Universitätsbibliothek Freiburg i. Br., V 9622
Retzius, Gustaf
Biologische Untersuchungen
Jena, N. F. 16.1911
Seite: 36
(PDF, 39 MB)
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mit dem Spermium in das Ei eingeführte Protoplasma mit seinen grossen Körnern sich allmählich in die Eisub-
stanz ausbreitet und in dieselbe aufgenommen wird. »Aus theoretischen Gründen», sagt er, »muss angenommen
werden, dass, nachdem die männlichen und weiblichen Plastochondrien sich gemischt haben, früher oder später je
ein männliches und weibliches Korn miteinander verschmelzen.»

Ich gehe nun, nach dieser Übersicht über die wichtigsten Ansichten und Angaben der diesen Gegenstand besprechenden
Autoren, zu meinen eigenen Befunden hinsichtlich der Struktur des Protoplasmas und im ganzen des
Zellkörpers des Ascariseies über. Das von mir hierfür benutzte Material war teils mit Sublimatlösung, teils mit
Pikrinessigsäure, teils mit Carnoy'scheni Gemisch behandelt. Von diesen zeigten sich das erste und das letzte
Fixiermittel als die besten.' Vor allem war das mit Carnoy'schem Gemisch fixierte ganz ausgezeichnet schön. Zur
Färbung eignete sich ganz besonders die .Heidenhain'sehe Eisenalaun-Hämatoxylinmethode mit nachfolgender kurzer
Eosinbehandlung. Ich will aber von vornherein betonen, dass hierbei die richtig abgewägte Differenzierung, resp..
Abfärbung des Hämatoxylins von grösster Bedeutung ist. Wenn die Abfärbung zu weit geführt worden ist, lässt
sich die feinere Protoplasmastruktur gar nicht genau eruieren. Unter Hinweis auf die Tafeln XI, XII und XIII
kann ich indessen die allgemeinen Züge dieser Struktur in kurzgefasster Darstellung angeben.

Wenn die Hämatoxylinfärbung gut gelungen und intensiv, die Eosinfarbe aber nicht oder nur schwach hervortritt
, wie in den Fig. 16, 17 und 18 der Taf. XI, bemerkt man nur ein sehr feines, graues bis schwarzes
Fadenwerk mit kleinen, dunkel resp. schwarz gefärbten Körnchen von etwa gleicher Grösse, welche in ungefähr
gleichen Abständen in den Fäden aufgehängt sind. Diese fein gekörnten Fäden umkreisen runde oder ovale helle
Eäume von wechselnder Grösse und laufen teils an ihren Wänden, teils in den Balken zwischen ihnen, und zwar
in verschiedenen Eichtungen, so dass man durch Heben und Senken des Tubus den Verlauf der Fäden sehr schön
verfolgen kann. Dagegen ist es nicht eben leicht, dieselben in ihrem perspektivischen Bilde abzuzeichnen. Die Fig.
16, 17 und 18 der Taf XI vermögen deshalb nur ungefähr in einem Plane das Fadenwerk wiederzugeben. Die
Fäden mit ihren Körnern sind aber im guten Material und bei geeigneter Färbung, wie oben betont, ausserordentlich
schön und scharf hervortretend und leicht verfolgbar. Oft sieht man sie streckenweise ziemlich gerade oder
schwach schlingernd verlaufen; nicht selten zeigen sie eine, obwohl undeutliche, radiäre Anordnung, was besonders
dann hervortritt, wenn Zentrosomenstrahlungen vorhanden sind, und zwar vor allem in der Umgebung derselben,
obwohl diese radiäre Anordnung in den Asdiriseiern nicht so ausgeprägt vorkommt, wie bei vielen anderen Tieren,
z. B. bei den Echinodermen.

In allen meinen gut gelungenen Hämatoxylinpräparaten von Ascariseiern, wo die Differenziation der Farbe
auf einem geeigneten Stadium unterbrochen wurde — und ich besitze viele solche — lässt sich das hier geschilderte
, mit kleinen Körnern besetzte, feine Fadenwerk überall im Eikörper der Ascariseier nachweisen. Die Fäden
hängen offenbar untereinander nicht netzartig zusammen. Hier und da kann man an ihnen eine dichotomische
Verzweigung wahrnehmen, und sie flechten sich - stellenweise umeinander. Oft kann man solche Fäden eine
Strecke weit, bald mehr gerade, bald mehr gebogen und schlingernd, unverzweigt verlaufend verfolgen.

Wenn man aber die Abfärbung der Hämatoxylinfarbe weiter treibt, wird das körnige Fadensystem immer
heller und entzieht sich zuletzt den Blicken vollständig. Die Fig. 2 der Taf. XII stellt ein solches abgefärbtes
Präparat dar, in dem nur die Zentralkörper und die Chromosomenschlingen noch mit der Hämatoxylinfarbe hervortreten
: im Zellprotoplasma erkennt man dann nur die hellen, vakuolenähnlichen, grösseren Eäume oder Tropfen.

In den mit Hämatoxylin und Eosin hinreichend stark gefärbten Präparaten bemerkt man ferner, dass überall,
wo das dunkle Fadenwerk sich findet, eine sich durch das Eosin rötlich färbende Substanz auftritt, welche alle
die die hellen Eäume umgebenden Zellpartien des Eikörpers ausfüllt. In dieser sich rötlich färbenden Substanz
findet sich offenbar das Deutoplasma, die Dottersubstanz, obwohl die Dotterkörner nur undeutlich hervortreten,
indem sie miteinander zusammengebackt und verschmolzen sind. In den jüngeren Stadien der Eier erkennt man,
dass diese Substanz im Eikörper noch körnig ist und in zerstreuten Gruppen liegt.

Auf den Tafeln XI, XII und XIII sieht man in manchen Figuren diese rötlich gefärbte Substanz in verschiedenen
Stadien der Ausbildung.

Wie soll man nun den eben geschilderten Bau des Protoplasmas und des Eikörpers im ganzen erklären?
Wenn man die hier dargelegten Strukturverhältnisse mit den in anderen Eiern, z. B. in denen der Echinodermen
und Mollusken, von mir dargelegten vergleicht, so kommt man zu folgender Auffassung. Das Protoplasma der
Ascariseier besteht aus einer an sich strukturlosen Grundsubstanz, welche von einem ziemlich weitmaschigen Gerüst
von feinen, sparsam dichotomisch verästelten und mit feinen Körnern besetzten Fäden durchsetzt und um-


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