, was aus diesen Besten zuletzt wird, und wie lange sie
noch im Eiprotoplasma nachzuweisen sind. Dies gelang mir aber nicht sicher. Sie wrurden immer undeutlicher
begrenzt und scheinen in der Tat, wie man angenommen hat, in das Protoplasma überzugehen oder auch ganz
aufgelöst zu werden. Die Nucleolusreste scheinen allmählich in kleinere Körnchen zu zerfallen, welche in das
Protoplasma zerstreut Averden. In den Hämatoxylinprüparaten findet man in der Tat in der Umgebung der Stelle,
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/biol_unt_1911_16/0029