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oder längere Arme bemerkt, die sich nach, der früheren Teilungsebene erstrecken (Fig.7 der Taf. IX; Fig. 4 der
Taf. XIII). In diesem Stadium des geteilten Kerns, welches offenbar einem echten »Ruhestadium» entspricht,
sind die noch dünnen, netzartigen Stränge im »Kernsaft» samt ihren in diesen aufgehängten Körnern nach der
Behandlung mit dem Biondigemisch sämtlich intensiv dunkel rot: die roten Stränge und Körner erstrecken sich bis
in die Enden der Kernarme hinaus. Solche verästelte Kerne sind schon längst von den Autoren beschrieben und
abgebildet worden und kommen in Menge vor. Bei der Färbung derselben , mit Hämatoxylin treten ihre Konturen
noch schärfer hervor; die in ihnen befindlichen Körner und Fäden färben sich bei geeigneter Differenzierung
schwarz. In manchen Präparaten sind sie sogar in überwiegender Anzahl vorhanden; doch glaube ich kaum, dass
sie ein besonderes Stadium der Ausbildung bezeichnen, so dass alle Kerne zu einer gewissen Zeit ihrer Entwicklung
diese Gestalt haben.
Allmählich tritt dann in den Kernen wieder eine Veränderung ihres Inhalts ein. Die feinen Fasern in
ihnen ziehen sich zu dickeren Strängen zusammen, und die Körner sammeln sich in ihnen zu grösseren Klumpen
(Fig. 4 der Taf. XIII), wobei diese gekörnten Stränge in der Begel quer oder schief über den länglich ausgezogenen
Bauch des Kerns ziehen und in die erwähnten Fortsätze desselben hinabsteigen, in welchen die Körner jedoch
gewöhnlich noch feiner sind und noch zerstreuter liegen. Wenn man nun die entsprechenden Biondipräparate
untersucht (Fig. 8, 10 der Taf. IX), so findet man, dass die zusammengezogenen und verbreiterten Stränge in
ihnen Maugrün geworden sind. Es ist mir nicht gelungen, zu ermitteln, ob die Stränge in dem Stadium der Fig. 8 einen
zusammenhängenden Faden bilden, oder an einigen Stellen unterbrochen sind. Bald werden diese Stränge noch
dicker und kürzer, und dann sieht man deutlich, dass sie in den Kernfortsätzen frei endigen, also wirklich unterbrochen
sind (Fig. 10 der Taf. IX). Ihre blaugrüne Farbe ist bald noch intensiver geworden, und nichts in ihnen
tritt mehr in roter Farbe hervor. Der Kern bereitet sich wieder zur Teilung vor. Die während der ganzen nun
verlaufenen Periode an seinem äusseren Umfang gelegene Zentrosphäre (Fig. 6, 7, 8 der Taf. IX; Fig. 1, 2, 3 der
Taf. XIII) teilt sich bald in ähnlicher Weise wie bei der ersten Teilung, und die beiden Tochterzentrosphären legen
sich den entgegengesetzten Polen des Kerns an; eine Spindel entsteht nach dem Verschwinden der Kernmembran
u. s. w.
In den beiden durch die erste Teilung des Eies entstandenen Tochterzellen geht, wie v. a. zur Strassen
betonte, der neue Teilungsprozess oft nicht ganz gleichzeitig und parallel vor sich, und die Teilungsachsen derselben
stehen mit geraden Winkeln gegeneinander. Diese beiden Eizellen haben ja für die Bildung des neuen Tierkörpers
besondere Aufgaben. Die erste Teilung ist eine inäquale, indem die »obere» Zelle (Nr. I zur Strassen's)
konstant etwas grösser als die »untere» (Nr. II) ist. Die obere grössere liefert durch ihre Nachkommen nur das
»Ektoderm», die untere kleinere dagegen die Mehrzahl der Organsysteme, nämlich die Geschlechtsanlage, das Meso-
derm, den gesamten Verdauungstractus und einen Teil der Körperbedeckung (Boveri, zur Strassen). Von dem
Teilungsprozesse dieser Tochterzellen habe ich auf den Tafeln XIII und X einige Beispiele wiedergegeben, welche
das Verhalten derselben anzeigen. In Fig. 5 der Taf. XIII ist in Hämatoxylin-Eosinfärbung ein Ei abgebildet,
in dem sich die untere Zelle (II) schon in zwei neue Tochterzellen mit je einem Kern in einem neuen Teilungsstadium
begriffen geteilt hat, während die obere Zelle sich noch im Spindelstadium befindet. In den Biondiprä-
paraten findet man nun, dass die Chromosomen sich vor, während und einige Zeit nach der Teilung im Spindelstadium
intensiv blaugrün färben (Fig. 1 und 2 der Taf. X), wogegen sie in den Ruhestadien dazwischen nur die
rote Farbe annehmen (Fig. 3, oben auf derselben Taf.). Es herrschen hier also dieselben Gesetze wie bei der ersten
Teilung des Eies, und ich brauche nicht weiter auf die Einzelheiten einzugehen. Bei jedem folgenden Teilungsakte
wiederholt sich dann dasselbe Gesetz.
In den Blastula- und Gastrulastadien geschieht noch insofern dasselbe, dass bei jeder Teilung der Zellen
vor, während und etwas nach dem Spindelstadium die Chromosomen intensiv blaugrün hervortreten (Fig. 5 der
Taf. X). In dem Ruhestadium zwischen den Teilungsakten verschwindet aber hier die blaugrüne Farbe nicht,
sondern wird nur etwas bleicher und geht nicht in eine rote über. Dies stimmt also mit dem Verhalten der
Chromosomen der Kerne in der Blastula und Gastrula der Eier der Echinodermen überein. Die Fig. 5—8 der
Taf. X stellen einige Vertikalschnitte von Gastrulae der Ascaris dar.
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