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körper-Spindel und ihres inneren Chromosomenpaares, dessen beide Stäbchen ihre blaugrüne Farbe bisher unverändert
behalten haben, über. Aus diesen beiden Chromosomen soll nun der wichtigste Teil des zw befruchtenden
reifen Eies, der Eikern, gebildet werden. Wie vor allem Boveri eingehend geschildert hat, entsteht bald um dieselben
ein kleiner heller Kaum, welcher ringsum von einer dünnen Membran begrenzt wird; die beiden Chromosomen
liegen dann, in der Regel voneinander getrennt, an jedem Ende dieser Blase, der Wandung derselben angelehnt
. In meinen Biondipräparaten kann man ihr Verhalten genau verfolgen. In den Fig. 15, 16, 17, 18 und
19 der Taf. VI sieht man sie als zwei blaugrüne, oft etwas gebogene, kurze Stäbchen, welche, wie Boveri u. a.
angeben, gewöhnlich weit voneinander getrennt, zuweilen jedoch auch einander genähert (Fig. 17 und 19), in der
hellen, rundlich-ovalen oder auch unregelmässig gestalteten (Fig. 17) Blase liegen. Die Biondipräparate zeigen nun,
dass bald um die blaugrünen Stäbchen rote, gekörnte, verzweigte Fasern entstehen, welche sich immerfort vermehren
(Fig. 15 —17 der Taf. VI) und Brückenfasern zwischen den Stäbchen selbst sowie zwischen ihnen und der Wandung
der Blase bilden. Die Blase vergrössert sich immer mehr. Sie liegt noch nahe an und nach innen von dem zweiten
Richtungskörper, und man bemerkt zuweilen im Eiprotoplasma noch undeutliche Reste der Spindelmasse. (Fig.
15 und 17). Die blaugrünen Stäbchen verschmälern sich allmählich und erbleichen, während die roten Stränge
sich vermehren. In den Fig. 1, 2, 3, 4 der Taf. VII sind einige solche Stadien wiedergegeben, in denen auch
der während derselben Zeit weiter entwickelte Spermiekern sich mehr und mehr dem Eikern genähert hat. In
Fig. 1 dieser Tafel bemerkt man aber in der Nähe der Eioberrläche zwei Kerne, welche offenbar beide dem Eikern
entsprechen. Es kommt nämlich nicht gerade selten vor, dass statt eines Eikerns zwei solche mit je , einem
Chromosomstäbchen entstehen. Es lässt sich diese Tatsache dadurch erklären, dass in diesen Fällen jedes Stäbchen
von einer besonderen Blase umgeben worden ist, und dass diese Blasen sich nicht vereinigt haben, sondern fortwährend
getrennt blieben; auch in den folgenden Stadien trifft man solche Eikerne, die noch aus zwei getrennten Blasen
bestehen. Es ist sogar möglich, dass eigentlich von Anfang an stets um jedes Stäbchen zuerst eine Blase entsteht
, obwohl diese Blasen gewöhnlich ganz früh sich vereinigen, wie dies auch bei den; Chromosomenstäbchen des
zweiten Richtungskörpers zu finden ist. In der Fig. 7 der Taf. XI habe ich einen solchen Fall wiedergegeben^
wo die beiden Chromosomenpaare sich in dieser Weise verhalten; und in Fig. 6 derselben Tafel sind ebenfalls die
beiden Chromosomen des zweiten Richtungskörpers von je einer Blasenwandung umschlossen.
Schliesslich verschwinden die blaugrünen Chromosomenstäbchen vollständig im Eikern, und das rote Faserwerk
vermehrt sich, wobei gewöhnlich in demselben noch einige kleinere blaugrüne Körner sichtbar sind. Schliesslich
ist aber diese Farbe ganz verschwunden, und nur ein rotes, gekörntes Faserwerk lässt sich mit der Biondifärbung
im Eikern nachweisen (Fig. 5 der Taf. VII). Gewöhnlich findet sich aber, wie diese Figur zeigt, in ihm noch
eine etwas grössere Kugel, welche wohl als eine Art von Nucleolus zu betrachten ist. Der Eikern ist in dieser
Weise in ein »Buhestndium» eingetreten, das, wie es scheint, eine längere Zeit anhält. Man findet nämlich in den
Präparaten dieses Stadiums auffallend oft, und zwar von sehr vielen Eiern, vertreten.
Nachdem ich also das Keimbläschen des Eies durch die Phasen der Abgabe der Richtungskörper bis zu dem
Stadium des Eikerns in der ersten Ruhe verfolgt und hierbei ganz besonders die Veränderungen in der Form und
Färbbarkeit der Chromosomen studiert habe, kehre ich nun zu dem Verhalten der eingedrungenen Spermie zurück,
welche während der grössten Phase dieser Zeit still in der Mitte des Eies gelegen hat.
Die reifen konischen oder birnförmigen Spermien von Ascaris megalocephala bestehen bekanntlich aus drei
ineinander geschachtelten Partien: einem protoplasmatischen Körper und zwei in denselben eingelagerten Teilen, dem
verhältnismässig kleinen, kugeligen oder ovalen Kern und dem konischen sogenannten Glanzkörper, welcher etwa
drei Viertel der ganzen Spermie einnimmt. Im Biondigemisch (Fig. 23 der Taf. VI) färbt sich der Kern intensiv
blaugrün mit ausgesprochenem Überwiegen der grünen Farbe, die also stark auf Nuklein hindeutet. Der Grlanzkörper
färbt sich klar und rein himmelblau, was vielleicht eine Mischung von Nuklein und Eiweiss andeuten
dürfte. Die Protoplasmasubstanz nimmt die rote Farbe auf; in ihr erkennt man eine bedeutende Anzahl von
relativ grossen, etwas glänzenden Körnern, welche die Partie der Spermie, in welcher der Kern liegt, einnehmen; die
Protoplasmasubstanz bildet aber auch bekanntlich eine dünnere, sich rotfärbende Hülle ringsum den GHanzkörper,
welche auch die Spitze der Spermie ausmacht; in dieser Hülle sind gewöhnlich nur kleinere Körner vorhanden.
Der Glanzkörper, welcher aus einer weichen, halbfesten, strukturlosen Substanz besteht und in seiner konischen
Gestalt offenbar durch die äussere, protoplasmatische Hülle bestimmt wird, zerfällt zuweilen in zwei oder mehrere
Stücke, welche dann als kuglige Tropfen verschiedener Grösse erscheinen (Fig. 24 der Taf. VI). Wenn man bei
der Präparation den ganzen Glanzkörper aus der Spermie isoliert bekommt, nimmt er eine ganz kuglige Gestalt an.
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