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halb der äusseren homogenen Hülle befindliche Ei umgeben, indem sich diese dünne Dottermembran von dem Ei-
inhalt und zugleich von der äusseren Hülle fast ganz abgetrennt hat. An den normal gestalteten, nicht zytoly-
sierten Eiern ist diese dünne Membran schwerer zu demonstrieren, falls man nicht als solche die innerste, sehr
dünne Lamelle an der Innenfläche der äusseren dicken Hülle oder Kapsel aufzufassen hat. Dagegen bemerkt man
stets an der Oberfläche des eigentlichen Eies eine dünne Oberflächenschicht mit gekörnten Fäden des Mitoms,
welche Schicht aber mit der Eisubstanz innig zusammenhängt.
Die hier also beschriebenen Formen der Zytolyse im Ascarisei dürften hinreichen, um die Natur dieser Veränderungen
nachzuweisen. Sie können aber auch als eine x^_rt Analyse der Struktur des Eiinhalts und ganz besonders
des Protoplasmas dieses Eies dienen und zur Erläuterung dieser Struktur in normalem Zustand wesentlich
beitragen.
Aus der hier oben gegebenen Darstellung will ich nun einige der wichtigeren Ergebnisse zusammenstellen
und dabei ganz besonders die beiden Hauptpunkte der Untersuchungen — das Verhalten der Kerne des Eies und
des Spermiums in den verschiedenen Stadien der Befruchtung und der ersten Entwicklung nach derselben bei der
Behandlung mit dem Ehrlich-Biondisehen Dreifarbengemisch, sowie die Struktur des Eiprotoplasmas — in kurzge-
fassten Momenten behandeln.
1. Infolge der Beschaffenheit des mir zugänglichen Materiales muss ich mit dem Zustand des Eies anfangen
, in welchem das Keimbläschen des Eies die erste Eichtungskörperspindel gebildet hat. Die Chromosomenstäbchen
nehmen in diesem Stadium durch das Biondigemisch eine intensiv blaugrüne Farbe an und behalten dieselbe
noch nach der Abgabe des Richtungskörpers. In den beiden Richtungskörpern behalten die Stäbchen diese Farbe,
so lange diese Körper noch nachweisbar sind. Die im Ei zurückbleibenden zwei Stäbchen, welche als Chromosomen
in den Eikern eingehen, färben sich auch noch einige Zeit blaugrün; dann erbleicht allmählich diese Farbe und
geht in eine rötliche über, wobei die Chromosomen in kleinere Körner zerfallen. Der anschwellende »ruhende»
Eikern enthält dann einige Zeit nur rot sich färbende Körner und feine Stränge.
Ungefähr, aber nicht immer ganz, gleichzeitig geht im Spermiumkern eine ähnliche Veränderung vor sich,
indem derselbe, zuerst deutlich in zwei Chromosomenstäbchen geteilt und sich mit einem allmählich anschwellenden
Kernraum und einer Membran umgebend, bald seine grüne Farbe verliert und dann nur rötlich sich färbende
Körner und Faserstränge enthält.
Allmählich tritt nun in den beiden, sich aneinander legenden Kernen eine neue Veränderung des Färbungsverhaltens
ein. Blaugrüne Körner treten in ihren Fasersträngen auf und vermehren sich immerfort, um dann zu
allmählich dicker werdenden Strängen überzugehen, welche zuletzt in jedem der beiden Kerne zwei lange und dicke
blaugrüne, schlingernde Bänder bilden. Bei der schliesslichen Verschmelzung der beiden Kerne stellen diese Bänder
dann die vier blaugrünen Chromosomen dar, welche sich der bald entstehenden Teilungsspindel anlegen und nach
ihrer Längsteimug zu zwei gleichen Gruppen nach den beiden Spindelpolen ziehen.
Hier tritt aber bald wieder eine Veränderung der Färbbarkeit der Chromosomensubstanz ein, indem die vier
Bänder, die in eine Menge kleiner Körner zerfallen, erbleichen, die blaugrüne Farbe verlieren und sich immer
mehr rötlich färben. Während sich nun der Eikörper selbst in zwei Zellen teilt und jeder der beiden Hälften
des geteilten Kerns einen Kern in diesen Zellen bildet, entstehen aus den genannten, mit rot gefärbten Körnern
und Fasersträngen versehenen Kernteilen zuerst vier Bläschen, die allmählich in jeder der beiden Zellen zu
einem grösseren Kern verschmelzen, welcher sehr oft die längst bekannten Ausläufer darbietet und sich nur rot
färben lässt.
Dann tritt von neuem eine Veränderung der Färbbarkeit im Biondigemisch ein, indem in jedem Kern
wieder blaugrüne Körnchen auftreten, welche sich zu allmählich stärker werdenden Strängen oder Bändern ansammeln
, um zuletzt in jedem Kern vier schlingernde blaugrüne Chromosomenstäbchen zu bilden.
Hiermit ist wieder ein neuer Teilungsakt eingeleitet, welcher in ganz ähnlicher Weise vorsichgeht wie der
erste, und zwar mit gleichen Veränderungen der Färbbarkeit in den entsprechenden Teilungsstadien, weshalb ich
dieselben hier nicht zu verfolgen brauche.
Erst in den höheren Morula-, vor allem aber in den Blastula- und Grastrulastadien findet man, dass die
Zellkerne in der Regel die blaugrüne Färbbarkeit nicht verlieren, sondern sie, obwohl etwas bleicher, auch in
den Ruhestadien behalten. In dem Spindelstadium der Teilungen werden aber auch in diesen die Chromosomen
noch schärfer blaugrün gefärbt.
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