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In dem Blastulastadium finde ich aber, gerade wie bei der parthenogenetischen Entwicklung, in den sämtlichen
Zellen der Wandung nur eine Tendenz zur (rnmfärbung, und zwar sowohl in den Teilungs- als in den
Euhephasen. Die Fig. 18 der Taf. V zeigt eine kleine Partie der Wand einer solchen Blastula; im Gastrula-
stadium fand ich dieselben Verhältnisse.
Schliesslich will ich auch hier die Bemerkung beifügen, dass in den Fällen, wo eine Polyspermie eingetreten
ist und die Spermienköpfe besondere Zentrosome erhalten und in Teilungen eintreten, sowie in den Fällen, wo
sonst abnorme Teilungen des Eikerns mit Spindelbildungen entstehen, die an den Spindeln vorhandenen Chromosomen
stets die Tendenz zur 6rnmf ärbung darbieten. Die Fig. 19 der Taf. V stellt bei schwächerer Vergrößerung
ein solches Beispiel von abnormen Spindelbildungen, je mit einer Gruppe von grünen Chromosomen in den Äquatorialplatten
der Spindeln, dar.
Kurzer Rückblick.
Wenn man die Ergebnisse der obigen Befunde "zusammenstellt, so findet man hauptsächlich folgendes:
1. Die Eier der Ovarien enthalten in ihrem grossen Nucleolus die hauptsächliche, für die Chromosomen
der Bichtungskörper und des Eikerns bestimmte Chromatinsubstanz des Keimbläschens, aber nicht in reinem Zustand,
sondern mit Eiweis intim vermischt. Dies geht aus der konstauten, dunkel violettblauen Färbung des Nucleolus
nach der Behandlung mit Biondigemisch hervor.
2. Die eigentliche Abtrennung der genannten Substanz von dem Eiweiss fängt erst nach der Ablage der
Ovarialeier in das Meerwasser an. Dieser von E. Van Beneden, Greeff, Fol, vor allem aber von Oscar Hertwig
eruierte, in späterer Zeit von M. Hartmann bestätigte, von Schaxel in den Hauptmomenten aber als irrtümlich
erklärte Prozess, welcher mit den merkwürdigen Veränderungen im Keimbläschen und im Nucleolus sowie mit dem
Auftreten des Zentrosoms und der Strahlung im angrenzenden Protoplasma innig verbunden ist, schliesst mit der
Abgabe der echten Chromosomen von dem Nucleolus her an die am Zentrosom entstehende erste Eichtungsspindel
ab. Diese Chromosomen zeigen beim Austritt aus dem Nucleolus durch ihre klar blaugrüne Farbe, wenn sie mit
Biondigemisch behandelt wurden, dass sie nunmehr aus ungefähr reinem Nuklein bestehen. Diese Farbe behalten
sie während der Teilungsstadien der beiden Eichtungsspindeln sowie in den beiden Eichtlingskörpern, wogegen
dieselbe nach der Abgabe der letzteren in den im Ei zurückbleibenden Chromosomenstücken bald verschwindet
und durch eine rote Farbe ersetzt wird.
3. Der in dieser Weise entstandene, sich rot färbende Eikern zeigt, erst nachdem er, entweder durch die
normale Befruchtung durch die Spermie oder durch parthenogenetische Entwicklung, in einen Teilungsakt eingetreten
ist, wieder eine blaugrüne Farbe in den an der Spindel auftretenden Chromosomen.
4. Die in das Ei eingedrungenen Spermien behalten die intensive Färbbarkeit ihrer Köpfe resp. ihrer
Chromosomen durch das Methylgrün des Biondischen Gemisches noch bis zum Verschmelzen mit dem Eikern im
Befruchtungsakt. Nach der Verschmelzung schwindet sofort diese Färbbarkeit durch das Methylgrün, und die rote
Farbe herrscht ganz in dem vereinigten »ruhenden» Kern.
5. Erst im Teilungsstadium des vereinigten Kerns tritt wieder die blaugrüne Farbe auf, indem die Chromosomen
an der Spindel stets eine intensive solche Tarbe im Biondigemisch darbieten. Nachdem sie an den Polen
angelangt sind und indem sie in Bläschen sich umwandeln, verschwindet wieder die blaugrüne Färbung der Chromosomen
, und die durch Verschmelzung der Bläschen entstandenen Kerne des geteilten Eies nehmen nicht die
blaugrüne, sondern nur die rote Farbe auf. Erst nachdem sie wieder in eine Teilungsphase übergehen, treten
blaugrün gefärbte Chromosomen von neuem an den Spindeln auf, um dann wieder im Bläschenstadium und im
Euhestadium nur die rote Farbe anzunehmen.
6. In der Blastulaperiode werden alle, oder beinahe alle Kerne der entstandenen Zellen durch das Biondigemisch
blaugrün gefärbt, also sowohl die in Teilungsphasen als die in dem Euhestadium befindlichen.
Auf die aus diesen Befunden zu ziehenden allgemeinen Schlüsse will ich, nachdem bei anderen Tieren und
in anderen Geweben und Organen die Ergebnisse der entsprechenden Studien mitgeteilt worden sind, hier unten
etwas näher zurückkommen.
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