Universitätsbibliothek Freiburg i. Br., V 9622
Retzius, Gustaf
Biologische Untersuchungen
Jena, N. F. 16.1911
Seite: 32
(PDF, 39 MB)
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In seiner im Jahre 1888 herausgegebenen berühmten Arbeit über 6Die Befruchtung and Teilung des Eies
von Ascaris megcdocephala» besprach Boveri1) im Zusammenhang mit seiner Darstellung seiner Archoplasma-Lehre
gelegentlich die Frage von der Struktur des Protoplasmas der Ascariseier. »Die Konstitution der Zellsubstanz des
Ascariden-Eies ist eine sehr komplizierte», äusserte er, »und ich kann nicht behaupten, dass ich imstande gewesen
wäre, dieselbe vollkommen zu analysieren. Was vor allem eine richtige Vorstellung erschwert, das sind die ausserordentlich
wechselnden Bilder, die man mit verschiedenen Eeagentien, ja mit einem und demselben ßeagens
erhält . . . Ich beschränke mich daher auf die ganz allgemeine Angabe, dass nach den verschiedenen Präparaten,
die ich gesehen habe, die Zellsubstanz aus einer homogenen Grundsubstanz gebildet wird, in der sich ein fein-
fädiges, bald eng-, bald weitmaschiges Gerüst ausbreitet. Zwischen diesem Fadenwerk sind in die Grundmasse
grössere und kleinere Dotterkörper, sehr kleine regellos zerstreute Körnchen und eine spezifische, je nach dem
Entwicklungszustand des Eies körnige oder fädige Substanz eingelagert. Was ich im Folgenden mitteile, bezieht
sich fast ausschliesslich auf diese letztere Substanz. Die übrigen Bestandteile der Zelle nehmen, wie es scheint,
an dem Teilungsvorgang keinen aktiven Anteil, sondern werden bei der Durchschnürung der Zellsubstanz ihrer
Lage entsprechend einfach auf die Tochterzellen verteilt.» Boveri ging dann zur Darstellung des Archoplasmas
über, welches er als »eine von den übrigen Zellbestandteilen verschiedene Substanz» auffasste und in dem früheren
Stadium als eine Anhäufung um den in das Ei eingedrungenen Samenkörper als Zentrum durch Attraktion des
letzteren auf jene Substanz bedingt fand. Bei der späteren Wanderung des Samenkörpers zu dem Eikern, verliert
jener die Beziehung, in der er bisher zu der Archoplasmakugel gestanden hat, sehr rasch und nimmt den Archo-
plasmahof nicht mit sich, sondern verlässt ihn. Nachdem das Zentrosoma entstanden ist, übt es »auf das in der
Zelle enthaltene Archoplasma eine Attraktion aus derart, dass es, um sich selbst als Zentrum, diese Substanz zu
einer dichten körnigen Kugel kontrahiert».

Von der Entwicklung der fädigen Strahlen gab Boveri folgendes Bild: »Die in radialer Richtung aufeinander
folgenden Mikrosomen der ursprünglichen Kugel treten miteinander durch feine Fibrillen in Verbindung,
wodurch ein kontinuierlicher Faden entsteht, an dem jetzt die Körnchen als Anschwellungen imponieren. Die
Verlängerung des Fadens geschieht dadurch, dass zuerst die peripher gelegenen Mikrosomen sich weiter voneinander
entfernen ... Je weiter ein Radius in die Zellsubstanz hinausreicht, um so mehr Mikrosomen werden zu seiner
Bildung in Mitleidenschaft gezogen ... Es wäre möglich, dass schon in der ruhenden Archoplasmakugel die
benachbarten Mikrosomen durch Fibrillen miteinander verbunden sind und so nur die verdickten Knotenpunkte
eines feinen Balkenwerks darstellen, welche Struktur Van Beneden dem ganzen »Protoplasma» zuschreibt und welche
er in der mit Nett gemeinsamen Arbeit auch für die »Spheres attractives» anzunehmen scheint. Nachweisbar ist
jedoch ein solcher Zusammenhang an meinen Präparaten nicht . . . Ich neige mich vorderhand zu der Ansicht,
dass die einzelnen Arei>.oplasmamikrosomen selbständige Gebilde, nicht Knotenpunkte eines einheitlichen Gerüstwerks
sind, und dass dieselben erst zur Zeit der radiären Ausbreitung des Archoplasmas in der Zelle eine Ver-
bindung miteinander eingehen, ohne dabei ihre Selbständigkeit aufzugeben». Boveri schildert auch die Teilung
des Archoplasmas zu zwei vollkommen getrennten Kugeln, jede mit ihrem Zentrosoma im Mittelpunkt, auseinander
gerückt.

In den übrigen Publikationen über die Entwicklung und die Befruchtungsvorgänge der Ascariseier kommen
zwar einzelne Angaben über den Bau des Protoplasmas vor. Die meisten derselben sind aber nur unbestimmt
und v/enig erläuternd. Von denselben will ich deshalb hier nur folgende anführen und besprechen.

So findet man z. B. schon im J. 1884 die Schilderung der Zellsubstanz des Ascariseies von M. Nussbaum2):
als netz- oder filigranartig angeordnetes Protoplasma mit seinen feinen eingelagerten Körnchen, daneben noch
helle glänzende Kugeln und an der Peripherie des Dotters glänzende farblose Krystalle.

Carnoy3) äussert.3 im J. 1886: »Le protoplasme est forme d'un reticulum et d'un enchyleme. On cloit se
garder de confondre ses trabecules avec les cordons protoplasmatiques delies. Les trabecules du protoplasme sont
toujours simples, les cordons au contraire sont formes d'un nombre plus ou moins considerable de couches
de mailles repoussees ou ratatinees. II forme un tout continue qui se transforme totalement ou partielle-
ment en asters ordinaires et en asters de divers ordres pendant la Chinese, pour repasser en suite ä l'etat de reticulum
au repos. En outre on peut y rencontrer des enclaves: les vacuoles et les plaques vitellines.»

') Theodor Boveri, Zellen-Studien. Heft 2, 1888.

2) M. Ni'SSBAUXf, Über die Veränderungen der Geschlechtsprodukte bis zur Eifurchung. Archiv f, mikrosk. Anatomie, Bd. 23. 1884.

3) J. B. Caun'oy, La segmantation chez les nematodes. La cellule, III, 1886.


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